15 Was ist Analphabetismus? Analphabet und Analphabetin ist eine Bezeichnung für eine Person, die über keine oder nur unzureichende Kenntnisse der Schriftsprache verfügt. Man unterscheidet zwischen primärem (keinerlei Schreib- und Lesefähigkeit) und sekundärem (die Kenntnisse wurden einmal erworben, aber wieder verlernt) Analphabetismus. Schriftlose Völker Völker ohne Schrift gab es und gibt es heute noch. Sie verfüg(t)en dennoch über komplexe Überlieferungen, nur eben in mündlicher Form. Von circa 7000 weltweit existierenden Sprachen wird fast die Hälfte nicht in schriftlicher Form festgehalten. Kulturen, in denen nicht geschrieben wird, sind daher keinesfalls als minderwertig anzusehen. Anfänge der historischen Entwicklung Am Beginn der Entwicklung von Schrift stehen zunächst Bilderschriften, die Begriffe durch bildhafte Zeichen darstellen. So entstanden vor etwa 5000 Jahren parallel die ersten Hieroglyphen in Ägypten und die ersten Keilschrifttafeln der sumerischen Kulturen in Mesopotamien. Mit der Anforderung, Informationen rascher festzuhalten, entwickelten sich die Schriftsysteme weiter. Ein Zeichen entsprach nun einem Laut. Dieser Prozess der Abstrahierung ist vor allem anhand der erhaltenen Keilschrifttafeln aus Ton gut nachvollziehbar. So weisen die abstrakteren Zeichen im 1. Jh. v. Chr. kaum mehr Ähnlichkeiten mit den bildlichen Figuren und Zeichen der Anfänge der Keilschrift auf. Das Alphabet der Phönizier Das Alphabet stellte eine weitere Revolution in der Entwicklung der Schrift dar. Zu seiner Verbreitung trugen wesentlich die Phönizier bei, deren Alphabet nach der Verschmelzung verschiedener Schriftsysteme um 1500 v. Chr. an der syrischen Küste entstanden war. M3 Tontafel mit alphabetischer Keilschrift, Textilabrechnung aus Ebla (Syrien), 24. Jh. v. Chr. Das Alphabet der Phönizier bestand aus 22 Zeichen, die bestimmten Lauten entsprachen, es beinhaltete allerdings keine Vokale. Um sich die Zeichen besser merken zu können, wurden sie von den Phöniziern in eine feststehende Reihenfolge gebracht. „Aleph“ (phöniz. „Rind“) und „beth“ (phöniz. „Haus“) waren die ersten beiden Buchstaben und gaben in der griechischen Form (alpha, beta) dem Alphabet seinen Namen. Alphabet-Schriften Die Fülle an Kombinationsmöglichkeiten der Buchstaben eines Alphabets lässt es zu, den gesamten Wortschatz einer Sprache wiederzugeben. Die weitreichenden Handelskontakte der Phönizier beeinflussten bald auch den Schriftgebrauch ihrer Handelspartner und trugen so zur Verbreitung der Alphabetschriften in Europa bei. Das phönizische Alphabet stellt somit die Grundlage zahlreicher anderer Schriftsätze dar, die dieses weiterentwickelten und in die jeweilige Kultur übertrugen. Dazu gehören die arabischen, hebräischen, griechischen, lateinischen und kyrillischen Schriftzeichen. Um 800 v. Chr. wurde das Alphabet-System von den Griechen übernommen und mit Vokalzeichen ergänzt. Das griechische Alphabet ist das Vorbild des lateinischen, das wir bis heute benutzen. Wortzeichenschriften in Asien Im Gegensatz zu den Alphabet-Schriften sind viele chinesische und japanische Schriften nach wie vor Zeichen-Schriften, bei denen jedem Wort ein eigenständiges Zeichen zugeordnet wird. Die Abstraktion vom Zeichen zum Laut hat bei diesen Schriftsystemen nicht stattgefunden, was das Erlernen dieser Schriften komplex macht. Jetzt bist du dran: 1. Schildere, auf welche Hindernisse Menschen, die kaum lesen und schreiben können, im Alltag stoßen. (M2) 2. Beschreibe auf Grundlage des Diagramms (M1) die weltweite Situation in Bezug auf Analphabetismus. 3. Diskutiere, in welchen Bereichen in einer digitalisierten Welt Handschriftliches noch von Bedeutung sein kann. 4. Liste die Vor- und Nachteile verschiedener Materialien zur Wissensspeicherung auf (Tontafeln/M3, Papier, CD-ROM, USBStick, Cloud-Speicher). Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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