114 Erneute Revolution in Paris 1848/49 fanden in mehreren Staaten Europas Revolutionen statt. Der Auftakt dazu ereignete sich erneut in Frankreich, wo im Zuge der Februarrevolution 1848 der König gestürzt und die Zweite Republik ausgerufen wurde. Die Erste Republik war durch die Herrschaft Napoleons beendet worden. Mithilfe Telegrafen, Flugblättern und Zeitungen griff die revolutionäre Stimmung auch auf andere Länder über, wodurch es ab dem März 1848 bis 1849 zu Revolten in mehreren Teilen Europas kam. Forderungen der Revolutionäre Die Motive und Ziele der Revolutionäre waren allerdings unterschiedlich. In den Staaten des Deutschen Bundes forderten Bürger in Demonstrationen und Protestkundgebungen unter anderem die Presse- und Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, die Gewährung von Verfassungen (im Sinne einer konstitutionellen Monarchie) und ein deutsches Parlament bzw. einen deutschen Nationalstaat. Unterstützt wurden sie von Bürgerinnen, die deutsche Fahnen (schwarz-rot-golden) nähten, Protestzüge begleiteten, Geld sammelten. Die Arbeiter/innen hingegen forderten während der Revolutionsmonate soziale Reformen: z. B. geringere Steuern, genügend Nahrung, leistbare Mieten, Löhne, die ihr Überleben und das ihrer Kinder sicherten. Die erste Demonstration von Frauen in Wien 1848 Am 21. August 1848 kündigte die Regierung Lohnkürzungen für die an öffentlichen Baustellen beschäftigten Erdarbeiterinnen an. Daraufhin zogen Gruppen von Arbeiterinnen, aber auch Arbeitern, mit der Forderung nach Rücknahme der Lohnkürzungen für die Frauen durch die Stadt und besetzten Straßen und Plätze. […] Zwei Tage später, bei der sogenannten „Praterschlacht“, wurde die Nationalgarde gegen die DemonstrantInnen eingesetzt und es kam zu blutigen Auseinandersetzungen. M6: Ariadne: Frauen auf den Barrikaden – 1848. Online auf: onb.ac.at (31.5.2023). Vorläufiger Rückzug der alten Herrscher Unter dem Druck der sich überschlagenden Ereignisse floh Metternich aus Wien. Aus Furcht vor ihrem Sturz gaben viele deutsche Herrscher den Forderungen zunächst nach. Es folgten liberale Regierungen, bürgerliche Freiheiten wurden eingeführt und die Karlsbader Beschlüsse wurden aufgehoben. Auch eine Volksvertretung für das gesamte Deutschland wurde gegründet. 1849 wurde eine Verfassung für einen deutschen Bundesstaat vorgelegt, der aber keine breite Anerkennung fand. Sozialrevolution auf dem Land Am Land ging es im Gegensatz zu den Städten weniger um bürgerliche Freiheiten und demokratische Mitbestimmung, sondern um die Befreiung von den feudalen Lasten der Grundherrschaft (Leibeigenschaft). Die Motivation für die Aufstände ergab sich hier aus sozialer und wirtschaftlicher Not heraus. So wurden die Residenzen von Grundherren gestürmt und Schuldbücher vernichtet. Die Revolution am Land verlief erfolgreicher als in den Städten, die Grundherrschaft wurde in weiten Gebieten dauerhaft aufgehoben, darunter im gesamten Kaisertum Österreich, in Preußen und Bayern. Maßgeblichen Anteil an der Aufhebung der Grunduntertänigkeit in Österreich hatte Hans Kudlich (1823–1917), der selbst aus einer bäuerlichen Familie stammte und als Abgeordneter des ersten gewählten österreichischen Reichstages diese Reform vorantrieb. Nationale Erhebungen in Österreich Vor allem im Vielvölkerstaat der Habsburgermonarchie hatten die Aufständischen ein weiteres Motiv. Neben den liberalen Forderungen von Studenten und von Teilen der Bürgerschaft sowie den Forderungen der Arbeiter/innen und Bauernschaft nach sozialen Reformen ging es hier auch um die Erlangung der nationalen Selbstbestimmung. Die Zerschlagung der Revolutionen in Österreich Nach den anfänglichen Zugeständnissen wurden die Aufstände blutig niedergeschlagen, die führende Revolutionäre hingerichtet und die meisten politischen Reformen zurückgenommen. Mithilfe der Bürokratie, der Kirche und vor allem des Militärs wurde die alte Ordnung wiederhergestellt. Die Bauernbefreiung, einige Reformen in der Verwaltung und die Trennung der Gerichtsbarkeit von der Verwaltung blieben allerdings bestehen. Jetzt bist du dran: 1. Analysiere die Karikatur M2. Berücksichtige dabei den engeren historischen Kontext mithilfe des Autorentextes. Arbeite die humoristische Pointe heraus. 2. Setze den Auszug aus den Karlsbader Beschlüssen (M1) mit der Karikatur M2 in Beziehung. 3. Diskutiere, was die Beschränkung von Freiheiten (wie in M3 und im Autorentext dargestellt) für eine Gesellschaft wie jene, in der du heute lebst, bedeuten. 4. Vergleiche die Darstellung M4 mit den Abbildungen M3 und M5. 5. Ermittle aus dem Autorentext und M6 die Motive für die Proteste der Erdarbeiterinnen. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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