12 Demokratie Vom Konflikt zur Gewalt Die Festigung demokratischer Entscheidungsstrukturen erwies sich in Österreich nach jahrhundertelanger Monarchie als schwierig. Die paramilitärischen Verbände prägten immer stärker die Politik der Ersten Republik. Im Oktober 1928 fand unter einem Großaufgebot von Polizei und Militär ein Aufmarsch von rund 20.000 Mitgliedern der Heimwehren statt. Die Heimwehr wollte damit ein Zeichen von Stärke setzen. Im „Kampf um die Straßen“ ging es den Parteien um die sichtbare Dominanz in der Öffentlichkeit. P Paramilitärischer Verband: Militärisch organisierte Gruppen abseits des staatlichen Militärs Heimwehrführer Ernst Rüdiger von Starhemberg, Foto, 1935 › Symbol der Heimwehr war die Hahnenschwanzfeder an der Kappe, deshalb wurden Mitglieder der Heimwehr auch „Hahnenschwanzler“ genannt. Julius Deutsch, Foto, 1926 › Julius Deutsch organisierte 1922/23 den Republikanischen Schutzbund und war dessen Kommandant bis 1934. O S. 22–24, Ü3–Ü6 A5 • Ermittle Ähnlichkeiten und Unterschiede bei der Beschreibung der Ereignisse des 8. Oktobers 1928 in den beiden Zeitungsberichten. • Erkläre, wessen Sicht die Schilderung der Geschehnisse in der Arbeiterzeitung widerspiegelt. • Nimm Stellung zu möglichen Gründen für die unterschiedlichen Sichtweisen. (HMK) M7 In vollkommener Ruhe und ohne nennenswerte Zwischenfälle ist der gestrige Tag verlaufen, dem man allgemein mit so großen Besorgnissen entgegengesehen hatte. Schutzbund und Heimwehr hielten strengste Disziplin ein und nirgends wurde irgendein Versuch, die getroffenen Vereinbarungen zu durchbrechen, festgestellt […] In den Abendstunden hatte die zu so plötzlicher Berühmtheit emporgekommene Provinzstadt ihr normales Aussehen wiedererlangt. Wiener Sonntags- und Montags-Zeitung, 8. Oktober, S. 1 Der siebente Oktober, […] er ist zu einem Tage des Triumphs der Arbeiterklasse geworden […] Ein paar tausend Heimwehrleute sind durch Wiener Neustadt marschiert […] Wie anders war unser Aufmarsch! Unvergleichlich in seiner Größe, in seiner Masse, seiner Begeisterung, vor allem auch in seiner musterhaften, beispiellosen Disziplin! Arbeiterzeitung, 8. Oktober 1928, S.1 Wiener Neustädter Aufmarsch von Schutzbund und Heimwehr, Foto, 1928 Im Mai 1930 formulierten die Heimwehren im Korneuburger Eid ihr Bestreben nach einer radikalen Neuordnung des Staates. Die Erklärung enthielt eine entschiedene Abkehr von der Demokratie. Als Ziele formuliert waren die Beseitigung von Parlamentarismus und Parteienstaat, an deren Stelle eine Selbstverwaltung der Berufsstände treten sollte. Die Erklärung ließ keinen Willen nach politischer Zusammenarbeit mehr erkennen und verschärfte somit weiter das politische Klima im Staat. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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