3000 v. Chr. 2000 v. Chr. 1000 v. Chr. Jahr 0 1000 92 Wilhelm II.: „Hunnenrede“ (1900) […] Wie vor tausend Jahren die Hunnen unter ihrem König Etzel sich einen Namen gemacht, der sie noch jetzt in Überlieferung und Märchen gewaltig erscheinen läßt, so möge der Name „Deutscher“ in China auf 1000 Jahre durch euch in einer Weise bestätigt werden, daß es niemals wieder ein Chinese wagt, einen Deutschen scheel anzusehen! […] M4 Görtemaker: Deutschland im 19. Jahrhundert, 1996, S. 357 (alte Rechtschreibung). Der römische Geschichtsschreiber Ammianus zeichnet ebenfalls ein erschreckendes Bild der Hunnen. Ammianus über die Hunnen (4. Jh.) Das Hunnenvolk, in alten Berichten nur wenig genannt, […] ist über alle Maßen wild. Da nun sofort nach der Geburt die Wangen der Kinder durch Messerschnitte tief zerfurcht werden, so daß der zu seiner Zeit eintretende Bartwuchs infolge der runzligen Narben zurückbleibt, so werden sie alt, ohne je einen Bart zu tragen, bar jeglicher Anmut und Eunuchen ähnlich. Dabei besitzen sie alle gedrungene, starke Gliedmaßen sowie einen festen Nacken, sind aber so entsetzlich mißgestaltet und verkrümmt, daß man sie für zweibeinige Bestien oder für Menschenklötze halten könnte, wie man sie zur Eingrenzung von Brücken roh behauen aufstellt. Bei ihrem abstoßenden Äußeren pflegen sie auch eine derart rauhe Lebensweise, daß sie weder Feuer noch wohlschmeckende Speisen benötigen, sich vielmehr von den Wurzeln wildwachsender Kräuter oder von dem halbrohen Fleisch irgendeines Tieres ernähren, das sie zwischen ihre Schenkel und den Pferderücken legen und ein wenig warmreiten. […] Unstet durchziehen sie Gebirge und Wälder und gewöhnen sich von frühester Jugend daran, Kälte, Hunger und Durst zu ertragen. […] Bei Abschluß eines Waffenstillstandes erweisen sie sich als treulos und unbeständig, lassen sich schon von jedem leichten Hauch einer neuen Hoffnung bewegen und verfallen dann ganz und gar der leidenschaftlichsten Raserei. Gleich unvernünftigen Tieren ist ihnen der Begriff „Ehre“ und „Unehre“ völlig unbekannt; trügerisch und dunkel sind ihre Worte, sie selbst fühlen sich auch nie von irgendeiner Achtung gegenüber Religion oder auch nur Aberglauben gebunden, brennen vielmehr nur von unersättlicher Goldgier. Dabei sind sie so wankelmütig und jähzornig, daß sie mehrfach am gleichen Tag ohne irgendwelche Veranlassung ihre Bundesgenossen verlassen und, ohne daß jemand sie begütigt, ebenso rasch wieder mit ihnen Freund werden. M5 Ammianus: Das Römische Weltreich vor dem Untergang, Buch 31 (1–2, 11), 1974, S. 708–709 und S. 711 (alte Rechtschreibung). „Völkerwanderung“ – ein problematischer Begriff Der Begriff „Völkerwanderung“ für die Migrationsbewegungen vorwiegend germanischer Gruppen in der Spätantike wird in der Forschung diskutiert und kritisiert. Deshalb wird er meist in Anführungszeichen verwendet. Die Wortzusammensetzung „Völker-Wanderung“ lässt nämlich vermuten, dass sich ganze Völker, z. B. alle Goten, aufmachten, um an einem anderen Ort ansässig zu werden. Englische Begriffe für diese Epoche sind Migration Age bzw. Period. Im Englischen wird also auf den Begriff „Volk“ verzichtet und auf einen Migrationsprozess verwiesen. Die „Bewegungen“ der einzelnen Gruppen waren nämlich nicht von vornhinein auf ein bestimmtes Ziel hin ausgerichtet, wie es der Begriff „Wanderung“ nahelegt. Zudem ist diese spätantike Migrationsphase zeitlich schwer abgrenzbar. Der oben angegebenen zeitlichen Abgrenzung – 4. bis 6. Jh. – steht in der wissenschaftlichen Diskussion beispielsweise auch die Zeitspanne von den Kriegen des römischen Kaisers Marc Aurel gegen die germanischen Makromannen (2. Jh.) bis zu Karl dem Großen (8. Jh.) gegenüber. Bewegung in Gruppen Migration ist in der Geschichte der Menschheit eher als ein permanenter Prozess als ein einzelnes Phänomen zu betrachten. In der Spätantike traten Migrationsbewegungen bedingt durch Ereignisse, wie der Einfall der Hunnen eines darstellt, vermehrt auf. Aber es setzten sich dabei nicht ganze Völker in Bewegung. Der Archäologe Reinhard Pohanka über die „Völkerwanderung“ (2008) Die Frage bleibt aber, ob es wirklich eine „Wanderung von Völkern“ war oder ob die „Germanenzüge“ vielleicht nur ethnisch bunt zusammengesetzte Heerhaufen […] waren, die sich an jeden verdingten, der sie bezahlte, die mit Frauen und Kindern im Tross marschierten und die, wenn sie niemandem dienten, sich auf eigene Faust nahmen, was sie brauchten. M6 Pohanka: Die Völkerwanderung, 2008, S. 7. Nur zu Prüfzwecken – Eige tum des Verlags öbv
RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=