Alles Geschichte! 5, Schulbuch

175 Judenverfolgungen, Vertreibungen und Gewalt In ganz Europa kam es zu Zwangstaufen, bei denen sich Jüdinnen und Juden zum Christentum bekennen mussten. Die kirchlichen Institutionen beteiligten sich direkt an Judenverfolgungen und trugen außerdem dazu bei, antijüdische Vorurteile, Lügen und Mythen tief im Bewusstsein der christlichen Bevölkerung aller sozialen Schichten zu verankern. Kaiserlicher „Schutz“ gegen Geldleistungen Jüdische Kaufleute waren als Steuerzahler für die christlichen Fürsten und Stadtherren wichtig. Nach den Kreuzzugspogromen stellte Kaiser Heinrich IV. daher die jüdischen Untertanen im Mainzer Reichslandfrieden unter seinen Schutz: Im sogenannten Wormser Privileg wurden Jüdinnen und Juden individuelle, gesellschaftliche und religiöse Rechte zugesichert, etwa der Schutz ihres Lebens und Eigentums, das Recht der Religionsausübung sowie das Recht, freien Handel auszuüben. Sie durften jedoch ab diesem Zeitpunkt keine Waffen mehr tragen und waren daher in besonders hohem Maß auf Schutz vor Gewalt angewiesen. Bestätigung des Schutzprivilegs Friedrich Barbarossa bestätigte 1157 das Schutzprivileg. Sein Enkel Friedrich II. (1194–1250) erneuerte und erweiterte es, indem er seinen Wirkungsbereich auf alle jüdischen Untertanen ausdehnte und sie zu sogenannten Kammerknechten (lat. servi camerae), d. h. zum Besitz des Kaisers, erklärte. Als Eigentum des Kaisers erhielten sie Schutz und eine gewisse Unabhängigkeit, mussten jedoch Sondersteuern dafür zahlen und konnten auch jederzeit zu zusätzlichen Zahlungen verpflichtet werden. Diese Schutzgelder waren willkommene Einnahmequellen für den Kaiser sowie für die Kurfürsten und Reichsfürsten. Die Einschränkungen nehmen zu Ab dem 12. Jh. mussten Juden und Jüdinnen im deutschsprachigen Raum den sogenannten Judenhut tragen bzw. ihre Kleidung mit einem Stück Stoff kennzeichnen. Sie durften auch keine christlichen Badehäuser und keine Gasthäuser mehr betreten. Ab dem 13. Jh. löste sich die Judenfeindschaft zunehmend von ihren religiösen Ursprüngen ab; sie bezog sich nicht mehr nur auf das religiöse Bekenntnis, das durch Übertritt zu einer anderen Religionsgemeinschaft geändert werden konnte, sondern auf die Herkunft. Diese Haltung wurde im Motiv der „Judensau“ sichtbar. Pogrome als Folge des ersten Kreuzzuges Mit Beginn des ersten Kreuzzuges 1096 verschlechterte sich die Situation der jüdischen Bevölkerung in Europa dramatisch. Sowohl das Kreuzfahrerheer als auch die oft von Wanderpredigern mobilisierten kampfwilligen Bewaffneten, die dem Heer folgten, plünderten jüdische Gemeinden und ermordeten zahlreiche Jüdinnen und Juden. In Deutschland kam es in fast allen Städten mit jüdischen Gemeinden zu grausamen Pogromen. Als Motive für die Gewalt nehmen Forscherinnen und Forscher heute das Zusammenwirken von religiösem Judenhass, Geldgier (z. B. für die Finanzierung des Kreuzzuges) und religiösem Fanatismus an. Pogrom – Definition Ein Pogrom ist eine gewaltsame Ausschreitung gegen Mitglieder einer religiösen, nationalen, ethnischen oder anderen Minderheit (ethnische „Säuberung“). Das Wort Pogrom stammt aus dem Russischen und heißt auf Deutsch Verwüstung bzw. Unwetter. Immer wieder werden bei Pogromen nicht nur Einrichtungen zerstört und geplündert, sondern auch Menschen ermordet. M6 Pogrom. Online auf: www.politik-lexikon.at/pogrom/ (21.9.2021). M5 Der jüdische Minnesänger Süßkind von Trimberg vor einem Bischof. Ausschnitt aus der Manessischen Liederhandschrift, um 1300 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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