Alles Geschichte! 6, Schulbuch

122 2.14 Die Abolitionismus-Bewegung in England Versklavte Männer, Frauen und Kinder stellten vor allem in den transatlantischen Gebieten der europäischen Kolonialmächte einen wichtigen wirtschaftlichen Faktor dar (s. S. 74). Ihre Arbeitskraft wurde auf den Plantagen und im Bergbau der Kolonien ausgebeutet, der koloniale Sklavenhandel brachte den Händlern hohe Gewinne. Tahir Della von der „Initiative Schwarze Menschen in Deutschland“ über den Rassismus der Sklavengesellschaften Schwarze Menschen, Menschen afrikanischer Herkunft wurden sozusagen degradiert auf eine tierähnliche Ebene, also komplett entmenschlicht. Ihnen wurde jede Kulturfähigkeit abgesprochen, jede Möglichkeit[,] zivilisiertes Leben zu organisieren, Gesellschaften zu organisieren[,] und darauf basierend wurden eben Menschen versklavt. M1: Ley: Geschichte der Sklaverei. Jahrhunderte des Menschenhandels. 27.9.2020. Online auf: www.deutschlandfunkkultur.de (23.9.2022). In den Sklavengesellschaften bzw. Sklavenhaltergesellschaften standen eine Vielzahl von Sklavinnen und Sklaven, die aus Afrika und anderen Weltregionen verschleppt worden waren, sowie ihre Nachkommen einer kleinen Gruppe kolonialer Plantagenbesitzer/innen mit Verwaltungspersonal gegenüber. Daneben gab es eine kleine Minderheit aus der Sklaverei entlassener Menschen. Die Lebensbedingungen der Sklavinnen und Sklaven waren katastrophal, wurden jedoch lange Zeit von den europäischen Kolonialstaaten wenig hinterfragt. Im Zuge der Aufklärung und der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte in Frankreich 1789 stand das System der Sklaverei immer öfter in der Kritik. Die Missachtung der Menschenwürde der einzelnen Sklavinnen und Sklaven wurde thematisiert. Anti-Slavery Movement In England formierte sich bereits im 18. Jh. eine politische Strömung gegen Sklaverei und all ihre Begleiterscheinungen. Diese Antisklaverei-Bewegung, von darin sehr engagierten amerikanischen Quäkern Abolitionism (Abschaffung) genannt, fand in England breite Unterstützung innerhalb der Mittelschicht. Sie sah sich als außerparlamentarische Bürger/innenbewegung. Ein großes Verdienst der Abolitionismus-Bewegung war die breite Aufklärung der Bevölkerung über die Lebensbedingungen der Sklavinnen und Sklaven. In Massenveranstaltungen wurden interessierte Menschen darüber informiert. Wirtschaftlicher Druck wurde ausgeübt, indem z. B. zum Boykott karibischen Zuckers aufgerufen wurde. Auch wurden Unterschriften gesammelt, die dem Parlament vorgelegt wurden. Berichte von Missionaren In Jamaika tätige Missionare versorgten die Antisklaverei-Bewegung mit Informationen über die Arbeits- und Lebensbedingungen auf den Plantagen. Diese Berichte wurden in Broschüren und Vereinszeitungen abgedruckt und trugen wesentlich zum Erfolg der Abolitionsbewegung bei. Frauen als wichtige Trägerinnen der Bewegung Viel Unterstützung fand die Bewegung auch bei Frauen. Sie traten erstmals öffentlich und vehement für ein politisches Thema ein. Als sichtbares Zeichen der Bewegung trugen die Frauen Antisklaverei-Medaillons. Eine Vertreterin der Bewegung war Elizabeth Barrett Browning, deren Familie auf Jamaika eine Zuckerplantage mit Sklavinnen und Sklaven besaß. Die Frage der geflohenen Sklavinnen und Sklaven In England musste man sich mit der Frage auseinandersetzen, welchen rechtlichen Status Sklavinnen und Sklaven hatten, die nach England gebracht worden waren und hier entflohen waren. Die Historikerin Birgitta Bader-Zaar über den Somerset-Fall von 1772 Den größten Bekanntheitsgrad in Bezug auf diese Frage erreichte der sogenannte Somerset Case von 1772. Hier ging es um den Sklaven James Somerset, der seinem Besitzer während dessen Aufenthalt in England entflohen war, wieder gefangen genommen wurde und nach Jamaika weiterverkauft werden sollte. Londoner Abolitionisten, allen voran [der Jurist] Granville Sharp, setzten sich für Somerset ein. Der oberste Richter des Court of King’s Bench [= Oberster Gerichtshof] entschied am 22. Juni 1772, dass er nicht zur Rückkehr in die britischen Kolonien und damit in die Sklaverei gezwungen werden könne. M2: Bader-Zaar: Abolitionismus im transatlantischen Raum. Online auf: www.ieg-ego.eu (5.5.2023). The Society for Effecting the Abolition of the Slave Trade Die Gesellschaft wurde 1787 von Granville Sharp, einem Juristen, Thomas Clarkson und weiteren zehn Männern gegründet. Ihr Ziel war zunächst die Abschaffung des Sklavenhandels. Die Gesellschaft unterrichtete die Bevölkerung über die katastrophalen Bedingungen, die auf den Handelsschiffen herrschten und aufgrund derer zahlreiche Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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