Alles Geschichte! 6, Schulbuch

107 Im ersten Koalitionskrieg waren bereits die Gebiete westlich des Rheins von Frankreich erobert worden. Durch den Austritt der Länder des Rheinbundes löste sich der Staatenbund des Heiligen Römischen Reiches nun endgültig auf. Der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, der Habsburger Franz II., legte nach einem Ultimatum Napoleons am 6. August 1806 seine Kaiserwürde ab und beendete gleichzeitig das Heilige Römische Reich. Im Gegenzug ernannte er sich als Franz I. zum Kaiser von Österreich. Das Ende der Herrschaft Napoleons In Europa begann sich Widerstand gegen die Vorherrschaft Frankreichs zu regen. Es entstand in vielen Ländern ein neues Gefühl des Nationalstolzes. Als Beispiele sind hier die Tiroler Kämpfer um Andreas Hofer zu nennen, welche über die bayrischen und französischen Truppen siegten, und ab 1813 die deutschen „Patriotischen Frauenvereine“, bürgerliche und adelige Frauen, die z. B. Verbandmaterial herstellten, Militärlazarette betrieben und Witwen und Waisen unterstützten. Kaiser Franz I. versuchte 1809 erneut, Österreich von der napoleonischen Herrschaft zu befreien, jedoch endete dieser Krieg mit der Besetzung Wiens. Historiker Martin Mutschlechner über die Folgen der napoleonischen Kriege für die Habsburger Im Frieden von Schönbrunn 1809 hatte Franz neuerlich herbe Gebietsverluste hinzunehmen. Österreich musste Salzburg und Teile Oberösterreichs an Bayern abtreten; Görz, Triest, Krain und Teile Kärntens gingen an das von Verwandten Napoleons regierte Königreich Italien, Westgalizien an das neu gegründete Großherzogtum Warschau. Als besondere Demütigung wurde die Heirat Napoleons mit Franz’ ältester Tochter Marie Louise empfunden. Napoleon beabsichtigte eine eigene Dynastie zu gründen und sah in der Habsburgerin eine geeignete Stammmutter von altehrwürdiger Herkunft. Die Verbindung wurde innerhalb der Familie massiv abgelehnt. Die Durchsetzung der Heiratspläne war das erste große Werk von [Clemens Wenzel Fürst] Metternich [ab 1821 österreichischer Staatskanzler], der seit 1809 die außenpolitischen Belange der Monarchie de facto im Alleingang entschied. M2: Online auf: https://www.habsburger.net (19.9.2022). Als die französische Armee 1812 im Krieg gegen Russland scheiterte und hunderttausende Soldaten umkamen, regte sich weiterer Widerstand. Der Großteil der in Russland ums Leben gekommenen napoleonischen Soldaten war in den besetzten Staaten, auch in Österreich, rekrutiert worden. In der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 wurde die französische Armee schließlich vernichtend geschlagen. Napoleon wurde zunächst auf die Insel Elba verbannt, nach einer kurzen Rückkehr (s. S. 109) auf die Insel St. Helena, wo er 1821 verstarb. Historiker Hans-Ulrich Thamer über die napoleonischen Kriege Die napoleonischen Kriege bedeuteten in mehrfacher Hinsicht eine Zäsur. Sie waren Kriege im Zeichen von Massenmobilisierung und Massenheeren, von neuen Militärstrategien und politischen Ideologien, die unter „Leitmotiven“ wie Nation und Revolution standen. Die napoleonischen Kriege waren keine „kleinen Kriege“ […], in denen relativ kleine Heere aufeinandertrafen und in denen das Alltagsleben der Zivilbevölkerung vom Krieg nur berührt wurde, wenn sie in einer Kriegszone lebte, in denen die Truppen im Winter ihre Winterquartiere aufsuchten. Es waren vielmehr Kriege, in denen die Zivilbevölkerung in einem bisher allenfalls im Dreißigjährigen Krieg erreichten Ausmaß in die Mobilisierung für den Krieg einbezogen und von den Auswirkungen des Krieges betroffen wurde, wie man das später in den totalen Kriegen des 20. Jahrhunderts als Dauerphänomen erleben musste, als die Trennung zwischen Front und Heimatfront aufgehoben wurde. M4: Thamer: Die Völkerschlacht bei Leipzig, S. 78–79. Jetzt bist du dran: 1. Arbeite anhand der Karte M1 heraus, welche Machtverhältnisse in Europa unter Napoleon geherrscht haben. 2. Begründe, warum die Heirat von Erzherzogin Marie-Louise mit Napoleon eine Demütigung für die Habsburger dargestellt haben könnte (M2). 3. Analysiere M4 in Hinblick auf die Aussage, dass die napoleonischen Kriege eine Zäsur bedeuteten. Beschreibe Folgen der Kriege für die Zivilbevölkerung. 4. Beschreibe und analysiere M3 im Hinblick auf die Darstellung des Kleinkindes, Napoleons Sohn. M3: François Gérard: Marie-Louise, Erzherzogin von Österreich, Kaiserin der Franzosen, mit ihrem Sohn Napoleon Franz Joseph Carl. Gemälde, 1813 Napoleons Sohn erhielt bei seiner Geburt 1811 den Titel König von Rom. Nach Napoleons Entmachtung wurde sein Sohn nach Österreich gebracht, wo er 21-jährig verstarb. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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