Alles Geschichte! 5, Schulbuch

2000 159 dehnte sich das Einflussgebiet der Venezianer aus. Ab diesem Zeitpunkt war Venedig Drehscheibe des Handels im Mittelmeer. Der Seeweg nach Konstantinopel, dem Tor in den Osten, konnte von nun an kontrolliert und beherrscht werden. Großmacht Venedig Im 15. Jh. wurde Venedig zur führenden Metropole des internationalen Handels und der Wirtschaft. Venedig gewann an Einfluss in allen Bereichen des politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens. Die neu erfundene Buchdruckerkunst und die Glasbläserei vermehrten den Reichtum der Stadt. Bis heute kann man vor allem am Canal Grande, dem Großen Kanal, prachtvolle Paläste aus vergangenen Jahrhunderten sehen. Einer der berühmtesten Palazzi war die Casa d’Oro (ital. „Goldenes Haus“). Er wurde zwischen 1421 und 1436 errichtet. Seine Fassade war mit 23 000 Bögen Blattgold verziert. Ein Kaufmann im 12. Jh.: Pfeffer für Bauholz Die Geschichte des Händlers Romano Mairano zeigt, mit welch hohem Risiko die venezianischen Kaufleute lebten. Der Mann stammte aus bescheidenen Verhältnissen. 1155 schiffte der Händler sich nach Konstantinopel ein, um dort Bauholz zu verkaufen. Der Erlös gehörte nicht allein ihm: Der mittellose Mairano hatte das Geld für sein Geschäft von Partnern geliehen, die er erst einmal auszahlen musste. Nach der „Collegantia“, der venezianischen Teilhaberschaft, standen ihnen drei Viertel des Gewinns zu. Außerdem zahlte Mairano seine Seeanleihen zurück, mit denen er das Risiko des Verlusts durch Schiffbruch, Seeräuberei oder Krieg abgesichert hatte. Der Leihgeber erhielt dafür weit höhere Zinsen als die sonst üblichen 20 Prozent. […] Zehn Jahre später war der Händler als Miteigentümer an Schiffen zum Reeder aufgestiegen. Alle seine Gewinne steckte er in neue Geschäfte, gleichzeitig nahm er frisches Kapital auf. Doch dann verspekulierte sich Mairano. […] Zwölf Jahre brauchte er, um seine Schulden abzuzahlen. Sein Unternehmergeist war ungebrochen. Der Gebeutelte borgte sich Geld bei Sebastiano Ziani; der spätere Doge war eine Art Rockefeller seiner Zeit. „Reich wie Ziani“ war ein geflügeltes Wort. Dessen Anleihe für Bauholz nach Alexandrien beglich Mairano mit Pfeffer. Danach bereisten seine Schiffe sogar Nordafrika. Er war der erste venezianische Händler, der bis nach Gibraltar kam. M2 Bruhns: Ein Kaufmann im 12. Jh.: Pfeffer für Bauholz, in: Spiegel Geschichte, Nr. 3: Venedig, Kapitel II: Die Großmacht, 2012, S. 42. Exotische Handelsgüter Venedig war lange Zeit Umschlagplatz für unterschiedlichste Waren und versorgte über seinen Hafen ganz Europa mit exotischen Gütern, wie Samt und Goldbrokat oder französischer Wolle. Zinn, Silber und Eisen aus österreichischen Gruben, russische Pelze, Leder, Hornwaren, Feigen, Mandeln, Rosinen, Käse und Trockenfisch wurden ebenso gehandelt wie Salz, Holz, Waffen, Baumwolle sowie Perlen und Edelsteine aus Afrika und Asien. Die europäischen „Gewürzstraßen“ Zwischen 1200 und 1400 gründete Venedig seinen Reichtum durch Gewürz-, Seiden- und Ölhandel, es war mit 200.000 Einwohnern die größte Stadt des Abendlandes. Eine der damaligen europäischen Gewürzstraßen ging von dort über den Brenner nach Innsbruck, dann nach Basel, rheinabwärts bis zur Nordsee und nach England; die andere Straße von Innsbruck über Augsburg, Nürnberg, Leipzig in die Handelszentren des Nordens (Lübeck) und Nordostens bis nach Nowgorod. M3 Rautenberg/Rautenberg: Das Mittelalter (800–1400), online auf: https://www.dasgewuerzlexikon.de/node/10 (28.7.2021). Venedig als Finanzzentrum Das heutige Bankwesen hat seine Wurzeln in den italienischen Stadtstaaten. Die Begriffe Konto, Giro, Kredit und Bank haben ihren Ursprung im Italienischen. Als „Bank“ wurde der Tisch der Geldwechsler bezeichnet, und der „Bankrott“ geht zurück auf das italienische „banca rotta“, den zerbrochenen Tisch. Jeder Doge von Venedig brachte eigene Münzen mit seinem Porträt darauf in Umlauf, um seine eigene Bekanntheit zu steigern. Doch war in Venedig auch bargeldloses Bezahlen möglich. Um bei ihren Reisen nicht ausgeraubt zu werden, vermieden die venezianischen Kaufleute es, Bargeld mitzunehmen, und betrieben Tauschhandel. Jetzt bist du dran: 1. Erkläre am Beispiel Venedigs, warum die italienischen Stadtstaaten im Mittelalter so reich und mächtig wurden. Nutze auch M2. 2. Arbeite mit Hilfe der Karte (M1) und der beiden Textausschnitte (M2, M3) die Handelsrouten der Venezianer heraus und stelle sie in einer Übersicht zusammen. Nur zu Prüfzwecken – Eige tum des Verlags öbv

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