Alles Geschichte! 6, Schulbuch

127 und einige Anpassungen später gelang es Watt und seinem Geschäftspartner Matthew Boulton, in ihrer Baumwollfabrik statt eines Wasserantriebs erstmals Dampfkraft zu nutzen. So konnten noch mehr Spinnmaschinen gleichzeitig betrieben werden. Außerdem war man unabhängig von natürlichen Energiequellen. Der mechanische Webstuhl Nicht nur in der Produktion von Garn, sondern auch in der nächsten Stufe der Textilproduktion, dem Weben, gab es bald große Fortschritte. Die Weiterentwicklung des mechanischen Webstuhls und seine Kombination mit Dampfmaschinen durch Edmund Cartwright sorgten dafür, dass die maschinelle Produktion etwa siebenmal effizienter war als mit einem Handwebstuhl. Das führte zu Beginn des 19. Jh. dazu, dass hunderttausende Weberinnen und Weber ihre Arbeit verloren. Dieser technologische Vorsprung und die Baumwolle aus den Kolonien ermöglichten es Großbritannien, neben der Nachfrage im eigenen Empire seine Textilien auch am europäischen Markt in großem Umfang zu verkaufen. Verkehrswesen: Menge und Geschwindigkeit Die Dampfmaschine wurde auch in der Eisenherstellung eingesetzt, und sie revolutionierte das Verkehrswesen. Die dampfbetriebene Eisenbahn brachte Menschen, Waren und anderes in größerer Geschwindigkeit und Zahl von einem Ort zum nächsten, als dies Kutschen vermochten. Außerdem transportierte sie Rohstoffe zügig von den Häfen bzw. Abbaugebieten in die Fabriken. Entwicklung der Eisenbahnnetze (Länge in km) Land 1840 1870/71 1913/14 Österreich-Ungarn 144 6.112 22.981 Belgien 334 2.897 4.676 Frankreich 410 15.544 37.400 Deutschland 469 18.876 61.749 Großbritannien 2.390 21.558 32.623 Vereinigte Staaten 4.510 84.675 410.475 M3: Daten (Auswahl) aus: Cameron: Geschichte der Weltwirtschaft 1, 1991, S. 296. Auf dem Wasser lösten Dampfschiffe die Segelschiffe ab. Da man nicht mehr vom Wind abhängig war, konnten Rohstoffe und Waren wesentlich schneller und zuverlässiger zwischen den Kontinenten transportiert werden. Dies war eine entscheidende Entwicklung für die Entstehung unserer modernen, vernetzten Weltwirtschaft. Kontinentaleuropa Am europäischen Kontinent waren die Jahrzehnte um 1800 aufgrund der Französischen Revolution und der Feldzüge Napoleons von politischer Instabilität geprägt. Diese hemmte zunächst die Industrialisierung. Aber nach und nach, beginnend im heutigen Belgien, den Niederlanden und Frankreich, breitete sich die Industrialisierung auch in Kontinentaleuropa aus. Im Habsburgerreich erfolgte der Prozess in Richtung Industriegesellschaft aufgrund verschiedenster geografischer und politischer Faktoren bis zum Ersten Weltkrieg nur langsam. Folgen der Industrialisierung Das Ausmaß der Folgen der Industrialisierung war enorm. Zum einen veränderte sich die Bevölkerungsstruktur grundlegend: Bisher hatte die Bauernschaft die Gesellschaft geprägt, nun überwog die Arbeiterschaft. Dies äußerte sich auch in Landflucht und Verstädterung, da große Teile der Bauernschaft Arbeit in den städtischen Fabriken suchten. Gleichzeitig kam es zu einem großen Bevölkerungswachstum, das zum Teil schon vor der Industrialisierung durch Fortschritte im Agrarsektor begonnen hatte. Zu diesen gehörten die Verbesserung der Dreifelderwirtschaft, effizientere Nahrungsmittel wie die Kartoffel und technische Neuerungen, etwa beim Pflug. Durch die gewaltigen Produktivitätssteigerungen in allen Sektoren stieg auch der Wohlstand, zunächst allerdings nur für eine zahlenmäßig kleine Oberschicht. Die Mehrzahl der Menschen lebte in großer Armut. Erst ab der zweiten Hälfte des 19. Jh. und nach politischen Verteilungskämpfen profitierten alle vom höheren Lebensstandard. Eine weitere Folge dieses wirtschaftlichen Wandels war großflächige Umweltverschmutzung, die lange ignoriert oder heruntergespielt wurde. Zudem markiert die industrielle Revolution den Beginn der menschengemachten, globalen Klimakatastrophe. Jetzt bist du dran: 1. Erkläre mit Hilfe des Autorentextes und der Bildquellen den Vorteil der „Waterframe“ (M2) im Vergleich zur „Spinning Jenny“ (M1). 2. Wähle zwei Länder aus der Statistik M3 und vergleiche die Entwicklung ihrer Bahnnetze. 3. Recherchiere für eines der Länder die Daten zum heute befahrenen Schienennetz. Denke daran, dass sich die Ländergrenzen womöglich verändert haben. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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