Alles Geschichte! 5, Schulbuch

48 Orientierungsangebote in Darstellungen der Vergangenheit erkennen Inhalt der historischen Orientierungskompetenz ist es, aus einem Text über die Vergangenheit, einer Ausstellung, einem Schaubild, einem Denkmal oder Ähnlichem mögliche Schlüsse für die Gegenwart und auch Zukunft herauszulesen. Es geht also darum, aus der Vergangenheit zu lernen. Die etwas sperrige Bezeichnung Orientierungsangebot wird verwendet, weil dir die Darstellung der Vergangenheit einen Kompass, also Orientierung, bieten will. Da aber aus der Geschichte unterschiedliche Schlüsse gezogen werden können, spricht man von Angeboten der Urheberinnen und Urheber an dich. Orientierungsangebote in Darstellungen der Vergangenheit sind also Vorschläge, was wir aus der Vergangenheit lernen könnten. Erkennen von Orientierungsangeboten in Darstellungen der Vergangenheit – so gehst du vor: −−Arbeite das Thema, den historischen Zeitraum der Darstellung und den Produktionszeitraum heraus. −−Untersuche, wie der Urheber oder die Urheberin das Thema präsentiert, zum Beispiel: Wie wird das Thema dargestellt? Dient die Geschichte als Vorbild oder als mahnendes Beispiel? Werden aus der Geschichte Folgen für die Gegenwart und Zukunft abgeleitet? −−Benenne nun mögliche Schlüsse, die die Autorin oder der Autor aus der Vergangenheit für die Gegenwart zieht. Was konkret soll aus dieser Zeit für das Hier und Jetzt gelernt werden? Welche Schlüsse ziehst du beim Vergleich unterschiedlicher Quellen? 3.4 Orientierungsangebote erkennen: Vorbild attische Demokratie? Griechenland und insbesondere die Polis Athen gelten als die „Wiege der Demokratie“. Doch wie beeinflussen die Ideen und Konzepte der damaligen Herrschaftsform heute unser Denken? Für manche Autorinnen und Autoren ist die damals gelebte Form der direkten Demokratie Idealbild und Wunschzustand. Andere kritisieren, dass die attische Demokratie große Teile der Bevölkerung von der politischen Beteiligung ausschloss, oder weisen auf Fehlentscheide der Volksversammlung hin. Direkte Demokratie – eine passende Herrschaftsform auch für große Gemeinschaften? „Die Demokratie in Athen ist eine perfekte direkte Demokratie gewesen, denn die Menschen konnten unmittelbar an Entscheidungen teilnehmen. Sie konnten unmittelbar Einfluss nehmen auf bestimmte politische Sachfragen.“ [Politikwissenschaftler Stefan Marschall] […] Ob direkte Demokratie ohne repräsentative Elemente auch innerhalb komplexer Systeme funktioniert? Das ist fraglich. Schon die direkte Demokratie in Athen ist letztendlich daran gescheitert, dass die Bevölkerung weiter wuchs und sich aufgrund der schieren Größe nicht an der direkten Demokratie beteiligen konnte. […] [J]e größer und unübersichtlicher ein sich demokratisch nennender Staat ist, umso weniger Mitbestimmung ist möglich. M1 Weber: Erfolgsmodell Demokratie. Eine Staatsform in der Krise, in: Deutschlandfunk, 27.12.2018. Online auf: www.deutschlandfunk.de (5.4.2022). Demokratie als Möglichkeit der Fehlerkorrektur bei der Auswahl der Herrschenden Das antike Griechenland war das große Labor westlicher Herrschaftsformen: Monarchie, Aristokratie, Tyrannis, Oligarchie, Optimatie, Ochlokratie, Theokratie und schließlich Demokratie – sie tragen nicht zufällig griechische Namen. Die Griechen experimentierten mit Herrschaftsformen wie wir heute mit Start-ups: Welche produziert die besten Ergebnisse? In welcher lässt es sich am besten leben? Wie stabil ist die Staatsform gegen innere und äußere Feinde? Wie bewährt sie sich in Krisenzeiten? Den Griechen wurde dabei klar, dass die einfache Frage „Wer ist der beste Herrscher?“ von Menschen nicht zu beantworten ist. Und ein Fehler in der Auswahl des Herrschers kann desaströse Folgen für alle haben […]. Man brauchte also eine Herrschaftsform, in der einerseits die unvermeidlichen Fehler bei der Auswahl der Herrschenden keine Katastrophe sind. Und in der andererseits diese Fehler revidierbar sind, etwa durch Wahlen. M2 Keilani: Warum es gut für die Demokratie ist, zu irren, in: Der Tagesspiegel, 2.11.2020. Online auf: www.tagesspiegel.de (11.6.2021). KOMPETENZTRAINING Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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