2000 139 Maßnahmen gegen die Seuche und Behandlungen In manchen Städten reagierte man mit der Einführung von Quarantänemaßnahmen. So ordnete man etwa 1377 in Ragusa (heute Dubrovnik) an, dass alle ankommenden Schiffe 30 Tage auf einer Insel vor der Stadt warten mussten. Kräuterkundige empfahlen verschiedene „Pestpflanzen“, die vor Ansteckung schützen sollten oder zur Behandlung von Pestbeulen verwendet wurden. Auch Umschläge, Salben, Pflaster sowie innere und äußere Anwendungen etwa von Wasser und Salz wurden eingesetzt. Ursachensuche als Suche nach Schuldigen Im deutschsprachigen Raum brachte man den Ausbruch der Pest vielerorts mit der jüdischen Bevölkerung in Zusammenhang. Ihr wurde angelastet, die Brunnen vergiftet zu haben. Auf die Anschuldigungen folgten Pogrome und die Ermordung zahlreicher Jüdinnen und Juden. Die Pest und die Judenverfolgung, 1348/49 Von der Schuld der Ermordeten absolut überzeugt, berichtete der Konstanzer Ratsherr Heinrich von Diessenhofen: „In diesem Jahr [1348] verbrannte und tötete man Juden vom Johannesfest bis Allerheiligen im ganzen Arelat, […] bis hin nach Solothurn, wo man sie ebenfalls umbrachte, weil man ihnen die tödliche Seuche, die in diesem und im folgenden Jahr wütete, in die Schuhe schob. Man erzählte sich und hörte, ja sie gestanden es selbst, daß sie, wie auch den Aufzeichnungen des folgenden Jahres zu entnehmen ist, die Brunnen vergiftet hätten.“ M4 Bergdolt: Die Pest und die Juden – Mythen, Fakten, Topoi, 2019, S. 56–57 (alte Rechtschreibung). DasWesen der Pest Die Pest gilt mit einer Sterberate von 50 bis 100% als eine der tödlichsten Infektionskrankheiten der Geschichte. Die Inkubationszeit kann von mehreren Stunden bis zu sieben Tagen betragen. Am häufigsten ist die Beulenpest. Ihren Namen hat sie von den mit Blut und Sekret gefüllten Lymphknoten, welche wie Beulen am Körper hervortreten. Die Flüssigkeit gelangt in die Blutbahn und befällt dort das zentrale Nervensystem. Gelangen die Erreger in die Lunge, kommt es zur Lungenpest. Hier hustet der Erkrankte das höchst ansteckende Sekret aus. Oft starben die Menschen binnen 24 Stunden. Die Pest verbreitet sich (1348) Eigenartig verlief nämlich die Krankheit der genannten Seuche: Die einen bekamen Beulen um die Schamteile und lagen drei Tage lang wie schlafend da. Sobald sie wieder zu sprechen vermochten, starben sie. Andere spuckten Blut statt Speichel aus. Beinahe alle, sowohl jene, die Beulen aufwiesen, als auch jene, die Blut spuckten, starben dahin. Auch die Ärzte fanden dagegen kein wirksames Mittel. Es war nämlich mit Sicherheit eine Strafe Gottes wie die Sintflut in alten Zeiten. M5 Roilo: Das Registrum Goswins von Marienberg, 2009, S. 227. Die Folgen der Pest Die Pest galt als noch nie dagewesene Katastrophe. Die Tatsache, dass sie bereits im 5. Jh. v. Chr. im antiken Griechenland und im 6. Jh. im Römischen Reich gewütet hatte, war noch nicht bekannt. Die Menschen wandten sich vermehrt dem christlichen Glauben zu. Die Stadtherren versuchten den Menschen Sicherheit durch das Auslagern der Friedhöfe jenseits der Stadtmauern, das Verbot des Läutens der Totenglocken und strenge Hygienevorschriften zu vermitteln. Auf wirtschaftlicher Seite hatte das Wegfallen der Arbeitskräfte zur Folge, dass höhere Löhne und bessere Bedingungen gefordert wurden. Die verwaisten Städte lockten Zuwandernde mit Steuervorteilen. Ab Mitte des 15. Jh. wurde für italienische Städte ein Gesundheitspass eingeführt. Jetzt bist du dran: 1. Skizziere mit Hilfe der Karte M1 den Weg der Pest. 2. Beschreibe M3 nach der Methode aus Kapitel 3.7 (S. 134). 3. Beschreibe den Alltag eines mittelalterlichen Menschen, wie du ihn dir zur Zeit der Pest vorstellst. Stütze dich dabei auf die Informationen aus M2 und M4 sowie den Einzelkapiteln des Abschnitts „Sozialgeschichte“. M3 Die Versorgung von Pestkranken in einem Seuchenhospital; links das Einnähen von Leichen. Darstellung aus einem Ablassbrief, um 1490 Nur zu Prüfzwecken – Eigent m des Verlags öbv
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