Alles Geschichte! 5, Schulbuch

2000 151 Der Dichter Ibn Khafâdja (1058–1139) über Al-Andalus Al-Andalus, ihr Leute, ist ein Wunder: / voll Wasser, Schatten, Flüssen, hohen Bäumen. / Der Garten Eden ist bei euch allein; / nie würde andre Heimat ich mir wählen. / Drum fürchtet nicht die Hölle: niemand kommt / ins Höllenfeuer nach dem Paradies! M3 Zit. nach Bossong (Hg.): Das Wunder von al-Andalus, 2005, S. 111. Vielsprachiges Al-Andalus Im mittelalterlichen Al-Andalus lebten Angehörige verschiedener Religionen (Islam, Christentum und Judentum) zusammen und es wurden mehrere Sprachen gesprochen: Hocharabisch war die gemeinsame Kultursprache der Gebildeten aller Religionen. Verschiedene arabische Dialekte wurden als Umgangssprache in den Städten, in der Verwaltung und am Hof genutzt. Latein blieb die Kultursprache der Christinnen und Christen und romanische Dialekte wurden wie die arabischen von Angehörigen aller Gruppen als Umgangssprache verwendet. Jüdinnen und Juden behielten als Kultursprache Hebräisch bei. Arabisierung der Bevölkerung Nach islamischem Recht waren Angehörige der christlichen und jüdischen Religion in Al-Andalus „Schutzbefohlene“ (arab. dhimmi). Sie hatten nur eingeschränkte Religionsfreiheit und weniger Rechte als muslimische Vollbürger/innen; innerhalb der zunehmend islamisch-arabisch geprägten Gesellschaft waren sie wachsendem Anpassungsdruck ausgeM2 Der Kaufmannssohn Bayad singt und spielt Laute. Illustration aus dem „Hadith Bayad wa Riyad“-Manuskript, vermutlich aus Sevilla (Al-Andalus), um 1200 setzt. Ein Teil der christlichen Bevölkerung reagierte darauf mit Konversion zum Islam oder mit Abwanderung in die christlich beherrschten Reiche im Norden. Jene Christinnen und Christen, die in Al-Andalus blieben und weiterhin der christlichen Religion angehörten, durchliefen ab der zweiten Hälfte des 9. Jh. eine tiefgreifende sprachliche und kulturelle Arabisierung. Ziryab – der Influencer Als Schlüsselfigur der andalusischen Musik und Kultur gilt „Ziryab“ (Abul-Hasan Alí Ibn Nafí). Im 9. Jh. kam er aus dem Irak nach Córdoba, wo er als Sänger auftrat und eine Musikschule gründete. Seine dunkle Haut und seine wohlklingende Stimme erinnerten an eine Amsel mit ihren schwarzen Federn und ihrem schönen Gesang und so nannte man ihn Ziryab – die Amsel. Zusammen mit all seinen anderen Neuerungen brachte er das neueste Musikmaterial aus dem Osten mit, ob das aus Bagdad oder einfach nur aus Tunis war. […] Abderrahmán II. [= Herrscher in Córdoba] ließ ihn zum Abendessen kommen und stellte ihn anderen wichtigen Personen der Verwaltung und des Hofes vor. […] Als Lebenskünstler und Meister der feinen orientalischen Essgewohnheiten und edlen Tischsitten registrierte er [Ziryab] mit aufmerksamen Blicken das Geschehen […]. Seine Neuerungen der vornehmen Lebensart und Kultur wurden aufgrund ihrer praktischen Vorteile und Ästhetik sehr rasch von Adel und Bevölkerung übernommen und bald auch bis in die Herrscherhäuser der christlichen europäischen Länder übermittelt. Auch seine Art, sich zu kleiden[,] fand schnell Nachahmer. Ziryab kleidete sich je nach Jahreszeit unterschiedlich. Er legte fest, dass man sich von Mai bis September in Weiß kleidete und die Stoffe mit dunklen und bunten Farben sowie die Lederkleidung den Wintermonaten vorbehalten seien. Dank Ziryab legte man in Córdoba nun auch Wert auf gepflegtes Haar, manikürte Fingernägel und weiche, zarte Haut. In al-Andalus führte er auch das Schachspiel und das Polospiel ein. M4 Halbach: Ziryab – der Kulturrevolutionär. Online auf: bazar-andalus.de (25.7.2021). Weiterentwicklung derWissenschaften Die Wissenschaften der mittelalterlichen islamischen Welt bauten häufig auf antiken Erkenntnissen in den Bereichen Astronomie, Mathematik, Philosophie, Chemie und Medizin auf und entwickelten sie weiter. In Córdoba wurden zahlreiche wissenschaftliche Schriften aus dem Griechischen ins Arabische, Hebräische und Latein übersetzt. Besonders in der Medizin gewann man wichtige Erkenntnisse. Der Arzt und Wissenschaftler Albucasis etwa verfasste Anfang des 11. Jh. ein medizinisches Standardwerk, das in ganz Europa Verbreitung fand. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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