32 Faschismus Vom Kommunismus zum Stalinismus Nach der Februarrevolution bzw. Oktoberrevolution 1917 veränderte sich die politische Situation in Russland nachhaltig. Der Revolutionär Wladimir I. Lenin war der Anführer der Bolschewiki, die eine sozialistische Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung einführten. Eine Gleichstellung aller Völker und Gesellschaftsschichten war oberstes Ziel in diesem ersten kommunistischen Staat. Zur Sicherung der politischen Macht wurde die Tscheka gegründet. Dieser politischen Geheimpolizei fielen allein bis 1922 geschätzt eine Viertelmillion Menschen zum Opfer. Eine andere Meinung als die der Parteiführung zu vertreten war verboten, es gab keine politische Opposition. Ende 1922 wurde die UdSSR (Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken) gegründet. Sie war ein zentralistisch regierter Staat, entstanden aus dem Zusammenschluss der Vielzahl der Völker des ehemaligen Zarenreiches. Lenin starb 1924 und Josef Stalin wurde sein Nachfolger. Stalinismus Stalin ging noch radikaler vor und errichtete eine Gewaltherrschaft: Alle wichtigen Positionen im Staats- und Parteiapparat, in der Armee und Geheimpolizei sowie die Wirtschaft und Landwirtschaft bis hin zum Leben des Einzelnen wurden kontrolliert. Stalin begann tatsächliche und vermeintliche Gegnerinnen und Gegner seiner Politik zu vernichten. Sie wurden willkürlich unter falschen Behauptungen verhaftet, gefoltert, zu Lagerhaft und Zwangsarbeit in Gulags oder zum Tod verurteilt; in etlichen Fällen erfolgte dies in Schauprozessen. In den Straf- und Arbeitslagern wurden Millionen Menschen unter schrecklichen, vielfach tödlichen Bedingungen als Arbeitssklavinnen und -sklaven festgehalten. Die genaue Zahl der Opfer ist unbekannt, Schätzungen besagen, dass der stalinistische Terror bis 1953 mindestens 20 Millionen Menschen das Leben kostete. P Bolschewiki: russ. „Mehrheitler“; straff organisierter und radikaler Teil der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands (SDAPR) › Die Februar- und Oktoberrevolution fanden nach dem Gregorianischen Kalender im März und November statt. Strafgefangene bei der Arbeit in einem Gulag, Foto, um 1932 P Schauprozess: Gerichtsverfahren mit großer öffentlicher Wirksamkeit, bei dem das Urteil bereits im Vorhinein feststeht j55r7n Gulag Plakat mit dem Titel „Ruhm Stalin, dem großen Erbauer“, 1951 O S. 45, Ü2 Von Stalin in den 20er- und 30er-Jahren perfektioniert, überzog ein Netz von Straflagern die gesamte Sowjetunion. Verbannung, Zwangsarbeit, Kälte, Hunger und willkürliche Bestrafung – der Gulag steht für die Schreckensherrschaft des kommunistischen Regimes. Bis Ende der 80er-Jahre existierten die Lager, Millionen waren inhaftiert, und auch die Zahl der Todesopfer geht in die Millionen. Trotz des ungeheuerlichen Ausmaßes spielt die Aufarbeitung im heutigen Russland kaum eine Rolle. „Perm 36“ ist die einzige Gulag-Gedenkstätte, die sich auf dem Gelände eines ehemaligen Lagers befindet. Schick, Der lange Schatten des Gulags, www.focus.de, 16.2.2008 A5 • Arbeite aus der Textquelle die Darstellung des Kommunismus heraus. • Diskutiert in der Klasse mögliche Gründe für die zögerliche Aufarbeitung der Geschichte der Gulags im Stalinismus. • Nimm Stellung zum Nutzen, den Menschen heute aus historischen Erkenntnissen ziehen. (HMK, HOK) M7 Zur Machtdemonstration diente Stalin unter anderem auch ein Personenkult. Die Verehrung und Verherrlichung seiner Person zeigte sich in der unverhältnismäßigen Darstellung seiner Leistungen in der Wirtschaft sowie im Zweiten Weltkrieg. Erst nach seinem Tod 1953 begann eine Abkehr von der Ideologie und dem Personenkult um Stalin. Diese Form des Kommunismus und dessen Machtmonopol wurden allerdings bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion in den späten 1980er-Jahren offiziell nie hinterfragt. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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