Alles Geschichte! 5, Schulbuch

2000 121 Frauen und Arbeit imMittelalter Im Mittelalter waren Frauen häufig in die Arbeitswelt integriert, bekamen dafür aber meist keinen Lohn und waren rechtlich und finanziell von ihrem Ehemann abhängig. Mitarbeit imHandwerksbetrieb des Ehemannes Vor allem in den spätmittelalterlichen Städten bestand die Möglichkeit, kaufmännischen und gewerblichen Tätigkeiten nachzugehen. Sehr oft arbeiteten die Ehefrau und auch die Kinder in der Werkstatt des Mannes, meist als Hilfskräfte, mit. Darüber hinaus war die Gattin neben der Haushaltsführung oftmals für den Verkauf der Waren zuständig. War der Ehemann auf Reisen, durfte die Ehefrau häufig auch Verträge unterzeichnen und den Betrieb in seiner Abwesenheit leiten. Die tatsächlichen Befugnisse waren in den Zunftordnungen geregelt (s. S. 129) und variierten somit von Stadt zu Stadt und von Gewerbe zu Gewerbe. Oft galt die Regelung, dass die Witwe eines Meisters nach seinem Tode den Betrieb mit Hilfe eines männlichen Gesellen weiterführen durfte, meist mit der Einschränkung, dass innerhalb eines definierten Zeitraumes ein neuer Ehemann den Betrieb übernehmen musste. Tätigkeiten unabhängig von einemEhemann Den Schwerpunkt weiblicher Tätigkeiten bildete das Textilhandwerk, Frauen arbeiteten z. B. als Näherinnen, Weberinnen, Stickerinnen. Ebenso werden Frauen weitgehend unabhängig vom Gewerbe in Quellen als Lohnarbeiterinnen, Gesellinnen oder sogar Meisterinnen genannt. Wieweit sich hiervon eine generelle Berufstätigkeit der Frauen ableiten lässt, ist allerdings umstritten. Alleinstehende Frauen lebten häufig unter dem Existenzminimum. Solange sie bei Kräften waren, konnten sie als Mägde und Bedienstete unter anderem durch das Verrichten schwerer körperlicher Tätigkeiten ihr Überleben sichern. War dies nicht mehr der Fall, blieben oft nur Diebstahl und Prostitution als Ausweg. „Weibliche“ Lehrberufe heute Über die Eignung für ein bestimmtes Berufsfeld entscheidet auf keinen Fall das Geschlecht. Dennoch gibt es nach wie vor Berufe, in denen überwiegend Frauen arbeiten, und andere, in denen vor allem Männer tätig sind. Lehrberuf weibliche Lehrlinge %1 1. Einzelhandel 7724 22,0 2. Bürokauffrau 3472 9,9 3. Friseurin (Stylistin) 2816 8,0 4. Verwaltungsassistentin 1418 4,0 5. Pharmazeut.-kaufmänn. Assistenz 1158 3,3 Summe „Top 10“ bei weiblichen Lehrlingen 16 588 47,2 weibliche Lehrlinge insgesamt 35 091 100,0 1 Anteil an den weiblichen Lehrlingen insgesamt in % M2 Die fünf häufigsten Lehrberufe von weiblichen Jugendlichen 2020. Online auf: www.wko.at (6.9.2021). Ausbildungsberufe von Mädchen Trotz zunehmender Bildungs- und Erwerbsbeteiligung von Frauen bleibt die Teilung des österreichischen Arbeitsmarktes in „Frauenbereiche“ und „Männerbereiche“ nahezu unverändert bestehen. Diese geschlechtsspezifische Segregation des Arbeitsmarktes ist mit Ursache der Benachteiligung von Frauen im Erwerbsleben […] [Sie] verursacht vor allem in den typischen Frauenberufen […] schlechtere Einkommens- und Aufstiegschancen als in den männlichen Bereichen. M3 Leitner: Frauenberufe – Männerberufe, Abstract, 2001. Rollenbilder und Stereotype Noch immer überwiegt häufig das gesellschaftliche Bild, dass Mädchen für pflegerische, erzieherische und soziale Berufe geeignet seien und Burschen für handwerkliche und technische Berufe. Zurückzuführen ist dies auf überlieferte Rollenbilder, die Handlungsspielräume und vorhandene Wahlmöglichkeiten einschränken. Zahlreiche Initiativen (Girls’ Day, Boys’ Day, MINT), daran etwas zu ändern, zeigen bisher nur geringen Erfolg. Jetzt bist du dran: 1. Beschreibe das Bild M1 und die Tätigkeiten der abgebildeten Personen. 2. Vergleiche die beruflichen Möglichkeiten der Frauen im Mittelalter mit der Situation heute. Welche der genannten Tätigkeitsfelder entsprechen der aktuellen Definition von Berufstätigkeit? 3. ListeMaßnahmen auf, die zuVeränderungen in der geschlechtsspezifischen Berufswahl führen könnten (M2, M3). Reflektiere dabei auch den Unterricht zur Berufsorientierung in den vergangenen Schuljahren. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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