Alles Geschichte! 5, Schulbuch

MATURATRAINING 180 Du hast bereits untersucht, ob Karl „der Große“ zu Recht als „Gründerfigur“ Europas angesehen wird. Setze die Untersuchung nun fort, um beurteilen zu können, ob du den Beinamen „der Große“ gerechtfertigt findest. Horst Bredekamp: Soll Karl „der Große“ bleiben? Ja, dieser Beiname ist umstritten, wird es möglicherweise immer sein. In der jüngeren Zeit gibt es die Tendenz, ihm diesen Beinamen wieder abzusprechen aufgrund vor allem seiner wohl militärischen Taten, sagen wir es so. Ich bin der Meinung, er sollte diesen Titel behalten, nicht allein aufgrund des riesigen Reiches, das er zusammengebracht hat, sozusagen territorial, sondern aufgrund seiner starken Bildungsreformen, die er eben auch initiiert hat. Von der Antike wüssten wir nur einen Bruchteil, wenn er nicht diese Reformen eingeleitet hätte. Und darin liegt eine gewaltige Leistung, nicht nur für seine Zeit, sondern auch die Nachwelt. Deswegen, für mich bleibt er der Große. M1 Bredekamp: Karl soll „der Große“ bleiben. Interview, 19.06.2014. Online auf: www.deutschlandfunkkultur.de/ (15.4.2021) Die „Großen der Geschichte“ Der Beiname „der Große“ oder „die Große“ war ursprünglich die Huldigungsformel für Göttinnen oder Götter. In der europäischen Geschichtsschreibung wird er für etwa 50 Herrscherpersönlichkeiten verwendet, unter ihnen nur zwei Frauen. Was machte einzelne Menschen zu herausragenden Persönlichkeiten in der Geschichte? Aus wessen Perspektive wurde eine Person als „groß“ bezeichnet und welche Leistungen rechtfertigten eine solche Einschätzung? Als Abschluss dieses Trainings wirst du dich mit Alexander III. von Makedonien und seinem Beinamen „der Große“ auseinandersetzen. In diesem Kapitel übst du, als Vorbereitung, die Beurteilung historischer Persönlichkeiten mit Hilfe von Quellen und Darstellungen kritisch zu hinterfragen. Unterschiedliche Bewertungen historischer Persönlichkeiten Manche historische Ereignisse und Personen wurden zu verschiedenen Zeitpunkten sehr unterschiedlich beurteilt. Manchmal waren diese Veränderungen politisch motiviert, etwa wenn eine Regierung eine historische Persönlichkeit für Propagandazwecke nützen wollte. Aktuell setzen sich z. B. Menschen aus der „Black Lives Matter“-Bewegung und aus anderen antirassistischen Gruppierungen und Organisationen für eine Neubewertung von Ereignissen und Persönlichkeiten im Zusammenhang mit Kolonialismus und Imperialismus ein. Dabei werden neue oder bisher unbeachtete Aspekte bekannter Personen wie z. B. Kolumbus’ oder Churchills kritisch bewertet. Traditionelle Formen der Erinnerungskultur werden hinterfragt, indem man die Demontage von Statuen, wie des südafrikanischen Politikers Cecil Rhodes, verlangt oder die Ergänzung von kritischen Informationen auf Tafeln fordert. Auf den Seiten 102, 103 hast du dich bereits mit einer „großen“ Herrscherpersönlichkeit, mit Karl I., befasst: Er schuf durch gewaltsame Eroberungen ein riesiges Reich, er betrieb die christliche Missionierung „mit dem Schwert“ – und er wurde und wird unterschiedlich beurteilt: Man sieht ihn sowohl als „Lichtgestalt“ und Gründervater Europas als auch als einen nach Macht strebenden Herrscher, der seine Ziele mit Gewalt zu verwirklichen versuchte. Warm-up: Waren die „Großen der Geschichte“ tatsächlich groß? Jetzt bist du dran: 1. Untersuche die Darstellung M1 und arbeite heraus, welche Leistungen Karls I. Bredekamp in den Vordergrund stellt und welchen er weniger Bedeutung gibt. 2. Vergleiche dein Ergebnis mit den Ergebnissen deiner früheren Quellenarbeit (S. 102–103) und formuliere deine Sichtweise auf Karl. 3. Recherchiere zu den folgenden Herrscherpersönlichkeiten, die ebenfalls den Beinamen „die/der Große“ tragen: Konstantin I. (Römisches Reich), Friedrich II. (Preußen), Peter I. (Russland), Katharina II. (Russland). Notiere jene Errungenschaften, Maßnahmen oder Handlungen, die diesen Beinamen rechtfertigen oder fraglich erscheinen lassen. 4. Erkläre nun, in welchen Bereichen diese Personen „Großes“ geleistet haben und wo ihr Handeln kritisch zu sehen ist. Nur zu Prüfzwecken – Eige tum des Verlags öbv

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