3000 v. Chr. 2000 v. Chr. 1000 v. Chr. Jahr 0 1000 4 Querschnitte ermöglichen einen Blick über den europazentrierten Tellerrand in andere Regionen der Erde. Die Inhalte dieser Kapitel werden teils mit Hilfe des Buches, teils durch Videos und Podcasts vermittelt und sowohl mit klassischen als auch mit interaktiven Aufgaben bearbeitet. Jede Lehrplan-Teilkompetenz wird eigens auf einer Doppelseite trainiert. Es beginnt mit einer schüler/innengerechten Erklärung der Teilkompetenz, anschließend folgt eine knappe Schritt-für-Schritt-Anleitung für die Umsetzung und das Lösen der Aufgabenstellungen. Bildimpulse sowie „Wusstest du, dass…?“-Informationen stellen einen starken Gegenwartsbezug und einen Bezug zur Lebenswelt von Schülerinnen und Schülern her. „Jetzt bist du dran“ Arbeitsaufgaben am Schluss jeder Doppelseite. Das Kapitel „Grundlegendes“ legt mit einer Karte und einer entsprechenden Aufgabe die Basis für die räumliche Verortung der Großkapitelinhalte. Die zeitliche Verortung der Inhalte wird durch eine Zeitleiste in der Kopfzeile unterstützt. Die beiden Großkapitel im Buch beginnen mit einer Auftakt- Doppelseite, mit Zitaten, Fun Facts und Aufgaben, die zum Einstieg in das Großkapitelthema anregen. Eine interaktive Übung soll dein Vorwissen aktivieren. Imperien in der antikenWelt »Die Kinder von heute sind Tyrannen. Sie widersprechen ihren Eltern, kleckern mit dem Essen und ärgern ihre Lehrer.« (Sokrates, Philosoph) »Glück ist Selbstgenügsamkeit.« (Aristoteles, Philosoph) »Zum Lernen sind auch Greise jung genug.« (Aischylos, Dichter) »Armut und Reichtum wohnen nicht im Hause, sondern im Herzen der Menschen.« (Antisthenes, Philosoph) »Unter allem, was die Menschen treiben, ist nichts so schlimm wie der Handel mit Geld. Geld zerstört Städte, treibt Familien von Haus und Hof, das Geld verdirbt das Gefühl für Rechtschaffenheit unter den Menschen.« (Sophokles, Dichter) In der Antike sahen Statuen völlig anders aus: Sie waren bunt angemalt. Das Wort „Barbar“ kommt aus dem Griechischen und bezeichnete ursprünglich alle Menschen, die nicht griechisch sprachen. In der Antike gab kein einheitliches Griechenland, sondern viele eigenständige Stadtstaaten (Poleis). Bei den Olympischen Spielen waren die Teilnahme und das Zuschauen ausschließlich Männern erlaubt. Im antiken Rom gab es zahlreiche Graffitis. Die griechischen Poleis beschränkten sich nicht auf das heutige Griechenland, sondern reichten von Italien bis in die heutige Türkei. Jetzt bist du dran: 1. Nimm Stellung dazu, welchen der oben stehenden Aussagen du zustimmst und welchen nicht. Argumentiere. 2. Beurteile, ob die unten stehenden Zitate auch in der heutigen Zeit noch zutreffen. 3. Analysiere und interpretiere das Bild auf der rechten Seite. Orientiere dich dabei an der Anleitung auf Seite 134. 4. Teste dein Vorwissen: Löse das interaktive Quiz zur Antike. 16 Europa wird von Zeus, der sich in einen Stier verwandelt hat, entführt. Ausschnitt aus einem Fresko aus dem „Haus des Jason“ in Pompeji, 1. Jh. 17 3000 v. Chr. 2000 v. Chr. 1000 v. Chr. Jahr 0 1000 2000 18 Griechische Poleis: politisch unabhängig, aber kulturell verbunden Das antike Griechenland war geprägt von sogenannten Poleis. Eine Polis war ein griechischer Stadtstaat, d. h. eine politisch völlig selbstständige Stadt mit ihrem Umland. Die gemeinsameWirtschaft und Verteidigung waren die wichtigsten Bereiche, die in der Polis organisiert wurden (s. S. 44–45). Die einzelnen Poleis waren im Hinblick auf ihre Verfassung (also in der Frage, wer wie regiert), auf Münzen, Dialekte und sogar Kalender unterschiedlich. Daher war Griechenland kein einheitliches Reich, sondern es gab viele einzelne griechische Stadtstaaten mit unterschiedlichen Interessen. Die Kultur vereinte die Griechen, z. B. die Verehrung der gleichen Göttinnen und Götter (s. S. 37–39), die große Bedeutung des Orakels von Delphi und die gemeinsamen Olympischen Spiele. Dadurch entwickelte sich ein Zusammengehörigkeitsgefühl, und so gab es auch einen gemeinsamen Namen für alle griechisch Sprechenden, nämlich Hellenen. Die griechische Kolonisation Zwischen 750 und 550 v. Chr. wanderten zahlreiche Griechen aus und gründeten neue Siedlungen, zunächst im Süden Italiens und auf Sizilien, dann in Südfrankreich und an der spanischen Küste sowie im Gebiet des Schwarzen Meeres. Man spricht in diesem Zusammenhang von der griechischen Kolonisation. Bereits über 100 Jahre zuvor gab es zudem griechische Poleis an der Küste Kleinasiens, also der heutigen Türkei. Vielerorts trafen die Griechen auf Einheimische. Häufig folgte auf eine Phase friedlichen Zusammenlebens und gegenseitiger Übernahme gewisser Bräuche mit weiterem Zustrom aus der Mutterstadt sowie natürlichem Bevölkerungswachstum die Vertreibung oder Versklavung der Einheimischen durch die griechischen Kolonisten (s. S. 66–67). 1 Grundlegendes zur Antike 1.1 Die Griechen: ein Überblick I o n i s c h e s M e e r S c h w a r z e s M e e r T y r r h e n i s c h e s M e e r A d r i a Ä g ä i s Illyrien Kreta Peloponnes Etrurien Sizilien Thrakien Perserreich Athen Sparta Athen und Verbündete Sparta und Verbündete neutrale Griechen 0 50 100 km M1 Griechische Poleislandschaft zu Beginn des Peloponnesischen Krieges 431 v. Chr. 19 Die attische Demokratie Während in den meisten Poleis eine oder einige wenige Personen die ganze Macht hatten, entwickelte sich in Athen ab 594 v. Chr. mit der attischen Demokratie eine Vorform der Demokratie (s. S. 46–47). Dadurch konnten so viele Menschen an politischen Entscheidungen mitwirken wie nie zuvor. Frauen, Sklaven und Fremden blieb dieses Recht allerdings verwehrt, sodass rund 80% der Bevölkerung keinen Einfluss hatten. Mit Unterbrechungen blieb diese Staatsform bis ins Jahr 262 v. Chr. bestehen und trug mit dazu bei, dass sich Athen zu einer der bedeutendsten Poleis entwickelte. Gewaltsame Konf likte Zwei Konflikte waren für die griechische Antike prägend: die Perserkriege und der Peloponnesische Krieg. Griechische Aufstände in Kleinasien im Jahr 500 v. Chr. bewegten das Großreich der Perser dazu, Griechenland anzugreifen. Während sich ein Großteil der Poleis ergab, schlossen sich einige zuvor konkurrierende und teils verfeindete Stadtstaaten nun zur Verteidigung zusammen. Trotz der großen Überlegenheit der Perser konnten sie abgewehrt und 449 v. Chr. besiegt werden (s. S. 50–51). In den folgenden Jahrzehnten rückte wieder der innere Kampf um die Vormacht unter den Poleis in den Vordergrund und spitzte sich zusehends zu. Vor allem die Stadtstaaten Athen und Sparta kämpften um die Vorherrschaft, was 431 v. Chr. zum Peloponnesischen Krieg führte. Daran waren wegen der jeweiligen Bündnisse, die eine Unterstützung im Kriegsfall vorsahen, beinahe alle Stadtstaaten beteiligt. Der Krieg endete 404 v. Chr. mit einem Sieg der Spartaner und ihrer Verbündeten. Athen war zwar massiv geschwächt, dennoch gelang es Sparta nicht, eine stabile Herrschaft über ganz Griechenland zu etablieren (s. S. 52–53). AlexandersWeltreich Das Königreich Makedonien, dessen Bewohner/innen von einigen Historikerinnen und Historikern ebenfalls als Hellenen angesehen wurden, profitierte von dieser inneren Zerstrittenheit der griechischen Stadtstaaten und konnte sich im 4. Jh. v. Chr. schrittweise die Macht in Griechenland sichern. Der bedeutendste makedonische König war Alexander „der Große“ (s. S. 70–72 und S. 180–181). Nachdem er 336 v. Chr. den Thron bestiegen hatte, gelang es ihm innerhalb weniger Jahre, ein Weltreich zu errichten, das sich von Griechenland über die heutige Türkei bis nach Pakistan und Afghanistan erstreckte und zudem Ägypten umfasste. Das durch Alexanders Eroberungen geschaffene Großreich brach nach seinem Tod 323 v. Chr. allerdings wieder zusammen. Was blieb, war die großräumige Verbreitung der griechischen Kultur, die schon von Alexander selbst bewusst mit der jeweiligen Kultur der ansässigen Bevölkerung verschmolzen worden war, etwa durch Hochzeiten seiner Soldaten mit einheimischen Frauen und die aktive Übernahme bestimmter Bräuche. Jetzt bist du dran: 1. Begründe mit Hilfe der Karte, wieso für diese Zeit nicht von einem „Griechischen Reich“ gesprochen werden kann. 2. Ermittle mit Hilfe des Textes die fehlenden Informationen und ergänze die Tabelle. Wann? Was? Wo? Details und Hintergründe griechische Kolonisation attische Demokratie Vorform der Demokratie, allerdings immer noch Mehrzahl ohne Stimme; besteht nicht durchgängig, sondern mit Unterbrechungen. 500–449 v. Chr. Griechenland Krieg um die Vormacht unter den Poleis zwischen Athen und Sparta und ihren Verbündeten 336–323 v. Chr. Alexander „der Große“ 3000 v. Chr. 2000 v. Chr. 1000 v. Chr. Jahr 0 1000 2000 24 2 Griechen und Römer: Mensch und Gesellschaft 2.1 LeistbaresWohnen in großen Städten Leistbarer Wohnraum ist in florierenden Großstädten häufig rar. In London oder Paris zum Beispiel sind die Mieten so hoch, dass sich eine durchschnittliche Arbeitskraft keine Unterkunft in der Innenstadt leisten kann. Ob Wohnen günstig oder teuer ist, hängt nicht nur von der Höhe der Miete ab, sondern auch vom verfügbaren Einkommen. So sind die Mieten zum Beispiel in Prag niedriger als in Wien, doch da die Menschen in Prag durchschnittlich weniger verdienen, ist die finanzielle Belastung durch das Wohnen höher als in Wien. Aber auch in Österreich steigt der Anteil der Wohnkosten am Einkommen seit Jahrzehnten. Das heißt, es bleibt immer weniger für andere Bereiche wie Ernährung oder Freizeit übrig. Die Ursachen sind vielfältig: Der Platz ist oft begrenzt, wodurch Grundstückspreise steigen. Gleichzeitig sorgt die Anziehungskraft der Städte für stetigen Zuzug. Zudem sind Immobilien heute wieder vermehrt als Geldanlage interessant. Dabei sind Vermieterinnen und Vermieter an hohen Gewinnen und nicht an günstigen Mietpreisen interessiert. Wusstest du, dass … … die meisten Wohnungen im alten Rom nur aus ein bis zwei Zimmern bestanden und es in der Regel weder Küche, Bad noch Fenster gab? … das Wort „krass“ in die deutsche Sprache Einzug hielt, nachdem sich Studierende mit dem Leben eines der ersten Immobilienspekulanten, nämlich des Römers Crassus, beschäftigt hatten? … zu HochZeiten auf jedes größere Einfamilienhaus in Rom rund 25 Mietshäuser kamen? … die Stadt Wien einer der größten Immobilieneigentümer der Welt ist? … es in der Antike bereits Wohngemeinschaften gab, um sich die Miete teilen und so leisten zu können? … angemessenes Wohnen ein Menschenrecht ist? … die Wohnungen im Umland von Rom im Durchschnitt gerade Mal rund ein Viertel im Vergleich zu Wohnungen in der Stadt kosteten? … seit 2008 der Preis für Häuser in Österreich dreimal und die Mieten doppelt so stark gestiegen sind wie die Einkommen? M1 Koufogiorgos: Wohnungsmangel erreicht die Mittelschicht. Karikatur, 2017 25 SozialerWohnbau imWien des 20. und 21. Jh. Im Vergleich mit anderen europäischen Städten sind die Mieten in Wien vielfach günstiger. Ein wichtiger Faktor dafür ist die große Bedeutung des sozialen Wohnbaus. Dieser hat in Wien Tradition. Bereits in den 1920ern began man damit, sogenannte Gemeindebauten mit günstigen Wohnungen zu bauen. Gegenwärtig kommen jedes Jahr rund 7000 neue Wohnungen hinzu. Zusätzlich gibt es Förderungen für den Bau gemeinnütziger Wohnungen. So leben heute über 60% der Wiener Bevölkerung in einer vergünstigten Wohnung. Ein Paradies für Mieter/innen Pools auf den Dächern, Sozialbauten schön wie Paläste, dennoch sehr günstige Mieten: Wohnen in Wien ist etwas Besonderes. […] In Wien baut die Stadt Wohnungen für die breite Masse der Bevölkerung, nicht nur für Bedürftige. Eine Sozialwohnung ist kein Stigma, sondern die Norm. […] Das Ziel der sozialen Durchmischung wird hochgehalten. […] „Wien ist aus Mietersicht ein Vorbild für ganz Europa. Sowohl die Anzahl als auch die Mietpreise der sozialen Wohnbauten sind einzigartig. Die Qualität der Bauten und die Ausstattung der Wohnungen ist ebenfalls mit keiner anderen Stadt vergleichbar“, erklärt Steenbergen [= Vorsitzende der Europäischen Mietervereinigung]. M3 Punz: Ein Paradies für Mieter, in: Der Tagesspiegel, 11.3.2019. Online auf: www.tagesspiegel.de (6.6.2021). Ein Paradies für jedermann? Doch auch Wien ist nicht vor Problemen gefeit. Wer nicht in einer geförderten Wohnung wohnt, zahlt für eine gleichwertige Unterkunft bereits jetzt zwischen 200€ und 300€ mehr pro Monat. Schwieriger wird die Lage, weil private Bauträger zunehmend auf Neubauten mit besonders hochpreisigen Wohnungen setzen. Da hierfür die Nachfrage jedoch geringer ist, bleiben viele Wohnungen leer und sorgen nicht für mehr leistbaren Wohnraum. Wohnbau im antiken Rom Bereits im antiken Rommangelte es an Wohnraum. Der Zuzug nach Rom stellte die entstehende Metropole ab dem 2. Jh. v. Chr. vor viele Herausforderungen. Den stetig steigenden Wohnbedarf versuchte man mit mehrstöckigen Bauten zu decken. Diese meist vier bis fünfstöckigen ersten Hochhäuser der Geschichte wurden als „Insulae“ bezeichnet. Innerhalb der Insulae gab es eine klare soziale Abstufung. Im Unterschied zu heute erfreuten sich damals Wohnungen in den unteren Stockwerken besonderer Beliebtheit. Sie waren in der Regel die einzigen mit Zugang zu fließendem Wasser. Außerdem war man bei Bränden wesentlich schneller in Sicherheit. Erhebliche Preisnachlässe pro Etage führten dazu, dass wohlhabende Römerinnen und Römer oft mit ärmeren unter einem Dach lebten. Aber es gab auch beliebtere Stadtviertel mit besser ausgestatteten Mietshäusern. Maßnahmen gegenMietwucher Schon damals ließen sich mit der Vermietung riesige Vermögen verdienen. Gleichzeitig litt der Großteil der Bevölkerung unter den hohen Mietpreisen. Mit dem Gehalt eines Tagelöhners war eine Wohnung in Rom kaum zu bezahlen. Cäsar versuchte mit einer ungewöhnlichen Aktion, die Auswirkungen der hohen Mietpreise für die Ärmsten abzufedern: Er erließ für das Jahr 47 v. Chr. alle Mieten bis zu einem gewissen Betrag. Abgesehen von dieser einmaligen Aktion beschränkten sich Maßnahmen der Politik aber vor allem auf Bauvorschriften, die für mehr Sicherheit sorgen sollten. Eine dauerhafte Lösung brachte erst der wirtschaftliche Abschwung des Weströmischen Reiches. Landhaus statt Stadtwohnung (Beginn 2. Jh.) Wenn du dich von den Zirkusspielen trennen kannst, bekommst du das beste Haus in Sora, Fabrateria oder Frusino für das Geld, das du nun in einem einzigen Jahr für die Miete deines finsteren Lochs ausgibst. M2 Juvenal: Satiren, 3. Satire (223–225), 2017. Jetzt bist du dran: 1. Arbeite heraus, auf welches Problem die Karikatur (M1) verweist, und erläutere seine Ursachen. 2. Erörtere die Praxistauglichkeit von Juvenals Vorschlag (M2). 3. Analysiere, warum Wiens Wohnbaupolitik als „ein Vorbild für ganz Europa“ bezeichnet wird, und nimm unter Berücksichtigung des Autorentextes Stellung zum Titel des Artikels (M3). 160 QUERSCHNITT Immittelalterlichen Europa galten Städte mit 10 000 bis 20 000 Menschen bereits als Großstädte. Dazu gehörten z. B. Brügge, Paris, London und Florenz. Mehr als 90% der europäischen Städte hatten damals weniger als 2000 Einwohner/innen und man würde sie heute als Dörfer oder Kleinstädte bezeichnen. Im Jahr 1000 zählte keine europäische Stadt zu den größten Städten der Welt. Zu den TopTenMetropolen weltweit gehörten Angkor ( Kambodscha), Kaifeng ( China), Cahokia ( USA) und Kairo ( Ägypten). Aktiviere dein Vorwissen: 1. Recherchiere die zurzeit bevölkerungsreichsten fünf Städte weltweit und lokalisiere sie auf der Weltkarte. Liste Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Bezug auf ihre geografische Lage auf. Vergleiche diese Ergebnisse mit den Informationen zur bevorzugten Lage von Städtegründungen im europäischen Mittelalter (s. S. 124). 2. Benenne Freiheiten und Möglichkeiten, die mittelalterliche Städte ihrer Bevölkerung boten. Vergleiche diese Situation mit dem Leben in modernen Städten und diskutiere: Macht Stadtluft auch heute noch frei? Die europäische Stadt – ein Dorf? DieWelt umdas Jahr 1000. Großstädte auf drei Kontinenten Wo gab es um das Jahr 1000 große Städte? Worin ähnelten sie einander und wodurch unterschieden sie sich? Nach dem Untergang Westroms und dem Verfall der von den Römern gegründeten Städte dauerte es Jahrhunderte, bis in Europa nördlich der Alpen das städtische Leben wieder aufblühte. Atlantischer Ozean Atlantischer Ozean Pazifischer Ozean Pazifischer Ozean Pazifischer Ozean Indischer Ozean Europäisches Nordmeer Nordsee Schwarzes Meer Baffin Bay Golf von Mexiko Golf von Alaska Karibisches Meer Hudson Bay Barentssee Arabisches Meer Korallenmeer Tasmansee Golf von Bengalen Beringmeer Beringmeer Ochotskisches Südchines. Meer Ostchinesisches Meer Japan. Meer Meer Nordpolarmeer Nordpolarmeer Ostsee Kaspisches Meer Rotes Meer Golf v. Aden Pers. Golf Golf v. Oman Mittelmeer Córdoba Cahokia Kairo Angkor M1 Die Welt um das Jahr 1000. Großstädte auf drei Kontinenten Im Jahr 1050 lagen die drei größten Städte Europas in maurisch besetzten Teilen Spaniens und Italiens. Erst Mitte des 11. Jh. erwachten ursprünglich römische Städte, wie Mainz und Köln, wieder zum Leben und wurden neue Städte, wie Leipzig und Berlin, gegründet. 161 Cahokia – erste Großstadt Nordamerikas M2 Monk Mound, der größte prähistorische Erdbau Amerikas, im heutigen US-Bundesstaat Illinois, 2021 Die Mississippians Über die Bewohner/innen von Cahokia weiß man wenig. Es gibt aber Hinweise auf eine streng hierarchische Struktur in der Gesellschaft. Gehandelt wurde unter anderem mit Feuerstein, Kupfer und Muscheln. Die Landwirtschaft, speziell der Anbau von Mais, war wesentlich für die Ernährung der Bevölkerung. Dabei dürften die Frauen eine wichtige Rolle gespielt haben. Die Mississippians besaßen astronomische Kenntnisse, wie die sogenannten Woodhenges belegen. Diese aus Holzpfeilern bestehenden Kreise wurden zur Berechnung von Sonnenwenden und Tagundnachtgleichen genutzt. Ein eilig aufgestellter hölzerner Verteidigungswall weist auf eine Bedrohung von außen hin. Viele Fragen blieben aber bislang offen, auch weil es sich bei der MississippiKultur um eine schriftlose Kultur handelte. So ist bis heute nicht gesichert, warum die Stadt im 15. Jh. verlassen wurde. Noch vor den Entdeckungsfahrten der Europäer gab es in Nordamerika bereits die erste Megacity, heute bekannt unter dem Namen Cahokia. Dort lebten im Jahr 1000 wahrscheinlich mehr Personen als im damaligen London. Schätzungen gehen von 10 000 bis 20 000 Menschen, teilweise sogar von bis zu 30 000 Menschen aus. Cahokia war die bevölkerungsreichste und größte Stadt Nordamerikas. Die Überreste Cahokias befinden sich im heutigen USBundesstaat Illinois nahe St. Louis. Wie die Stadt ursprünglich geheißen hat, weiß man nicht. Erst europäische Siedler/innen gaben ihr den Namen Cahokia, nach einem der zwölf Indianerstämme, die in diesem Gebiet lebten. Die historische Stätte ist seit 1982 UNESCOWeltkulturerbe. Stadtstruktur und „mounds“ Cahokia war eine geplante Stadt, die sich mitten in der Prärie des MississippiGebietes über 15 km2 erstreckte. Sie war das Zentrum der sogenannten MississippiKultur. Die Bewohner/innen, Mississippians genannt, errichteten etwa 120 künstliche Hügel („mounds“). Der größte von ihnen, Monk’s Mound, ist heute immer noch 30 Meter hoch und hat eine Grundfläche von 300 x 240 Metern; Monk’s Mound ist der größte prähistorische Erdbau in Amerika. Um diesen Hügel aufzuschütten und zu bauen, trugen die Einwohner/innen von Cahokia 300 Jahre lang, zwischen 900 und 1200, Erde in Körben heran. Auf der Spitze befand sich vermutlich die Residenz eines Herrschers oder Priesters. Den Namen erhielt der Hügel allerdings erst von französischen Mönchen, die im 19. Jh. in diese Gegend kamen. Jetzt bist du dran: 1a. Recherchiert in Kleingruppen weitere Informationen zu den Cahokia Mounds im Internet. (Linktipp) 1b. Präsentiert einen Aspekt der MississippiKultur, der euch besonders interessant erscheint. 2. Rufe mit der QuickMediaApp den Podcast über Cahokia auf. Du hörst ein Gespräch mit dem Kulturanthropologen Michael Hochgeschwender. 3. Löse die interaktiven Aufgaben zum Podcast mit dem Kulturanthropologen Michael Hochgeschwender. So arbeitest du mit dem Buch 112 Die unumgängliche Perspektivität und Intention von historischen Quellen feststellen Um die Bedeutung einer Quelle richtig zu beurteilen, ist es notwendig, herauszufinden, aus welcher Perspektive, also aus welchem Blickwinkel, sie geschrieben wurde und welche Absicht (Intention) der Verfasser bzw. die Verfasserin hatte. Außerdem ist es wichtig, dass du erkennst, welche Perspektive du selbst bei der Arbeit mit der Quelle einnimmst, denn dein Blickwinkel wird zwangsläufig durch Faktoren wie dein Vorwissen, deine Weltsicht, durch gesellschaftliche Normen u. Ä. mit beeinflusst. Perspektivität und Intention von Quellen herausarbeiten – so gehst du vor: − Stelle die Urheberin oder den Urheber der Quelle und den Entstehungszeitraum oder das Entstehungsdatum fest. Untersuche, ob die Verfasserin/der Verfasser etwas Zeitgenössisches erzählt oder ob sie/er mit zeitlichem Abstand berichtet. − Arbeite heraus, ob die Verfasserin bzw. der Verfasser über Selbsterlebtes berichtet oder sich auf Darstellungen anderer stützt. − Untersuche den geografischen Bezug, d. h., stelle fest, ob die Verfasserin/der Verfasser einen geografischen Bezug zum Thema hatte oder nicht. − Untersuche, aus welchem Blickwinkel die Quelle verfasst ist. Recherchiere dafür den Hintergrund der Autorin bzw. des Autors, z. B. welche religiösen, politischen, gesellschaftlichen oder biografischen Faktoren sie bzw. ihn beeinflussten. − Recherchiere, ob die Quelle als Auftragswerk entstanden ist. Wenn ja, in wessen Auftrag und zu welchem Zweck? − Untersuche, ob die Quelle sich an ein Publikum richtet. Wenn ja, welche Wirkung sollte sie erzielen? 2.9 Perspektivität und Intention von Quellen: Der Kreuzzugsaufruf von Urban II. Eine wichtige Quelle zu den Kreuzzügen stellt der Bericht „Gesta Francorum et aliorum Hierosolimitanorum“ („Die Taten der Franken und anderer, die nach Jerusalem gingen“) aus der ersten Hälfte des 12. Jh. dar. Der Autor dürfte dem Gefolge des Normannenfürsten Bohemund von Tarent angehört haben. Der Aufruf Papst Urbans II. zum ersten Kreuzzug am 27. November 1095 im französischen Clermont muss den Überlieferungen zufolge sehr mitreißend gewesen sein. Der genaue Wortlaut ist unbekannt, da es kein Redetranskript gibt. Es existieren jedoch zahlreiche Überlieferungen, wie in den „Gesta Francorum“. Kreuzzugsaufruf Urbans II. nach den „Gesta Francorum“ (1095) Es ist notwendig, über alles geliebte Brüder, daß ihr euren Mitbrüdern im Orient unverzüglich zu Hilfe eilt. Wie den meisten von euch schon mitgeteilt wurde, haben die Türken und Araber sie […] überfallen […]; sie haben die Länder der Christen besetzt und erobert, wobei sie viele Menschen umbrachten, Kirchen zerstörten und das Königreich verwüsteten. […] Darum ermahne ich euch flehentlich, d. h. nicht ich, sondern der Herr; […] Christus aber befiehlt es. Allen aber, die dorthin gehen und dabei, sei es auf demMarsch oder sei es im Kampf, den Tod riskieren, wird die sofortige Vergebung ihrer Sünden zuteil werde; dies sichere ich allen zu, die gehen werden, da ich von Gott mit dieser Gabe ausgestattet bin. Oh, welche Schande, wenn eine Menschenart, so verabscheuungswürdig, so verkommen, dem Teufel untertan, das Volk des allmächtigen Gottes, das mit dem Glauben beschenkt ist, in dieser Weise überwältigt! Oh, wieviel Sünden werden euch vom Herrn selbst angerechnet werden, wenn ihr Ihnen nicht helft! Nun sollen Soldaten Christ werden, die gerade noch Räuber waren; jetzt sollen rechtmäßig die gegen Barbaren kämpfen, die einst gegen Brüder und Blutsverwandte stritten. M1 Gemein/Cornelissen: Kreuzzüge und Kreuzzugsgedanke in Mittelalter und Gegenwart, 1992, S. 44 (alte Rechtschreibung). Zit. nach: Hinz: Die Kreuzzüge, 2017, S. 114. Jerusalem hat für alle drei monotheistischen Weltreligionen eine zentrale Bedeutung. Jüdinnen und Juden verehren den Tempelberg und die Klagemauer, die Reste des ersten Tempels. Christinnen und Christen verehren die Grabeskirche und für Muslimas und Muslime ist der Felsendom eines der bedeutendsten Heiligtümer. KOMPETENZTRAINING 113 Bericht eines europäischen Chronisten in den „Gesta Francorum“ über die Einnahme Jerusalems (1099) Inside the city, our pilgrims chased after and killed Saracens right up to the Temple of Solomon […]. When the pagans were defeated, our men captured men and women in the temple and they killed those that they wanted and they let live those that they chose. On top of the Temple of Solomon were gathered a great many pagans, of both sexes. […] And then our men rushed throughout the city, seizing gold and silver, horses and mules, and houses filled with all good things. […]. There were so many dead pagan men that no one has heard of nor seen the like; and they were then laid up on pyres [= Scheiterhaufen]. M3 Dass: The Deeds of the Franks and Other Jerusalem-Bound Pilgrims, 2011, S. 104. Bericht des arabischen Historikers Ibn al-Atir über die Einnahme Jerusalems (1099) Die Franken [= Kreuzritter] wandten sich also gegen Jerusalem […]. Die Einwohner wurden ans Schwert geliefert und die Franken blieben eine Woche in der Stadt, während sie die Einwohner mordeten. Eine Gruppe von diesen suchte Schutz in Davids Bethaus, verschanzte sich dort und leistete einige Tage Widerstand. Nachdem die Franken ihnen das Leben zugesichert hatten, ergaben sie sich. Die Franken hielten den Vertrag […]. [In der Al AqsaMoschee aber] töteten die Franken mehr als 70.000 Muslime, unter ihnen viele […], die ihr Land verlassen hatten, um in frommer Zurückgezogenheit an diesem heiligen Ort zu leben. Aus dem Felsendom raubten die Franken mehr als 40 Silberleuchter […] und andere unermeßliche Beute. M4 Gabrieli (Hg.): Die Kreuzzüge aus arabischer Sicht, 1975, S. 49–50 (alte Rechtschreibung). M2 Zweikampf zwischen einem Kreuzritter und einem muslimischen Ritter, manchmal gedeutet als Zweikampf zwischen Richard I. Löwenherz und Sultan Saladin. Buchmalerei, England, um 1340 Jetzt bist du dran: Verwende zur Bearbeitung der Aufgaben auch die Informationen im Kapitel 2.8. Die Kreuzzüge (S. 110–111). 1. Untersuche die Rede von Papst Urban II. (M1). Arbeite heraus, wozu er aufruft, was er verspricht und welche Argumente er für die Teilnahme am Kreuzzug nennt. 2. Analysiere orientiert an der Anleitung auf Seite 110, aus welchem Blickwinkel und mit welcher Absicht er seine Rede gehalten hat. 3. Recherchiere zu M3, stellvertretend für den anonymen Verfasser, den Kreuzritter Fürst Bohemund von Tarent. Skizziere in Stichworten seinen religiösen, gesellschaftlichen oder biografischen Hintergrund. Arbeite heraus, aus welchem Blickwinkel der anonyme Verfasser den ersten Kreuzzug betrachtet. 4. Arbeite Ähnlichkeiten und Unterschiede in den Darstellungen M3 und M4 heraus. 5. Recherchiere, an wen sich die Texte ursprünglich gerichtet haben und welche Wirkung sie wohl erzielen sollten. 6. Untersuche die Darstellung des Kampfes zwischen den beiden Rittern (M2). Achte besonders auf die Gesichter der Kämpfenden und die Köpfe der Pferde. 7. Arbeite heraus, aus welcher Perspektive die Miniatur gemalt wurde und welche Absicht ihr zugrunde liegt (M2). Beziehe die Informationen aus der Bildunterschrift mit ein. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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