Alles Geschichte! 5, Schulbuch

2000 123 Kirchenburgen wurden vor allem in Grenzgebieten errichtet und dienten als Fliehburgen. Es handelte sich dabei um einen mit Mauern und zum Teil mit Türmen befestigten Kirchenhof, in welchen sich die Bewohner/innen eines Dorfes zurückziehen und wo sie Vorräte lagern konnten. Das Leben auf einer Burg Der adelige Burgherr und dessen Familie lebten nicht allein auf der Burg. Wachmannschaften, Küchenpersonal, Handwerker, Knechte und Mägde waren ebenso auf der Burg untergebracht. Das Leben auf einer Burg entsprach kaum den heutigen Vorstellungen von einem ritterlichen Leben, wie es uns in Filmen und Videospielen gezeigt wird. Im Winter war es kalt und feucht, die oft einzigen beheizten Räume befanden sich im Palas. Die Beleuchtung war teuer und wurde am Abend sparsam entzündet. Der Ritter Ullrich von Hutten über sein Leben auf einer Burg (1518) Die Burg selbst, ob sie auf dem Berg oder in der Ebene liegt, ist nicht als angenehmer Aufenthalt, sondern als Festung gebaut. Sie ist von Mauern und Gräben umgeben, innen ist sie eng und durch Stallungen für Vieh und Pferde zusammengedrängt. Daneben liegen dunkle Kammern, vollgepfropft mit Geschützen, Pech, Schwefel und sonstigem Zubehör für Waffen und Kriegsgerät. Überall stinkt es nach Schießpulver; und dann die Hunde und ihr Dreck, auch das – ich muss es schon sagen – ein lieblicher Duft! Reiter kommen und gehen, darunter Räuber, Diebe und Wegelagerer. Denn fast für alle stehen unsere Häuser offen, weil wir nicht wissen, was das für Leute sind, oder uns nicht groß danach erkundigen. Man hört das Blöken der Schafe, das Brüllen der Rinder, das Bellen der Hunde, das Rufen der auf dem Feld Arbeitenden, das Knarren und Rattern der Fuhrwerke und Karren; ja sogar das Heulen der Wölfe hört man in unserem Haus, weil es nahe am Wald liegt. Der ganze Tag bringt vom Morgen an Sorge und Plage, ständige Unruhe und dauernden Betrieb. Äcker müssen gepflügt und umgegraben werden, Weinberge müssen bestellt, Bäume gepflanzt, Wiesen bewässert werden; man muss eggen, säen, düngen, mähen und dreschen; jetzt steht die Ernte bevor, jetzt die Weinlese. Wenn aber einmal ein schlechtes Erntejahr kommt, wie in dieser mageren Gegend meistens, dann haben wir fürchterliche Not und Armut; dann hört es gar nicht mehr auf mit banger Unruhe und zermürbendem Umtrieb. M3 Ulrich von Hutten an den Nürnberger Patrizier Willibald Pirckheimer am 25. Oktober 1518, zit. nach: Borst: Lebensformen im Mittelalter, 1973, S. 173–175. Das Kloster: Die Anfänge des Mönchtums Die ersten Klöster gingen im 4. Jh. aus den Einsiedeleien des Eremitentums hervor. Diese Einsiedler bzw. Eremiten lebten allein oder in der Gemeinschaft Gleichgesinnter von der restlichen Welt abgeschieden. Sie stellten die früheste Form des christlichen Mönchtums dar. Das älteste bekannte christliche Kloster stammt aus dem 4. Jh. und wurde in Ägypten entdeckt. In der Spätantike entstanden Männer- und Frauenklöster rund um das östliche Mittelmeer. Wichtige Kloster- und Ordensgründer Im 5. Jh. gründete Bischof Patrick in Irland Klöster und wirkte als Missionar. Sein Todestag ist gleichzeitig irischer Nationalfeiertag, der Saint Patrick’s Day. Ebenfalls in Irland wirkte Columban der Jüngere, welcher im späten 6. Jh. seine Missionstätigkeit im Frankenreich begann. Von dort gelangte er über die Schweiz nach Bregenz und weiter nach Italien. Auf ihn gehen zahlreiche Klostergründungen und ein sehr strenges, asketisches Regelwerk für das klösterliche Leben zurück. Vor Columban, im frühen 6. Jh., wirkte Benedikt von Nursia in Italien als Einsiedler, Mönch und Abt. Er gründete 529 das Mutterkloster der Benediktiner/innen am Monte Cassino, wofür er Ordensregeln aufstellte, die das christliche Mönchtum prägten (s. S. 106). Auszug aus der Benediktusregel Kapitel 5: Der Gehorsam Der erste Schritt zur Demut ist Gehorsam ohne Zögern. […] [Es darf] für sie [= die Mönche] nach einem Befehl des Oberen kein Zögern geben, sondern sie erfüllen den Auftrag sofort, als käme er von Gott. […] Kapitel 23: Das Vorgehen bei Verfehlungen Es kommt vor, dass ein Bruder trotzig oder ungehorsam oder hochmütig ist oder dass er murrt und in einer Sache gegen die Heilige Regel und die Weisungen seiner Vorgesetzten handelt. Wenn er sich so als Verächter erweist, werde er nach der Weisung unseres Herrn einmal und ein zweites Mal im geheimen von seinen Vorgesetzten ermahnt. Wenn er sich nicht bessert, werde er öffentlich vor allen zurechtgewiesen. Wenn er sich aber auch so nicht bessert, treffe ihn die Ausschließung, falls er einsehen kann, was diese Strafe bedeutet. Wenn er es aber nicht versteht, erhalte er eine körperliche Strafe. M4 Regel des Heiligen Benedikt. Online auf: www.stiftmelk.at (30.9.2021). Nu zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=