8 Charles de Montesquieu über die Ursachen des Niedergangs Roms (1734) Bisweilen war es die Feigheit der Kaiser, oftmals die Ohnmacht des Reiches, die dahin führten, daß man die Völker, die in Italien einzufallen drohten, mit Geld zu beschwichtigen suchte. Aber der Friede ist keine käufliche Sache, weil derjenige, der ihn verkauft, dann umso mehr den erneuten Kauf erzwingen kann. […] M5 Montesquieu: Betrachtungen über die Ursachen von Größe und Niedergang der Römer, Kap. 18, 1958, S. 157 (alte Rechtschreibung). M6 Thomas Couture: Die Römer der Verfallszeit. Ölskizze für das Gemälde von 1847, Öl auf Leinwand, 52x84 cm. Hellmuth Vensky über die „spätromische Dekadenz“ (2012) Rom wuchs und wurde reich – und dann lief etwas schief. Zwar herrschte auch nach der Blütezeit des Reiches ein Wohlstand im gesamten Imperium, der über Jahrhunderte nicht mehr erreicht wurde. Aber die Verteilungsungerechtigkeit wurde zu krass. Knapp ein Prozent der 50 bis 80 Millionen Menschen, die um Christi Geburt im Römischen Reich lebten, teilten den Reichtum unter sich auf. Die Elite der Grundbesitzer, Staatsbeamten und Militärs lebte dank der hohen Steuereinnahmen aus den Provinzen im Überfluss, lateinisch „luxuria“. M7 Vensky: „Spätrömische Dekadenz“. Die wahren Gründe für den Untergang Roms, in: Zeit online, 6.2.2012. Online auf: www.zeit.de (2.8.2021). Die Aufgaben der Geschichtswissenschaft Historikerinnen und Historiker beschäftigen sich mit der Vergangenheit und haben die Aufgabe, Beweismittel (Quellen) zu sammeln. Sie untersuchen diese Zeugnisse kritisch, um daraus Aufschlüsse über vergangenes Geschehen zu erhalten. Sie erlangen diese Erkenntnisse empirisch. Empirisch bedeutet wörtlich „auf Erfahrung/Beobachtung beruhend“: Man sammelt Daten und Fakten, also nachweisbare Tatsachen, vergleicht diese und wertet sie aus. Das ist oft schwierig, insbesondere bei lang zurückliegenden Abschnitten der Geschichte, aus denen es wenige oder gar keine schriftlichen Quellen gibt. Das Studium der vorhandenen Quellen ist nötig, um wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen. Ebenso wichtig ist es aber auch, die bereits bestehenden Erkenntnisse in Darstellungen kritisch zu hinterfragen und sie bei Bedarf zu korrigieren. Durch neue Methoden in der Archäologie oder aufgrund von neuen Quellenfunden muss manchmal eine gut durchdachte These, wie es gewesen sein könnte, auch wieder verworfen werden. Deutungsmöglichkeiten von Quellen Ein Beispiel aus der Geschichte liefert die noch nicht abgeschlossene Forschung zu einem Gegenstand aus der Antike, der in den wenigen schriftlichen Quellen, in denen er genannt wird, als Xylospongium oder Stockschwamm bezeichnet wird. Der Gegenstand selbst konnte bisher bei Ausgrabungen nicht gefunden werden. Es handelt sich, wie das Wort schon sagt, um einen an einem Stock befestigten Schwamm. Gesichert ist, dass dieser Gegenstand immer im Zusammenhang mit Latrinen erwähnt wird. Latrinen waren im römischen Reich öffentliche Toiletten. Diese gab es überall im Stadtgebiet, vor allem im Zentrum und bei Badeanstalten. Die Benutzung kostete einen kleinen Betrag und eine durchschnittlich große Latrine bot in etwa 20 Sitzplätze. Trennwände gab es nicht. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlag öbv
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