Alles Geschichte! 5, Schulbuch

2000 43 Das Bürgerrecht in der Antike Der athenische Staatsmann Perikles über politische Beteiligung […] denn wir sind die Einzigen, die einen, der sich hier ganz heraushält, nicht für friedlich, sondern für unnütz halten, […] M2 Thukydides: Der peloponnesische Krieg, 2017, S. 375. Der Stadtstaat Athen und das Römische Reich kannten trotz ihrer unterschiedlichen Größe und Staatsformen ein ähnlich definiertes Bürgerrecht (s. S. 28). Dieses war Voraussetzung, um an politischen Entscheidungen teilhaben zu können. Frauen, Fremde, Sklavinnen und Sklaven galten nicht als Bürgerinnen und Bürger im politischen Sinne; Fremde bekamen nur selten die Vollbürgerschaft. Einer Wahl nach heutigen Maßstäben kamen die Abstimmungen in der Volksversammlung am nächsten. Sie können als eine Frühform der direkten Demokratie angesehen werden. Die Constitutio Antoniniana –Welterbe Die Aussicht auf die Erlangung des Bürgerrechts galt als ein wesentliches Instrument der Integrationspolitik des Römischen Reiches und sollte die Bevölkerung in entlegenen Provinzen an Rom binden. Dies endete um 212/213 mit der Vergabe des römischen Bürgerrechts an die freie Bevölkerung des Reiches durch die Constitutio Antoniniana. Ausgenommen waren Sklavinnen und Sklaven; für die Fremden endete damit die rechtliche Benachteiligung. UNESCO-Weltdokumentenerbe Mit der Constitutio Antoniniana wurde somit erstmalig in der Weltgeschichte in einem Gebiet, das viele Millionen Menschen unterschiedlichster kultureller Prägungen auf drei Kontinenten (Europa, Afrika, Asien) umfasste, ein einheitlicher Bürgerstatus geschaffen. M3 Möllendorff: Frühes Römisches Bürgerrecht. Online auf: www.unesco.de (7.4.2021). Das aktiveWahlrecht imÖsterreich des 21. Jh. In Österreich darf heute ein großer Teil der Bevölkerung an Wahlen teilnehmen, unabhängig von Geschlecht, Familienstand, Bildung und Besitz, aber nicht von Alter und Herkunft. Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft haben das aktive Wahlrecht, wenn sie am Wahltag mindestens 16 Jahre alt und nicht wegen einer gerichtlichen Verurteilung davon ausgeschlossen sind. Im Ausland lebende Österreicher/innen können per Wahlkarte wählen. Auch nicht geh- oder transportfähige Personen dürfen wählen, sie werden am Wahltag von einer fliegenden Wahlkommission aufgesucht. Wahlvoraussetzung Staatsbürgerschaft Mit der Aufhebung von Ausschlussgründen für das Wahlrecht, wie Geschlecht und (fehlender) Besitz, trat im Verlauf der Geschichte die Staatsangehörigkeit als Voraussetzung in den Vordergrund. Derzeit dürfen in Österreich über 1,2 Millionen Einwohner/innen nicht wählen, weil sie keine österreichische Staatsbürgerschaft haben. Anlässlich der Wiener Landtagswahl 2020: Pro und Kontra: Wahlrecht für Ausländer/innen Pro: Bewohner, keine Besucher von Vanessa Gaigg […] Die, die hier ausgeschlossen werden, sind keine Gäste und auch keine Touristen. Sie sind Wiener und sie leben zu einem großen Teil schon lange hier oder sind gar hier aufgewachsen. […] Kontra: Erst der Pass, dann die Wahl von Eric Frey […] Dass 30 Prozent der heutigen Wiener bei der Wien-Wahl kein Stimmrecht haben, liegt vor allem daran, dass die Wartezeiten für die Einbürgerung in den vergangenen Jahren immer weiter verlängert wurden. Das gehört korrigiert – durch schnellere Einbürgerungen und eine Option für Doppelstaatsbürgerschaften, nicht durch ein allgemeines Ausländerwahlrecht. M4 Gaigg, Frey: Pro und Kontra: Wahlrecht für Ausländer, in: Der Standard, 10.9.2020. Online auf: www.derstandard.at (6.4.2021). Jetzt bist du dran: 1. Sammle Argumente für und gegen das Wahlrecht ab 16 Jahren, das in nur wenigen Staaten bereits umgesetzt ist. Beziehe in deine Überlegungen M1 und M2 mit ein. 2. Kritiker/innen der Constitutio Antoniniana meinen, dass das römische Bürgerrecht durch die Vergabe an alle Freien an Wert verloren habe. (M3) Diskutiere, ob die österreichische Staatsbürgerschaft an Wert verlieren würde, wenn sie und somit das Wahlrecht einfacher zu erlangen wären (M4). Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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