Das Zahlenbuch 1, Lehrerband

168 Notwendigkeit eines fachlichen Rahmens Zu welchen Leistungen Kinder bei der Erarbeitung eigener Lösungswege fähig sind, wurde empirisch in eindrucksvoller Weise nachgewiesen. Aus diesen Befunden darf aber nicht gefolgert werden, Kinder könnten „sich“ die Mathematik am besten „alleine“ erarbeiten und würden darin durch Fachstrukturen nur behindert. Der Erfolg des Mathematikunterrichts von der Volksschule bis zum Abitur steht und fällt damit, dass das Prinzip des aktiventdeckenden und sozialen Lernens organisch mit fachlichen Grundideen und allgemeinen Lernzielen verbunden wird. Wenn die Kinder in der Mathematik wirklich weiterkommen wollen, dürfen sie nicht bei ihren privaten Sichtweisen und Denkwegen stehen bleiben, sondern müssen sich in die bewährten Fachstrukturen einarbeiten und diese gemäß der im Fach liegenden Offenheit produktiv nutzen. Diese Aneignung wird durch eine schlüssige fachliche Strukturierung der Lernangebote, wie sie das ZAHLENBUCH verkörpert, wesentlich unterstützt. Die Kinder gelangen insbesondere nicht von sich aus zu einem Verständnis typisch „theoretischer“ Aspekte der Mathematik (z. B. der Erfassung der Allgemeingültigkeit von Rechengesetzen, der Abstraktheit von Begriffen oder der zwingenden Logik einer mathematischen Argumentation), sondern müssen im Unterricht dazu angeregt werden. Ziel des Unterrichts kann es nicht sein, dass jedes Kind seine „private Mathematik“ entwickelt, sondern dass es die Werkzeuge, die sich als effektiv erwiesen haben, individuell nutzt. Auch der einzelne mathematische Forscher erfindet nicht seine eigene Welt, sondern arbeitet eingebettet in das soziale Netzwerk der Wissenschaft Mathematik. Entwicklung von Bewusstheit Eine dem Lernen übergeordnete wichtige Aufgabe der Lehrkraft besteht darin, die Kinder anzuregen, Besonderheiten der Mathematik wahrzunehmen, ihre Lernprozesse selbst zu steuern und Verantwortung für ihre Lernfortschritte zu übernehmen. Man muss mit den Kindern z. B. über die grundsätzliche Freiheit von Rechenwegen, über Schwierigkeiten beim Lernen und ihre Überwindung, über den Nutzen der Zusammenarbeit, über den Sinn des Blitzrechnens, usw. sprechen. Die Entwicklung von Bewusstheit verlangt Geduld und Beharrlichkeit, weil sich der Erfolg bei der Mehrheit der Kinder naturgemäß nur langfristig einstellt. Je mehr Bewusstheit die Kinder aber entwickeln und je mehr sie sich für ihr Lernen verantwortlich fühlen, desto mehr werden Lehrkräfte entlastet. Insofern liegt es in deren ureigenem Interesse, die Bewusstheit der Kinder für ihr Lernen zu fördern. 3. GRUNDLEGENDES, AUTOMATISIERENDES UND PRODUKTIVES ÜBEN Den weitaus größten Teil des Unterrichts muss aus guten Gründen das Üben einnehmen. Deshalb ist auch das ZAHLENBUCH überwiegend ein Übungsbuch. Im Hinblick auf die Breite der heutigen Zielsetzungen des Unterrichts sind aber verschiedene Übungstypen erforderlich. Grundlegendes Üben Wenn ein Thema neu eingeführt wird, sind grundlegende Übungen angebracht, die dazu dienen, die neuen Aufgabenstellungen und Lösungswege zusammen mit neuen Sprechweisen handelnd an geeigneten Materialien zu erarbeiten. Dabei muss das neue Wissen mit bekanntem Wissen verknüpft werden. Die Qualität der Bearbeitung von Aufgaben, die exemplarische Bedeutung haben, ist in dieser Phase wichtiger als die Quantität der behandelten Aufgaben. 80 8 − 2 = 8 − 3 = 8 − 5 = 9 − 4 = 9 − 3 = 9 − 6 = 9 − 5 = 5 − 3 = 5 − 1 = 5 − 2 = 7 − 2 = 7 − 4 = 7 − 1 = 9 − 3 = 9 − 6 = 9 − 7 = 10− 2 = 10− 4 = 10− 8 = 12− 1= 12− 3= 12− 6= 8 − 7 = 8 − 1 = 8 − 8 = 9 − 1 = 9 − 8 = 9 − 2 = 9 − 9 = Lege 8, nimm weg. Lege 9, decke ab. Lege und rechne. Nimm weg oder decke ab. 1 2 3 1, 2 Minusaufgaben mit Plättchen legen und rechnen. 3, 4 Das Legen von Minusaufgaben üben. Zwischen Abdecken und Wegnehmen unterscheiden. ■ (K, O) Minusaufgaben am Zwanzigerfeld 8 − 2 Ich nehme 2 Plättchen weg. Ich decke 2 Plättchen ab. 6 5 Finde Aufgaben. Lege und rechne. «4 7 − 3 =4 Max Sophie 5 7 1 8 7 3 4 3 3 6 9 3 0 1 6 2 5 6 8 11 0 4 3 6 2 2 6 (verschiedene Lösungen) Buch_ZB-SB1_2023.indb 80 27.03.2023 17:59:57 Schulbuch 1, S. 80 Abgesehen davon, dass die Kinder natürlich auch an grundlegende Übungen aktiv herangehen und ihre eigenen Wege gehen sollen, besteht in diesem Bereich inhaltlich eine große Übereinstimmung mit dem traditionellen Unterricht. Produktives Üben Neu im Vergleich mit dem traditionellen Unterricht sind die sogenannten produktiven Übungen, die durch die gemeinsame Förderung inhaltlicher und allgemeiner Lernziele (Kompetenzen) gekennzeichnet sind. Mathematisieren, Explorieren, Argumentieren und Formulieren (bzw. in den Worten der Bildungsstandards „Modellieren“, „Problemlösen“, „Argumentieren“ und „Kommunizieren“) kann man nur, wenn ein mathematisches Muster oder eine auf ein Muster bezogene Aufgabe eine Grundlage für solche Aktivitäten bietet. Im „Handbuch produktiver Rechenübungen“, dem Hauptwerk von „Mathe 2000+“, ist dieser Übungstyp erstmals beschrieben und flächendeckend für den Rechenunterricht umgesetzt worden.3 Im ZAHLENBUCH wurde der Ansatz für die Praxis entwickelt und in der Neubearbeitung weiter ausgearbeitet: 81 18− 8= 18−10= 18−18= 10− 9= 10− 5= 10− 1= 14− 4= 14− 3= 14−13= 9− 8= 9− 9= 9− 1= 12−10= 12− 5= 12− 2= 12−11= 12− 1= 12−12= 11−10= 11− 9= 11− 2= 20− 9= 20−20= 20−11= 6 7 5 Besprechen, wie man Plättchen geschickt abdecken kann; Beziehung zwischen Subtrahend und Differenz thematisieren, evtl. Zusammenhang zu Tauschaufgaben der Addition herstellen. Lagebeziehungen der Plättchen im Feld besprechen (rechts und links bzw. oben und unten). 6, 7 Aufgaben rechnen und Zusammenhänge erkunden. ■ (K, O)  Arbeitsheft, Seite 50 Rechne und vergleiche. Was fällt dir auf? 5 − = − = − = − = − = − = − = − = 9 3 − = − = 0 0 8 11 7 2 11 5 11 1 10 1 2 1 10 1 9 8 0 0 10 9 1 9 9 6 3 6 15 10 5 15 5 10 8 3 5 8 5 3 10 6 4 10 4 6 11 8 3 11 3 8 Buch_ZB-SB1_2023.indb 81 27.03.2023 17:59:58 Schulbuch, S. 81 Im abgebildeten Beispiel können die Kinder Beziehungen zwischen den bekannten Tauschaufgaben der Addition und den hier abgebildeten Paaren der Subtraktionsaufgaben herstellen, wodurch ein Kommunikations- und in der Regel auch ein Argumentationsanlass entstehen kann. Es handelt sich hier in aller Regel um reflektiv aufgebaute Übungen, d.h. die Zusammenhänge treten erst nach dem Berechnen einiger Aufgaben in den Vordergrund und können ab dann für die Berechnung weiterer Aufgaben herangezogen werden. Weiteres gibt es vor allem gegen Ende einer Doppelseite Aufgaben, die stärker von Beginn an die Herstellung und Ausnutzung 3 Wittmann, E.Ch. & Müller, G.N., Handbuch produktiver Rechenübungen. Band 1: Vom Einspluseins zum Einmaleins. Band 2: Vom halbschriftlichen zum schriftlichen Rechnen. Stuttgart: Klett 1990/92 Grundkonzeption des ZAHLENBUCHs Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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