Alles Geschichte! 6, Schulbuch

135 Ford [Autofabrikant; setzte als Erster Fließbandarbeit im gesamten Produktionsprozess ein] selbst beschrieb den Grundgedanken als „Verminderung der Ansprüche an die Denktätigkeit des Arbeitenden und eine Reduzierung seiner Bewegungen auf das Mindestmaß“. Das – so die Idee – erhöhe die Produktivität und die Stückzahlen. […] Das Auto wurde dank der billigen Herstellung zu einem Massenprodukt. […] Die neue Arbeitsweise, die ihren weltweiten Höhepunkt in den 1950er- und 1960er-Jahre[n] erreichen sollte, hatte für die Unternehmer jedoch nicht nur Vorteile. „Alle anderen Formen sind flexibler und anpassungsfähiger gegen Störungen“, sagt Bönig [vom Hamburger Museum der Arbeit]. „Wird ein Arbeitsschritt nicht schnell genug abgewickelt, stockt das gesamte System.“ M2: Ford führte vor 100 Jahren das Fließband ein, in: der Standard, 4.10.2013. Online auf: www.derstandard.at (2.8.2022). Der Computer läutete, obwohl schon ein paar Jahrzehnte zuvor erfunden, ab den 1970er- und 1980er-Jahren die dritte industrielle Revolution ein und führte mit dem Einsatz von Industrierobotern zur Automatisierung vieler Produktionsschritte. Aktuell befinden wir uns am Beginn der vierten industriellen Revolution: Diese ist geprägt durch künstliche Intelligenz, Digitalisierung und zunehmende Vernetzung. Was bringt die vierte industrielle Revolution? Die vierte industrielle Revolution wird kommen, da sind sich Experten einig. Unklar ist aber, was das für den Menschen bedeutet […]. Für [den Soziologen] Hirsch-Kreinsen ist die Vision von der menschenleeren Fabrik eine Fiktion von Ingenieuren und IT-Spezialisten. Ohne menschliches Arbeitshandeln werde es auch in Zukunft nicht gehen. Allerdings werde die Arbeit sich verändern. „Kurzfristig gehen sicher viele Jobs verloren, aber in der Vergangenheit war das dann so, dass längerfristig das Verlorengehen von Jobs durch neue Jobs, die entstehen, kompensiert wird. Das ist kein Trost für die Leute, die ihre Arbeit verlieren, weil die nicht ohne Weiteres dann etwa in bessere und höher qualifizierte Jobs hineinspringen können. Aber ich denke, Kompensation wird stattfinden.“ M3: Breuer: Wo bleibt der Mensch, wenn die Roboter kommen?, Deutschlandfunk, 2.6.2016. Online auf: www.deutschlandfunk.de (2.8.2022). Allerdings sind die Auswirkungen keiner dieser späteren industriellen Revolutionen bisher mit den Umbrüchen der ersten zu vergleichen. Deshalb wird die zu lockere Verwendung der Bezeichnung Revolution von einigen auch kritisch hinterfragt. Zum Teil werden die Entwicklungen daher als Industrie 2.0, 3.0 bzw. 4.0 bezeichnet. Häufig wird übersehen, dass Industrialisierungsprozesse nicht weltweit gleichzeitig abliefen und ablaufen oder überall die gleichen Folgen hatten und haben. Die Textilindustrie in Bangladesch im 21. Jh. Wirtschaftsnobelpreisträger Mohammad Yunus […] schreibt, die Textilarbeiter in Bangladesch lebten unter Bedingungen wie europäische Arbeiter zu Beginn der Industrialisierung. […] Die Stundenlöhne liegen bei 17 Cent. […] Oft enthielten Fabrikbesitzer den Arbeitern ihren Lohn sogar komplett vor, schreibt Yunus. Zudem könnten sie jederzeit ohne konkreten Anlass gekündigt werden, und die direkten Vorgesetzten behandelten die Arbeiter schlecht. Wer protestiere, würde oft entlassen, verhaftet oder sogar von bezahlten Schlägern der Fabrikbesitzer angegriffen. Nur die Hälfte der Textilfabriken erfüllt die vorgegebenen Sicherheitsstandards […]. Da es in den wirtschaftlichen Sonderzonen keine Gewerkschaften gebe, könnten die Arbeiterinnen keinen Einfluss auf die Politik nehmen, schreibt Yunus weiter. M4: Brühl: Faserland, in: Süddeutsche Zeitung, 30.4.2013. Online auf: www.sueddeutsche.de (2.8.2022). Jetzt bist du dran: 1. Verfasse für die Schülerzeitung einen Text dazu, wie sich das Leben der Menschen im 19. Jh. durch die Industrialisierung verändert hat. Ermittle dafür die wichtigsten Akteurinnen und Akteure und beschreibe ihre Verhaltensweisen. Bewerte abschließend die Veränderungen der Lebenssituation. Verwende dazu auch dein Wissen aus den Seiten 126 bis 135. 2. Ermittle, welches Problem der Filmstill M1 thematisiert und welche Akteurinnen und Akteure dargestellt werden. Arbeite heraus, wie die Industrialisierung in dieser Darstellung bewertet wird. 3. Fasse die Bewertung der zweiten industriellen Revolution in M2 zusammen. 4. Vergleiche die in M3 skizzierten Herausforderungen mit jenen zur Zeit der Industrialisierung. Formuliere Lehren, die man aus der Zeit der Industrialisierung für dieses spezifische Problem ziehen könnte. 5. Reflektiere, wie sich deine Bewertung von Industrialisierungsprozessen und Handlungsoptionen angesichts der Materialien M1 bis M4 verändert hat. 6. Diskutiert in der Klasse, ob sich eure Erkenntnisse und Reflexionen für die Gegenwart und die Zukunft nutzen lassen. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=