2000 109 Das Dorf Montaillou Der harte Alltag in den Ausläufern der Pyrenäen bestärkt viele Menschen in ihren Zweifeln an den Lehren der Bibel. […] Das unwegsame Bergland der Pyrenäen ist im Mittelalter ein Refugium für Ketzer. In der Ortschaft Montaillou sind die Abweichler vermutlich sogar in der Mehrzahl. Als die Kirche dort zu Beginn des 14. Jhs. Untersuchungen anstellt, bricht die verschworene Dorfgemeinschaft nach und nach auseinander. So wird die Geschichte Montaillous zu einem eindringlichen Beispiel für die zersetzende Kraft der Inquisition. M2 Unbekannt: Im Land der Ketzer, Montaillou um 1300, in: GeoEpoche Nr. 89, 2018, S. 68 ff. JohnWyclif und Jan Hus Im Spätmittelalter wurden die Missstände in der Kirche immer mehr auch von Theologen aufgezeigt. Sie beanstandeten die Bibelferne, die Verweltlichung und die Unantastbarkeit der Kleriker. Der englische Theologieprofessor John Wyclif (1330–1384) kritisierte die Hierarchie der Kirche. Das hohe Ansehen John Wyclifs schützte ihn vor Verfolgung. Er wurde jedoch einige Jahre nach seinem Tod zum Ketzer erklärt und verurteilt. M3 Der Theologe und Reformator Jan Hus vor dem Scheiterhaufen. Miniatur aus der Chronik des Ulrich von Richenthal, 15. Jh. Jetzt bist du dran: 1. Zähle Gründe für das Aufkommen der Ketzerbewegungen auf. 2. Beschreibe die Rolle der Bettelorden für die Zivilbevölkerung und bewerte ihre Rolle in Bezug auf die Amtskirche. 3. Bezugnehmend auf M2 erkläre, warum es gerade unter widrigen Lebensbedingungen dazu kommen konnte, dass die Lehren der Bibel angezweifelt wurden. 4. Arbeite aus M4 die Punkte heraus, die John Wyclif an der Kirche in Frage stellt, und erkläre die Gefahr, die daraus seitens der Kirche gesehen wird. Über den Kirchenkritiker John Wyclif Wyclif galt damals als der gefährlichste Ketzer. Er wollte die Kirche als sichtbare Organisation abschaffen, da sie in unchristlicher Weise irdische Macht, Reichtümer und Sonderrechte anhäufte. Wyclif wollte nur Gemeinden in der Armut der Urkirche haben. Er war gegen Heiligenverehrung und gegen das Zölibat. Er war beliebt beim Kirchenvolk. Das rettete ihn vor den wütenden kirchlichen Amtsträgern. Den weltlichen Herren aber, dem König und Adel, gefiel, dass sie durch Wyclif die Chance bekommen sollten, die reiche Kirche zu beerben. Und so kam es, dass Wyclif trotz seiner revolutionären Thesen in ziemlichem Frieden leben konnte, bis er – so heißt es – mitten in einer Messe an einem Schlaganfall verstarb. M4 Müller: „Aus der Asche wird ein Schwan entstehen“, in: Deutschlandfunk Kultur, 12.7.2015. Online auf: rundfunk.evangelisch.de/ (20.7.2021). Der böhmische Theologe Jan Hus (1370–1415) stellte ebenfalls die Hierarchie, aber auch die Möglichkeit, sich durch Geldzahlung an die Kirche von Sünden freikaufen zu können (Ablasszahlungen), in Frage. Jan Hus wurde als Ketzer verurteilt und verbrannt. Hussitenkriege Ausschreitungen und ein jahrelanger Bürgerkrieg (Hussitenkriege) in Böhmen waren die Folge. Religiöse Auseinandersetzungen hatten oftmals auch soziale Hintergründe. In Böhmen finden sich heute noch Anhängerinnen und Anhänger von Jan Hus. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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