60 Holocaust Bestrafung von Völkermord Heute gibt es international ein großes Interesse daran, Völkermord zu verhindern bzw. Personen zu bestrafen, die sich in Genoziden schuldig gemacht haben. Das Strafrecht auf nationaler Ebene verfügt aber nicht immer über wirkungsvolle Mittel. Oft gehören Täterinnen und Täter zu jenen, die in einem Staat immer noch an der Macht sind. Daher könnten sie Einfluss auf die Strafverfolgung des Staates ausüben und Verbrechen würden möglicherweise straflos bleiben. Um dies zu verhindern, wurde das Völkerstrafrecht entwickelt. Es kommt bei besonders schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen zur Anwendung; neben dem Völkermord sind das v.a. „Kriegsverbrechen“ und „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag (Niederlande) ist die wichtigste Institution für die Ahndung dieser Verbrechen (s. S. 63, 65). Internationaler Strafgerichtshof in Den Haag (NL), Foto, 2017 Entwicklung der UN-Völkermordkonvention In Reaktion auf die Gräueltaten von Nationalsozialismus, Shoah und Holocaust verabschiedeten die Vereinten Nationen (UNO) 1948 das „Übereinkommen über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes“. Den Beschluss (Resolution), eine Völkermordkonvention zu schaffen, hatte die UNO bereits 1946 gefasst. Das Übereinkommen besagt u.a., dass Völkermord ein Verbrechen gemäß internationalem Recht ist und nicht verjährt. Staaten, die der Konvention beitreten, verpflichten sich gesetzliche Grundlagen zu schaffen, die eine Verfolgung einzelner Personen oder Gruppen, die sich des Völkermordes schuldig machen, ermöglicht. Im Protokoll der Sitzung des österreichischen Nationalrates vom 29. Jänner 1958 findet sich folgende Stellungnahme: › Die „Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes“ trat 1951 in Kraft. Sie war eines der ersten Menschenrechtsabkommen der UNO mit dem Ziel, grundlegende Menschenrechte zu schützen (z. B. das Recht auf Leben und den Schutz vor Ausrottung aus nationalistischen, rassistischen, religiösen oder ethnischen Gründen). › Die Alliierten riefen im August 1945 einen Internationalen Militärgerichtshof ins Leben. Die Nürnberger Prozesse gegen 22 NS-Hauptkriegsverbrecher dauerten von November 1945 bis Oktober 1946. Die Anklagepunkte lauteten „Kriegsverbrechen“ (z. B. Hinrichtung von Zivilisten durch die Wehrmacht), „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ (Völkermord) und „Verbrechen gegen den Frieden“ (Planung und Durchführung eines Angriffskrieges). Richterbank bei einer Verhandlung zu den Nürnberger Prozessen, Foto, 1945 47ac4p Internationaler Strafgerichtshof A11 • Fasse die in der Stellungnahme dargelegten Gründe für einen Beitritt Österreichs zur UN-Vökermordkonvention zusammen. • Schlüpfe in die Rolle einer Journalistin bzw. eines Journalisten und verfasse einen Zeitungsartikel über Österreichs Beitritt zur UN-Völkermordkonvention. (HMK) M7 Hohes Haus! […] Die Generalversammlung der Vereinten Nationen erklärte in ihrer Resolution […] vom 11. Dezember 1946 den Völkermord zu einem Verbrechen nach Völkerrecht […] [N]icht nur vom völkerrechtlichen, sondern auch vom politischen Standpunkt ist der Beitritt Österreichs zur vorliegenden Konvention gerechtfertigt, da deren Ziel, allen Bevölkerungsgruppen unabhängig von ihren nationalen, ethnischen, rassischen oder religiösen Unterschieden den gleichen Schutz angedeihen zu lassen, stets zu den Leitsätzen der österreichischen Politik gezählt hat. Stenographisches Protokoll, VIII. Gesetzgebungsperiode, 29.1.1958, S.192 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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