querdenken 4 Geschichte und Politische Bildung Auch mit E-Book+ erhältlich Aktualisiert!
querdenken – Geschichte und Politische Bildung 4, Schulbuch und E-Book Schulbuchnummer: 190764 querdenken – Geschichte und Politische Bildung 4, Schulbuch mit E-Book+ Schulbuchnummer: 200190 querdenken – Geschichte und Politische Bildung 4, Schülerbuch E-Book Solo Schulbuchnummer: 208011 querdenken – Geschichte und Politische Bildung 4, Schülerbuch E-Book+ Solo Schulbuchnummer: 208012 Mit Bescheid des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom 10. Mai 2019, BMBWF-5.018/0020IT/3/2018, gemäß § 14 Absatz 2 und 5 des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 472/86, und gemäß den derzeit geltenden Lehrplänen als für den Unterrichtsgebrauch an Neuen Mittelschulen und allgemein bildenden höheren Schulen - Unterstufe für die 4. Klasse im Unterrichtsgegenstand Geschichte und Sozialkunde/Politische Bildung geeignet erklärt. Mit Bescheid vom 12. September 2023, GZ 2023-0.448.960 teilt das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung mit, dass gegen die aktualisierte Fassungs des Werkes querdenken 4 – Geschichte und politische Bildung, Schulbuch + E-Book, BNR 190.764, kein Einwand besteht. Mit Bescheid des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom 24. März 2021, GZ BMBWF- 5.018/0049-Präs/14/2019, gemäß § 14 Absatz 2 und 5 des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 472/86, und gemäß den derzeit geltenden Lehrplänen als für den Unterrichtsgebrauch für die 4. Klasse an Mittelschulen und für die 4. Klasse an allgemein bildenden höheren Schulen – Unterstufe im Unterrichtsgegenstand Geschichte und Sozialkunde/Politische Bildung (Lehrplan 2016) geeignet erklärt. Mit Bescheid vom 12. September 2023, GZ 2023-0.448.999 teilt das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung mit, dass gegen die aktualisierte Fassungs des Werkes querdenken 4 – Geschichte und politische Bildung, Schulbuch mit E-BOOK+, BNR 200.190, kein Einwand besteht. Dieses Werk wurde auf der Grundlage eines zielorientierten Lehrplans verfasst. Konkretisierung, Gewichtung und Umsetzung der Inhalte erfolgen durch die Lehrerinnen und Lehrer. Liebe Schülerin, lieber Schüler, du bekommst dieses Schulbuch von der Republik Österreich für deine Ausbildung. Bücher helfen nicht nur beim Lernen, sondern sind auch Freunde fürs Leben. Kopierverbot Wir weisen darauf hin, dass das Kopieren zum Schulgebrauch aus diesem Buch verboten ist – § 42 Abs. 6 Urheberrechtsgesetz: „Die Befugnis zur Vervielfältigung zum eigenen Schulgebrauch gilt nicht für Werke, die ihrer Beschaffenheit und Bezeichnung nach zum Schul- oder Unterrichtsgebrauch bestimmt sind.“ Umschlagbilder: U1.1: Anonym / Imagno / picturedesk.com; U1.2: Ronald Zak / AP / picturedesk.com; U1.3: Reinicke / laif / APA - picturedesk.com Illustrationen: Wolfgang Schaar, Grafing: S. 17, 19, 33, 69, 82, 85, 90, 100, 103, 109, 110, 122, 174; SCHWUPP, Atelier für Malerei und Illustration, Hausbrunn: S. 93, 101, 165.1-5, 173. Kartographie: Freytag-Berndt & Artaria, Wien: S. 8, 52, 61, 74, 102, 108, 168. Bildrechte: © Bildrecht GmbH, Wien 2019 1. Auflage (Druck 0001) © Österreichischer Bundesverlag Schulbuch GmbH & Co. KG, Wien 2024 www.oebv.at Alle Rechte vorbehalten. Jede Art der Vervielfältigung, auch auszugsweise, gesetzlich verboten. Redaktion: Carina Müller, MA, Wien; Mag. Eva Hembach, Wien Herstellung: MMag. Andrea Maria Fellner, Wien Umschlaggestaltung und Layout: Jens-Peter Becker, normaldesign GbR, Schwäbisch Gmünd Satz: Print Alliance HAV Produktions GmbH, Bad Vöslau Druck: Ferdinand Berger & Söhne Ges.m.b.H., Horn ISBN 978-3-209-11757-1 (querdenken SB 4 + E-Book) ISBN 978-3-209-11763-2 (querdenken SB 4 mit E-Book+) ISBN 978-3-209-13375-5 (querdenken SB 4 E-Book Solo) ISBN 978-3-209-13377-9 (querdenken SB 4 E-Book+ Solo) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
www.oebv.at querdenken 4 Sabine Mader Andrea Strutz Geschichte und Politische Bildung Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
2 Inhaltsverzeichnis Globalisierung So arbeitest du mit „querdenken – Geschichte und Politik“ 4 Geschichte und Sozialkunde/Politische Bildung 6 Demokratie in Österreich in historischer Perspektive 7 Die Gründung der Ersten Republik 8 Zerfall der Demokratie 10 Vom Konflikt zur Gewalt 12 Neuanfang – die Zweite Republik 14 Parteien und Politik nach 1945 16 Entwicklung der österreichischen Verfassung 18 Übungsteil 20 Portfolio 26 Faschismus – Nationalsozialismus – politische Dikaturen 27 Faschismus in Europa • Italien wird eine Diktatur 28 Nationalsozialismus in Deutschland • Austrofaschistischer Ständestaat 30 Vom Kommunismus zum Stalinismus • Die Deutsche Demokratische Republik 32 „Anschluss“ an das Deutsche Reich • NS-Diktatur in Österreich 34 Verfolgung, Beraubung, Ausgrenzung 36 Jugend in der NS-Diktatur • Kindertransporte | extra 38 Alltagswelten in Demokratie und NS-Diktatur 40 Geschichtskulturelle Produkte • Spielfilme im Unterricht 42 Übungsteil 44 Portfolio 48 Holocaust/Shoah, Genozid und Menschenrechte 49 Rassismus und Antisemitismus 50 Holocaust und Shoah 52 Romnija und Roma im Holocaust • Erfahrungen einer verfolgten Romni 54 „Euthanasie“-Morde 56 Widerstand gegen das NS-Regime 57 Täterinnen und Täter des NS-Regimes • Mittäterinnen und Mittäter 58 Entwicklung der UN-Völkermordkonvention 60 Der Genozid am armenischen Volk 61 Völkermord in Ruanda • Aufarbeitung und Friedensstiftung 62 Jugoslawienkriege | extra • Völkermord in Srebrenica 64 Übungsteil 66 Portfolio 70 Ausgewählte Aspekte von Globalisierung im 20. und 21. Jahrhundert 71 Der Zweite Weltkrieg 72 Entwicklung zum globalen Krieg 74 Der Wunsch nach Frieden – die UNO • Der Ost-West-Konflikt 76 Schauplätze des Kalten Krieges 78 Wiederaufbau und Wirtschaft nach 1945 80 Entkolonialisierung 82 Globaler Süden • Urbanisierung in einer globalen Welt 84 Anti-Atomkraft-Bewegung • Umweltschutz und Ressourcen 86 Eine neue Generation • Jeans – ein transkulturelles Gut | extra 88 Das Internet – World Wide Web • Das virtuelle Klassenzimmer | extra 90 Übungsteil 92 Portfolio 96 Demokratie Faschismus Holocaust Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
3 Politische Mitbestimmung Gesellschaftlicher Wandel Geschichtskulturen Medien Europäisierung 97 „Europa“ – kein eindeutiger Begriff • Grundideen für ein geeintes Europa 98 Die Entstehung der Europäischen Union 100 Die Struktur der Europäischen Union 101 Europa und die EU nach 1989 102 Österreichs Weg in die Europäische Union • Europa und ich 104 Kooperationen und Spannungen der EU mit verschiedenen Weltregionen 106 Übungsteil 108 Portfolio 112 Politische Mitbestimmung 113 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 114 Die UN-Kinderrechtskonvention 115 Möglichkeiten der politischen Mitbestimmung 116 Machtungleichheiten in politischen Prozessen 118 EU – demokratische Werte und Grundrechte 119 Außerparlamentarische Mitbestimmung 120 Übungsteil 122 Portfolio 124 Medien und politische Kommunikation 125 Mediendemokratie • Politische Kommunikation in der Öffentlichkeit 126 Mediale Umsetzung von politischen Ideen 128 Inszenierung von Politik am Beispiel USA 129 Digitale Medien in der politischen Kommunikation 130 Umgang mit digitalen Medien | extra 131 Beispiele medialer Produkte in der politischen Kommunikation 132 Übungsteil 134 Portfolio 136 Geschichtskulturen – Erinnerungskulturen – Erinnerungspolitik 137 Instrumentalisierung von Geschichte • Vom Erinnern und Vergessen 138 Denkmäler als Symbole öffentlicher Erinnerung 140 Gedenkstätten – Orte des Erinnerns 141 Erinnern und Gedenken im Wandel 142 Neue Erinnerungszeichen im öffentlichen Raum 144 Internationale Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem 145 Übungsteil 146 Portfolio 150 Gesellschaftlicher Wandel im 20. und 21. Jahrhundert 151 Bevölkerungswachstum 152 Strukturwandel – Arbeit und Wirtschaft 154 Überwindung sozialer Ungleichheit 156 Die Neue Frauenbewegung 158 Der Kampf für Frieden • Die Umwelt betrifft uns alle 160 Übungsteil 162 Portfolio 166 Methoden und Techniken 167 Quellen-, Literatur- und Bildquellenverzeichnis 175 Europäisierung Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
4 So arbeitest du mit „querdenken – Geschichte und Politik“ Dieses Schulbuch ist in neun Großkapitel (Module) gegliedert. Zur besseren Unterscheidbarkeit ist jedes Modul in einer anderen Farbe gehalten. Ein Modul besteht aus einer Auftaktseite, einem Inputteil, einem Übungsteil und einer Portfolioseite. Modulauftaktseite Die Einstiegsseite informiert über die im Modul behandelten Basiskonzepte und beschreibt Inhalte und Ziele des jeweiligen Moduls. Neben der Modulüberschrift findest du einen Verweis auf einen Online-Code mit weiterführenden Informationen. Um dorthin zu gelangen, gib den Code einfach in das Suchfeld auf www.oebv.at ein. In der Zeitleiste kannst du wichtige Ereignisse und Jahreszahlen nachlesen, die im Modul behandelt werden. Zeitleiste 137 Geschichtskulturen – Erinnerungskulturen – Erinnerungspolitik Basiskonzept: Konstruktivität Für Staat und Gesellschaft ist die Erinnerung an bestimmte wichtige Daten oder Entwicklungen zur Rekonstruktion von Vergangenheit sehr wichtig. Denn Geschehnisse, an die sich niemand mehr erinnert, geraten in Vergessenheit. In diesem Modul beschäftigst du dich u.a. mit der öffentlichen Erinnerung an den Holocaust, mit Denkmälern für die Opfer des Nationalsozialismus sowie mit Gedenkstätten in Österreich und in Israel. Du setzt dich auch damit auseinander, wie Geschichte und Erinnerung für bestimmte Zwecke wie z.B. für den Tourismus eingesetzt werden. Du untersuchst verschiedene Darstellungen auf ihren Bezug zu den historischen Quellen. Dabei sollst du erkennen, dass die Konstruktivität, also aus welchem Blickwinkel Geschichte erzählt wird, eine große Rolle spielt. Du beschäftigst dich auch mit lokalen und regionalen Bezügen des Erinnerns und Gedenkens. nb5j7m Tod von Kaiserin Elisabeth nach einem Attentat in Genf (Schweiz) 1898 Tod von Kaiser Franz Joseph I. 1916 Ausrufung der Ersten Republik Österreich 12. November 1918 „Anschluss“ an NSDeutschland 1938 Moskauer Erklärung 1943 Befreiung des KZ Mauthausen 5. Mai 1945 Eröffnung der KZGedenkstätte Mauthausen 1949 Errichtung der Gedenkstätte Yad Vashem, Israel 1953 Unterzeichnung des österreichischen Staatsvertrages 15. Mai 1955 Einführung des österreichischen Nationalfeiertags am 26. Oktober 1965 „Waldheim-Debatte“ ab 1986 Mahnmal gegen Krieg und Faschismus, Wien 1988 Fall des Eisernen Vorhangs 1989 Erklärung über die Mitverantwortung Österreichs an NSVerbrechen 8. Juli 1991 EU-Beitritt Österreichs 1995 Holocaust-Mahnmal am Wiener Judenplatz 2000 Mahnmal für die Opfer des Spiegelgrunds und Einrichtung einer Gedenkstätte im OttoWagner-Spital 2003 Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Berlin 2005 Denkmal für die Verfolgten der NSMilitärjustiz, Wien 2014 Mahnmal für die Opfer des Spiegelgrunds, Otto-Wagner-Spital Wien, Foto, 2011 Auf dem Areal des Otto-Wagner-Spitals in Wien wurde 2003 ein Mahnmal eingeweiht, das der systematischen Ermordung von Kindern und Jugendlichen im Rahmen der „Euthanasie“-Morde in der Kinderfachabteilung „Am Spiegelgrund“ während der NS-Zeit gedenkt. Zur Erinnerung an die hier ermordeten Kinder und Jugendlichen strahlen vor dem Gebäude 772 Lichtsäulen. Im OttoWagner-Spital wurde zusätzlich noch eine Gedenkstätte eingerichtet. Basiskonzepte Modulziele Online-Code Modultitel Inputseiten Diese Seiten geben dir einen Überblick über wichtige Inhalte im Modul. Manche dieser Seiten sind mit dem Wort „extra“ gekennzeichnet. Sie bieten vertiefende Informationen zum jeweiligen Kapitel. In den blauen Kästchen findest du Arbeitsaufträge, um bestimmte Fähigkeiten und Fertigkeiten (Kompetenzen) zu trainieren. Die Abkürzungen der jeweiligen Kompetenzen sind immer angegeben. Wenn du mit einer Methode (M) oder Technik (T) arbeiten sollst, wird das ausgewiesen. Auf manchen Seiten gibt es eine Infobox mit den Basiskonzepten, die dir helfen, historische und politische Zusammenhänge zu verstehen und einzuordnen. Die Informationsspalten am Rand enthalten Begriffserklärungen und bieten zusätzliche interessante Informationen. Hinzu kommen Seitenverweise zu den passenden Übungen im Übungsteil sowie auf verwandte Themen innerhalb des Buches und Online-Codes. Modulkurzbezeichnung Inputtext Arbeitsaufträge mit hervorgehobenen Operatoren Kompetenz Verweise Methode oder Technik Basiskonzept Informationsspalte Lexikon Zusatzinformation Seitenverweis Quellentext 81 80 Globalisierung Globalisierung Wiederaufbau und Wirtschaft nach 1945 Infolge des Zweiten Weltkriegs waren weite Landstriche Europas verwüstet. Ein großer Teil der Infrastruktur, wie Verkehrswege, Energieversorgung und Industrieanlagen, war nicht mehr funktionsfähig, viele Städte und Wohnhäuser waren zerstört. Neben der Wiedererrichtung demokratischer Staatsformen stand bei der Unterstützung der USA für Europa ein groß angelegtes Hilfsprogramm für den Wiederaufbau im Vordergrund. US-Außenminister George Marshall erkannte die schlechte wirtschaftliche Lage europäischer Länder und entwarf den Plan, Wirtschaftshilfe in Form von Warenlieferungen (z.B. Rohstoffe, Maschinen, Nahrungsmittel) und Krediten zu leisten (European Recovery Program, ERP). Die am Marshallplan teilhabenden europäische Länder (16) bildeten 1948 die Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC). Sie koordinierten die Wiederaufbaupläne sowie die ERP-Mittel und förderten den Aufbau der Wirtschaft in Europa durch Zusammenarbeit. Aus der erfolgreichen Zusammenarbeit ging 1961 die OECD hervor. Die USA investierten rund 13 Milliarden Dollar in Europa (1948–1952), was auch ihnen Vorteile brachte. Sie gewannen Absatzmärkte für ihre Produkte und Wirtschaftspartner. Zudem wurden teilhabende Länder zu politischen Verbündeten (z. B. Österreich). Die im Einflussbereich der Sowjetunion stehenden osteuropäischen Volksdemokratien mussten die Marschallplan-Hilfe ablehnen. Die UdSSR sahen im Marshallplan eine Bedrohung, da die USA dadurch in diesen Regionen an politischem und wirtschaftlichem Einfluss gewonnen hätten. Als Gegenorganisation zur OEEC wurde unter der Führung der Sowjetunion 1949 der Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW), auch bekannt als COMECON, gegründet. Somit waren im Nachkriegseuropa zwei global agierende, doch nach politischen Machtblöcken getrennte Wirtschaftszonen entstanden. › Hilfsgelder aus dem Marshallplan für Österreich wurden auf ein gesperrtes Konto bei der Nationalbank einbezahlt. Dieses ging 1962 in den Besitz der Republik über; aus dem ERP-Fonds werden bis heute österreichische Unternehmen bei Investitionen mit Krediten unterstützt. P OECD: Organization for Economic Cooperation and Development (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung); 38 Mitgliedsstaaten (Stand 2021); Ziel ist die Förderung einer Politik, die das Leben der Menschen weltweit in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht verbessert. P COMECON: Council for Mutual Ecomomic Assistance; aufgrund der politischen Umwälzungen 1991 aufgelöst; Ziel war die Vernetzung der Volkswirtschaften des Ostblocks und deren Produktion. › COMECON-Staaten verfolgten die Planwirtschaft. Dabei schreibt der Staat in langfristigen Plänen („Fünfjahresplan“) fest, welche Produkte erzeugt bzw. welche Dienstleistungen für die Gemeinschaft erbracht werden müssen. OECD-Staaten hingegen gingen nach dem System der Marktwirtschaft vor, bei dem das Verhältnis von Angebot und Nachfrage bzw. die Interessen von Anbietenden und Konsumierenden im Vordergrund standen. O S. 93, Ü3 A9 • Beschreibe alle Elemente der Plakate in Hinblick auf wirtschaftliche und politische Hintergründe. • Erkläre anhand der beiden Plakate und mithilfe des Textes Strategien des wirtschaftlichen Wiederaufbaus in westlich orientierten Ländern und Ländern des ehemaligen Ostblocks. • Interpretiere die Aussagen, die in den beiden Plakaten indirekt dargelegt werden. (HMK, PMK) M12 Plakat für den Marshallplan, 1948 Plakat für den Fünfjahresplan, 1951 Entstehung eines europäischen Wirtschaftsraumes Frankreich, Belgien, Italien, Luxemburg, die Niederlande und die Bundesrepublik Deutschland schlossen sich 1951 in Paris zur Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EKGS oder auch Montanunion) zusammen. Ein gemeinsamer Markt kriegswichtiger Güter sollte zur Friedenssicherung beitragen. Die Römischen Verträge von 1957 sind ein weiterer Grundstein für die Einigung Europas und das Entstehen eines europäischen Wirtschaftsraumes. Die sechs Staaten legten in diesen Verträgen die Ziele der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG) wie folgt fest: • Aufbau einer gemeinsamen Zollunion • Abbau interner Handelshindernisse und Errichtung eines gemeinsamen Marktes • Bewegungsfreiheit für Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital • Zusammenarbeit in der friedlichen Nutzung der Atomenergie O Europäisierung, S. 99 ff. › Mit dem Zusammenschluss von EGKS, EWG und EAG 1967 wurde die Grundlage für die spätere Europäische Union (EU) gelegt, die 1993 gegründet wurde. P EFTA: European Free Trade Association (Europäische Freihandelszone) Plakat zur Unterzeichnung der Römischen Verträge, 1957 Jubiläumsbriefmarke, 1985 Mit den Römischen Verträgen gelang es, Frieden unter den Mitgliedstaaten zu garantieren. Durch sie konnte ein gemeinsamer wirtschaftlicher und politischer Rahmen gesetzt werden, der nationale Einzelinteressen zu gemeinsamen Interessen werden ließ. Geschaffen wurde ein weltweit einzigartiger Handelsraum, der […] den europäischen Wohlstand bis heute ermöglicht. Niesen, Die Geburtsstunde der EU, www.spiegel.de, 25.3.2017 A10 • Zeige die im Text genannten Punkte anhand der Textquelle auf. • Erkläre die Aussage in der Textquelle, dass die Friedenssicherung durch wirtschaftliche Zusammenarbeit gewährleistet wird. • Nimm Stellung zur Bedeutung der europäischen Zusammenarbeit im 21. Jh. (HMK, HOK) M7 Die 1960 gegründete EFTA verstand sich als wirtschaftspolitische Staatengemeinschaft. Sie sah gegenseitige Handelserleichterungen vor, wie z. B. die Verwirklichung des Freihandels und Abbau von Zollschranken, die Vorgabe von Wettbewerbsregeln (z.B. Vergabe von Subventionen) sowie die Förderung von Wirtschaftswachstum und Vollbeschäftigung. Die Souveränität und politische Handlungsfreiheit der Mitgliedstaaten sollte dabei erhalten bleiben. Mitgliedstaaten waren die Schweiz, Schweden, Dänemark, Portugal, Großbritannien und Österreich. Gegenüber Nicht-EFTA-Ländern blieben uneinheitliche Handelsschranken und Zölle bestehen, was den Handel kompliziert machte. Mit dem Beitritt vieler Länder zur EU schrumpfte die EFTA. Heute umfasst sie nur mehr Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz. Diese Länder, mit Ausnahme der Schweiz, und die EU bilden gemeinsam den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). BASISKONZEPT – AUSWAHL Da die Vergangenheit unzählige Ereignisse und Betrachtungsweisen bietet, ist es unmöglich „Geschichte“ umfassend darzustellen. Es muss daher eine Auswahl getroffen werden. Es kann sein, dass diese Ausschnitte der Vergangenheit nur teilweise in Quellen überliefert sind (Partialität). Ebenso ist es möglich, dass die getroffene Auswahl bestimmten Absichten folgt: Dafür werden passende Quellen und Betrachtungsweisen gewählt sowie eine zeitliche und räumliche Einschränkung getroffen (Selektivität). Eine solche Auswahl schränkt zwar den Aussagewert der Darstellung ein, doch dadurch wird eine Betrachtung überhaupt erst möglich. Verweis auf Übung Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
5 166 Gesellschaftlicher Wandel Portfolio Einfluss von Fragestellungen auf Darstellungen des gesellschaftlichen Wandels In diesem Modul hast du erfahren, dass die Gesellschaft immer wieder Phasen des Wandels durchläuft. Die Veränderungen betreffen viele unterschiedliche Bereiche wie z. B. Familie, Frauen, Arbeit, Soziales, Schule, Umwelt, Krieg und Frieden, Migration und Politik. • Gestalte für deine Portfolio-Mappe eine Collage zu verschiedenen Aspekten des gesellschaftlichen Wandels. Du kannst dafür Symbole, Thesen, Bilder oder auch Zitate verwenden. Nutze vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten, um die Themengebiete darzustellen und zu erklären. • Ermittle für deine Collage wesentliche Aspekte des gesellschaftlichen Wandels im 20. und 21. Jh. • Untersuche, inwiefern deine Fragestellungen deine Darstellung beeinflussen. • Bewerte in deinen Aussagen kritisch gegenwärtige Entwicklungen und nimm Stellung zur einer möglichen zukünftigen Entwicklung. (HOK, HFK, Kreativaufgabe) Peace-Collage von Symbolen und Slogans in verschiedenen Sprachen in Berlin, Foto, 2015 Portfolio Am Ende jedes Moduls gibt es eine Seite zur selbstständigen Vertiefung – das „Portfolio“. Hier kannst du zeigen, dass du die Ziele des Moduls erreicht hast. Übungsseiten Die Übungsseiten findest du im Anschluss an den Inputteil. Neben den Kapitelüberschriften gibt es einen Seitenverweis, damit du weißt, worauf sich diese Übung bezieht. Modulkurzbezeichnung 109 108 Europäisierung Europäisierung Übungsteil Übungsteil „Europa“ – kein eindeutiger Begriff O Seite 98 Bratislava Budapest Tirana Wien Dublin/ Baile Átha Cliath London Amsterdam Brüssel Paris Prag Berlin Kopenhagen Stockholm Oslo Helsinki Tallinn Moskau Minsk Vilnius Warschau Kiew Kischinew Bukarest Belgrad Prishtinë/ Priština Ljubljana Zagreb Riga Sofia Podgorica Sarajewo Skopje Athen Rom Valletta Tunis Algier Rabat Lissabon Madrid Reykjavik Ankara Nikosia Luxemburg Vaduz Bern Amman Sizilien Ionische Inseln Peloponnes Schot t l and E n g l a n d Wales Korsika Sardinien Rhodos Nordirland Balearen Kreta M i t t e l m e e r M i t t e l m e e r ATLANTISCHER OZEAN O s t s e e Europäisches N o r d m e e r Schwarzes M e e r A d r i a Nordsee Po Donau Donau Djnepr Wolga Donau Themse Loire Rhein Weichsel Dnjepr Tajo Elbe R U S S L A N D PORTUGAL I T A L I E N N O R W E G E N S C H W E D E N F I N N L A N D WEISSRUSSLAND S P A N I E N FRANKREICH DEUTSCHLAND P O L E N TSCHECHISCHE REPUBLIK U K R A I N E ISLAND MAROKKO ALGERIEN KROATIEN GRIECHENLAND MOLDAU IRLAND BELGIEN LU DÄNEMARK SCHWEIZ UNGARN RUMÄNIEN SLOWAKEI AD MC VA LI SM XK ME NMK ALBANIEN ZYPERN LIBANON zu RUSSL. SLOWENIEN VEREINIGTES KÖNIGREICH ESTLAND LETTLAND LITAUEN NIEDERLANDE ÖSTERREICH TUNESIEN MALTA SERBIEN BULGARIEN T Ü R K E I BA 0 370 740 km Hauptstadt Staatsgrenze Abkürzungen AD BA LI LU MC ME NMK SM VA XK Andorra Bosnien und Herzegowina Liechtenstein Luxemburg Monaco Montenegro Nordmazedonien San Marino Vatikanstadt Kosovo Politische Karte Europa 0 370 740 km Hauptstadt Staatsgrenze Abkürzungen AD BA LI LU MC ME NMK SM VA XK Andorra Bosnien und Herzegowina Liechtenstein Luxemburg Monaco Montenegro Nordmazedonien San Marino Vatikanstadt Kosovo M i t t e l m e e r M i t t e l m e e r ATLANTISCHER OZEAN O s t s e e Europäisches N o r d m e e r Schwarzes M e e r A d r i a Nordsee Der Kanal (La Manche) Onegasee Ladogasee Rybinsker Stausee Po Donau Donau Djnepr Wolga Donau Themse Loire Rhein Weichsel Dnjepr Tajo Elbe Ionische Inseln Schottisches Korsika Sardinien Rhodos Balearen Kreta Hochland Sizilien Peloponnes Zypern Pyrenäen Westalpen A p e n n i n Ostalpen Ba l k a n Mittelrussische Höhen Skandinavisches Gebirge T a u r u s Pontisches Gebirge Kaukasus Ural Sierra Morena Kastilisches Scheidegeb. K a r p a t e n Nordrussi scher Landrücken Er Rif Sa ha r a a t l a s T e l l a t l a s Timanberge Pennines Sierra Nevada Dinarisches Geb. Pindos Rhodopen Südkarpaten Su d e t e n Mittlerer Atlas Auresberge W o l g a h Jura Deutsche Mittelgebirge Dnjepr - plat te Waldaihöhen Zentralmassiv Podolische Platte N o r r l a n d Skandinavien Syrische Island Britische Inseln Kola Hebriden Jüt l and Götaland Sveal and La p p l a n d K a r e l i e n Pol es i en Wol hyni en D a l ma t i e n H o c h l a n d Pannonisches Becken Gr oßer Al penvor l and B a l t i s c h e S e e n p l a t te A n a t o l i e n Norddeutsches Tiefland F i n n i s c h e Seenplatte Gotland Spor aden Kykladen La Mancha Normandie Bretagne Friesische In. Lofoten Riviera Makedonien Abcha Manytschnie B e r g W i e s e E r g Wal achei Gal i zi en Ebrobecken Poe b en e Schl esi en Pariser Becken Nordkap Siebenbürgen Donez - pl a teau Kr im Tatra 2655 Moldoveanul 2543 Musala 2925 2911 2456 2117 Kebnekaise Snowdon 1085 Ben Nevis 1343 Glittertind 2469 Chibiny 1191 343 3798 Großglockner Puy de Sancy 1885 4807 Mont Blanc Pico de Aneto 3404 Mulhacén 3478 2456 Dschabal Ajaschi 3751 2236 3340 Ätna Vesuv 1277 Gran Sasso 2914 2710 Olymp 1953 Vatnajökull 2119 Maßstab 1:37 000 000 0 370 740 km Höhen-/Tiefenschichten Gletscher über 5 000m > 4 000-5 000m > 2 000-4 000m > 1 000-2 000m > 500-1 000m > 200-500m 0-200m Depression 0-200m > 200-2 000m > 2 000-4 000m > 4 000-6 000m > 6 000-8 000m unter 8 000m Gewässer Fluss See Abkürzungen AND BiH FL L MC MK MNE RKS RSM V Andorra Bosnien und Herzegowina Liechtenstein Luxemburg Monaco Mazedonien Montenegro Kosovo San Marino Vatikan Maßstab 1:37 000 000 0 370 740 km Höhen-/Tiefenschichten Gletscher über 5 000m > 4 000-5 000m > 2 000-4 000m > 1 000-2 000m > 500-1 000m > 200-500m 0-200m Depression 0-200m > 200-2 000m > 2 000-4 000m > 4 000-6 000m > 6 000-8 000m unter 8 000m Gewässer Fluss See Abkürzungen AND BiH FL L MC MK MNE RKS RSM V Andorra Bosnien und Herzegowina Liechtenstein Luxemburg Monaco Mazedonien Montenegro Kosovo San Marino Vatikan Physische (naturräumliche) Karte Europas Die Struktur der Europäischen Union O Seite 101 Mit dem Vertrag von Lissabon (2007) erhielt die Europäische Union eine neue Struktur. • Ermittle anhand des Schaubildes die einzelnen Institutionen der Europäischen Union. • Analysiere anhand des Schaubildes Organe und Institutionen, die zur Legislative zählen. Formuliere die Befugnisse und Aufgaben dieser EU-Organe. (HMK, M6) Ü2 Präsident/in Hohe/r Vertreter/in der Union für Außen- und Sicherheitspolitik Europäischer Auswärtiger Dienst Europäisches Parlament Gerichtshof der Europäischen Union 705 Mitglieder inkl. Präsident/in Legislative Exekutive Europäische Kommission Präsident/in Vizepräsident/in 27 Mitglieder (je ein Mitglied pro Mitgliedstaat inkl. Präsident/in und Vizepräsident/in) Legislative • EU-Gesetze • EU-Haushalt Rat („Ministerrat“) seit 2014 doppelte Mehrheit bei quali zierten Mehrheitsbeschlüssen Staats- und Regierungschefs, Präsident/in des Europäischen Rates, Präsident/in der EU-Kommission Vorsitzende/r des Rates für Auswärtige Angelegenheiten („Außenministerrat“) Judikative Europäische Zentralbank Währungshüter Europäischer Rat Leitlinienkompetenz Ausgabenkontrolle Rechnungshof Wahl des/r Präsidenten/in Zustimmung/Ablehnung neue Kommission beschließt zugleich beschließt koordiniert wählt ernennt wählt schlägt vor formuliert Leitlinien zugleich Bevölkerung der EU-Mitgliedsstaaten Struktur der Europäischen Union • Beschreibe die Inhalte der beiden Karten von Europa. • Untersuche, ob die politischen Einteilungen mit den geografischen Gegebenheiten zusammenpassen. • Formuliert zu zweit Merksätze zu Grenzziehungen innerhalb Europas. Zieht dazu eure historischen Erkenntnisse zur Geschichte Europas bzw. einzelner Regionen heran. (AW, HMK, M4) Ü1 Europa und die EU nach 1989 O Seite 103 Deine Familie plant eine Reise für die Ferien, die durch verschiedene Länder Europas führen soll. Die Reiseroute führt von Österreich über Deutschland nach Dänemark, von dort geht es weiter nach Großbritannien, dann nach Frankreich und über die Schweiz wieder zurück nach Österreich. Deine Eltern bitten dich bei den Vorbereitungen zu helfen, indem du herausfindest, ob man mit Euros bezahlen kann oder ob man auch noch andere Währungen benötigt. • Recherchiere (z.B. im Internet), welche Währung es in den genannten Ländern gibt. • Erörtere Pro- und Contra-Argumente im Bezug auf unterschiedliche oder gemeinsame Währungen. (AW, PUK, T2) 50-Euro-Banknote, Foto, 2017 Ü3 Übungsanleitung Unterkapitel im Modul mit Seitenverweis Methoden und Techniken Im Anhang von querdenken findest du Methoden (M) und Techniken (T) für deine Aufgabenstellungen im Fach Geschichte und Sozialkunde/ Politische Bildung. Sie bieten dir Unterstützung für die Umsetzung der kompetenzorientierten Arbeitsaufgaben auf den Input- und Übungsseiten. 173 172 Methoden und Techniken Methoden und Techniken - Sammle ausreichend Informationen und Argumente zum Thema. - Arbeite Pro- und ContraArgumente heraus, damit deine Meinung überzeugend wirkt. TECHNIK 1 Diskussion 1- Beteilige dich aktiv an der Diskussion. - Höre aufmerksam zu und lasse andere ausreden. Beziehe deine nächste Wortmeldung auf die Vorrednerin bzw. den Vorredner. - Sprecht nicht durcheinander. - Bleibe sachlich und beim Thema. - Tipp: Es ist kein Problem, wenn du deine Meinung einmal überdenken oder ändern musst. - Verwende für deine Wortmeldungen „Ich-Botschaften“, soweit es ausdrücklich um deine persönlichen Gefühle geht. - Vermeide „Du-Botschaften“, durch die deinem Gegenüber Schuld oder Verantwortung zugeschoben wird. - Zwischenrufe oder Beleidigungen sind tabu. - Erstelle eine Liste mit Informationen, die du bereits zu einem bestimmten Thema gesammelt hast bzw. mit Punkten, die dir noch fehlen. Formuliere dazu Stichwörter, die du in eine Suchmaschine (z.B. Google) eingeben möchtest. - Lege einen Zeitrahmen für deine Arbeit am PC und die anschließende Bearbeitung der gefundenen Materialien (z. B. für die Erstellung einer Präsentation) fest. - Behalte bei der Suche immer dein Thema im Auge und eile nicht von Link zu Link. - Ermittle die Anbieterinnen bzw. die Anbieter der Internetseiten (z. B. Privatpersonen, Organisationen, Bildungseinrichtungen). Beurteile, ob diese mit ihren Informationen bestimmte Absichten verfolgen. - Tipp: Vertrauenswürdige Informationen findest du beispielsweise auf Seiten offizieller Organisationen oder von Bildungseinrichtungen. - Bewerte, ob die Startseite eine schnelle Orientierung zulässt bzw. die Navigation sinnvoll und hilfreich ist. - Verwende weiterführende Links und Suchmöglichkeiten, die auf einer Seite angeboten werden, wenn sie für dein Thema hilfreich sind. - Achte bei der Ausarbeitung deiner Arbeitsergebnisse auf Übersichtlichkeit, Sachlichkeit, klare Struktur und eine überschaubare Stoffmenge. - Gib bei der Darstellung deiner Rechercheergebnisse alle von dir verwendeten Internetseiten an. Verwende dafür die URL (http:// www…) sowie das Datum deiner Suche. TECHNIK 2 Internetrecherche 1 1 - Stelle in der Vorbereitung das Thema fest, zu dem du ein Interview durchführen willst. - Erstelle eine Liste mit Inhaltsschwerpunkten. Erarbeite Fragen für dein Interview. Formuliere keine Fragen, die man nur mit „ja“ oder „nein“ beantworten kann. - Finde Personen, die dir zu dem ausgewählten Thema Auskunft geben können. - Erkläre der Zeitzeugin bzw. dem Zeitzeugen den Grund für deine Befragung. Lege das Thema deiner Untersuchung genau dar. - Kläre im Vorfeld, ob du das Gespräch aufnehmen darfst, damit du es später auswerten kannst. - Überprüfe vor dem Interview das Aufnahmegerät, teste alle Funktionen. - Vereinbare einen Termin für das Gespräch, den du pünktlich und verlässlich einhältst. - Verhalte dich bei der Durchführung des Interviews höflich und respektvoll. Sei dir bewusst, dass du bei deinen vorbereiteten Fragen auch ein wenig flexibel sein musst, in der Gesprächssituation können Themenbereiche auftauchen, an die du bei der Vorbereitung nicht gedacht hast. Lass deiner Zeitzeugin bzw. deinem Zeitzeugen während des Gesprächs genügend Raum für die Erzählung. Arbeite den vorbereiteten Fragebogen behutsam aber konsequent ab. Frage im Gespräch auch nach, um noch mehr zu einzelnen Themenbereichen erzählt zu bekommen. - Bedanke dich nach Ende des Gesprächs, die befragte Person hat dir nicht nur Zeit geschenkt, sondern ist für deinen Erkenntnisgewinn von großer Hilfe. - Nimm dir Zeit für die Auswertung des Interviews. Verschriftliche das aufgezeichnete Interview möglichst genau. Werte das Gespräch aus, indem du deinen Fragen die erhaltenen Antworten zuordnest. - Fasse die wesentlichen Aussagen, Erinnerungen und Erfahrungen zusammen, die du von der befragten Person erhalten hast. Ordne ihre bzw. seine Erinnerung in den historischen oder politischen Zusammenhang ein. - Beachte: Zeitzeuginnen und Zeitzeugen berichten über lange zurückliegende Ereignisse. Es ist daher möglich, dass manche Details in der Zwischenzeit vielleicht vergessen wurden bzw. dass manches in der Erinnerung unabsichtlich verfälscht wurde. METHODE 15 Oral History / Interview - Ermittle das Thema des Denkmals. Nenne die Bezeichnung oder den Namen des Denkmals, falls es einen gibt. Überprüfe, an wen oder an welches Ereignis es erinnern soll. Stelle fest, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Denkmal und dem Standort gibt. - Recherchiere, wer das Denkmals entworfen und gestaltet hat. - Arbeite Details der Gestaltung und der Anordnung des Denkmals heraus: z. B. Materialien, Aufbau, Symbole, Figuren, Inschriften etc. Du kannst dafür auch im BE-Unterricht nachfragen. - Ordne das Denkmal in den historischen Kontext ein. Der Zeitpunkt, Auftraggeberin oder Auftraggeber und die Motive für die Errichtung sind dabei wesentlich. - Stelle fest, ob und welche Fragen bei der Deutung des Denkmals offenbleiben. - Recherchiere die Einweihung des Denkmals. Welche Personengruppen waren eingeladen, wer hielt eine Ansprache oder eine Rede? Welche Rolle spielten diese Personen für die Errichtung des Denkmals? - Untersuche, ob es auch Gegnerinnen und Gegner gab sowie deren Gründe gegen die Errichtung des Denkmals. - Rekonstruiere die Funktion, die das Denkmal bei seiner Errichtung erfüllen sollte bzw. an wen oder an welches Ereignis das Denkmal erinnert. - Nimm Stellung zu einer möglichen Veränderung der Bedeutung des Denkmals im Lauf der Geschichte. - Beurteile Funktion und Wahrnehmung des Denkmals in der Öffentlichkeit heute. METHODE 16 Denkmal - Legt die Situation oder das Ereignis des Rollenspiels fest. Erforscht dazu den historischen oder politischen Zusammenhang. - Ermittelt und verteilt die Rollen und legt die Aufgaben der übrigen Klasse fest. - Erarbeitet die Rollen, indem ihr analysiert, wodurch sie sich unterscheiden bzw. welche Interessen und Meinungen die jeweiligen Personen vertreten sollen. Fertigt dazu eventuell Rollenkärtchen an. - Plant und übt den Ablauf der Spielszenen. In dieser Phase ist noch Zeit, um gemeinsam Verbesserungen vorzunehmen. - Spielt die Rollen gemäß euren Vereinbarungen und versetzt euch dafür in die jeweilige Zeit und/oder Situation. - Das Publikum beobachtet konzentriert und macht sich Notizen (z. B. Reaktion der Spielenden aufeinander, Entwicklung des Spiels). - Besprecht das Rollenspiel abschließend. Dabei berichten einerseits die Spielerinnen bzw. Spieler, wie sie ihre Rolle erlebt haben, andererseits äußert sich das Publikum bezüglich der Rollengestaltung und der Ergebnisse des Spiels. - Diskutiert Fragen zum historischen Thema, die sich aus dem Spiel ergeben haben. TECHNIK 3 Rollenspiel 1 1 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
6 Geschichte und Sozialkunde/ Politische Bildung Geschichte des 20. und 21. Jh. – die unmittelbare Vergangenheit In diesem Schuljahr stehen die politischen und gesellschaftlichen Veränderungen im 20. und 21. Jh. im Mittelpunkt des Gegenstands Geschichte und Sozialkunde/Politische Bildung. Für die Erforschung der unmittelbaren Vergangenheit (Zeitgeschichte) sind Fotos und Filmmaterial sowie Zeitzeuginnen und Zeitzeugen (Oral History) wesentliche Quellen. › Vieles, was in der Öffentlichkeit passiert, wird durch Politik geregelt. Dennoch ist es schwierig zu erklären, was der Begriff „Politik“ konkret bedeutet. Die Politik beschäftigt sich mit Regeln des Zusammenlebens in der Gesellschaft. Politische Regeln werden immer wieder an neue Situationen und Bedürfnisse von Menschen angepasst. Durch die Möglichkeiten der demokratischen Mitbestimmung kannst auch du beitragen, dass Regeln geändert werden. P Kompetenz: Fähigkeit, Fertigkeit und Bereitschaft, bestimmte Probleme zu lösen › Neben der Auszeichnung der trainierten Kompetenz können sich noch folgende Angaben bei den Arbeitsaufträgen finden: LK (Lesekompetenz), AW (Arbeitswissen), FÜ_… (Fächerübergreifende Übung mit …) und Kreativaufgabe. Eine Mutter und ihre Kinder waten durch einen Fluss in Loc Thuong in der südvietnamesischen Provinz Bình Đi.nh, um im Vietnamkrieg einem US-Bombenangriff zu entkommen, Pressefoto des Jahres 1965, World Press Photo Award Historische und politische Kompetenzen Um dein Wissen richtig anwenden zu können und historische und politische Zusammenhänge besser verstehen zu können, wirst du auch in diesem Schuljahr mit Hilfe der fachspezifischen Kompetenzen deine Fähigkeiten weiter vertiefen. Historische Kompetenzen Kompetenz Abkürzung Ziel Historische Methodenkompetenz HMK eigenständiger Umgang mit historischen Quelle Historische Sachkompetenz HSK Kennenlernen von historischen Begriffen und Konzepten Historische Orientierungskompetenz HOK Lernen von Geschichte hilft beim Verstehen der Gegenwart Historische Fragekompetenz HFK Fragen an die Vergangenheit stellen können Kompetenzen der Politischen Bildung Kompetenz Abkürzung Ziel Politikbezogene Methodenkompetenz PMK Grundlagen der Politikanalyse kennen und anwenden Politische Sachkompetenz PSK Kennenlernen von Begriffen und Konzepten der Politik Politische Handlungskompetenz PHK eigene Meinungen, Werte und Interessen formulieren und vertreten können; Angebote verschiedener Einrichtungen kennen und nutzen Politische Urteilskompetenz PUK selbstständiges und begründetes Urteil treffen können Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
7 Demokratie in Österreich in historischer Perspektive Basiskonzepte: Kausalität Österreich ist eine demokratische Republik. So wurde es als neue Staatsform nach dem Ende der Donaumonarchie in der Bundesverfassung festgelegt. Dieses Prinzip gilt bis heute. In diesem Modul beschäftigst du dich mit der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung in der Ersten und Zweiten Republik in Österreich. Du setzt dich dabei auch mit verschiedenen Formen von politischem Extremismus auseinander. Zudem befasst du dich mit der Geschichte und Entwicklung der österreichischen Verfassung. Anhand unterschiedlicher historischer Quellen lernst du, wie man Bewertungen erkennen und Darstellungsformen der Vergangenheit systematisch hinterfragen kann. hy8q6a Verzichtserklärung Kaiser Karls I. 11. November 1918 Ausrufung der Republik DeutschÖsterreich 12. November 1918 Friedensvertrag von Saint-Germain 10. September 1919 Österreichische Bundesverfassung 1920 Kärntner Volksabstimmung 10. Oktober 1920 Burgenland kommt zu Österreich 1921 Urteil von Schattendorf 14. Juli 1927 Justizpalastbrand 15. Juli 1927 Beginn der Weltwirtschaftskrise 1929 Ausschaltung des Parlaments 1933 Bürgerkrieg 12.–15. Februar 1934 Austrofaschistischer Ständestaat 1934–1938 „Anschluss“ an das nationalsozialistische Deutschland 12. März 1938 Zweiter Weltkrieg 1939–1945 Gründung der Zweiten Republik 27. April 1945 Österreich unter alliierter Besatzung (USA, Großbritannien, Frankreich, Sowjetunion) 1945–1955 Marshallplan 1948–1952 Staatsvertrag 1955 Österreichische Parlamentsparteien nach 1945: SPÖ KPÖ ÖVP VdU FPÖ Die Grünen Liberales Forum BZÖ Team Stronach NEOS Liste Peter Pilz/Jetzt Gründung (Auflösung) 1888 1918 1945 1949 (1956) 1955 1986 1993 (2014) 2005 (2009) 2012 (2017) 2012 2017 (2020) Ausrufung der Republik, Graz, 12. November 1918, Foto Versammlung am 12. November 1918 auf dem damaligen Franzensplatz vor dem Grazer Schauspielhaus aus Anlass der Ausrufung der Republik. Als Bekenntnis zur Republik Österreich beschloss der Grazer Gemeinderat wenige Tage nach der Republikfeier, den Franzensplatz in Freiheitsplatz umzubenennen. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
8 Demokratie Die Gründung der Ersten Republik Als sich die Niederlage der Mittelmächte im Ersten Weltkrieg abzeichnete, begann die Monarchie endgültig zu zerfallen. Ungarn, das Königreich Böhmen sowie die Gebiete des späteren Königreichs Jugoslawien erklärten Ende Oktober 1918 ihre Unabhängigkeit. Kaiser Karl I. verzichtete am 11. November 1918 auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften. Einen Tag später, am 12. November 1918, rief die provisorische Nationalversammlung vor dem Parlament in Wien die demokratische „Republik Deutschösterreich“ aus. Festlegung der Staatsgrenzen im Friedensvertrag von 1919 Die Grenzen der Republik bestimmte der Friedensvertrag von Saint-Germain. Eine Staatengemeinschaft mit Deutschland wurde verboten, die Bezeichnung „Deutschösterreich“ musste in „Österreich“ abgeändert werden. Die Hoffnung, die Gebiete der ehemaligen Monarchie mit vorwiegend deutschsprachiger Bevölkerung in einem gemeinsamen Österreich zusammenhalten zu können, wurde enttäuscht. Viele dieser Regionen fielen an andere Nachfolgestaaten des zerfallenen Habsburgerreiches. Südtirol und das Kanaltal kamen zu Italien, das Sudetenland zur Tschechoslowakischen Republik. Die Untersteiermark ging an das neu gegründete Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (SHS-Staat, später Jugoslawien). Das Königreich beanspruchte die zweisprachigen Gebiete in Südkärnten, seine Besatzungstruppen wurden im Frühjahr 1919 im so genannten „Kärntner Abwehrkampf“ aber zurückgedrängt. In einer Volksabstimmung vom 10. Oktober 1920 stimmten rund 60% der betroffenen Bevölkerung, darunter auch viele Kärntner Sloweninnen und Slowenen, für den Verbleib bei Österreich. Das Burgenland (deutschsprachiges Westungarn) wurde Österreich zugesprochen, durch eine Volksabstimmung verblieb Ödenburg (Sopron) aber bei Ungarn. Ausrufung der „Republik Deutschösterreich“ am 12. November 1918 in Wien, Foto › Die Bezeichnung „Republik Deutschösterreich“ war ein Zeichen für den Zweifel vieler Menschen daran, dass die Republik Österreich wirtschaftlich und politisch überleben könne. Vielfach wurde der baldige Zusammenschluss mit dem neu entstandenen Deutschen Reich erwartet. › Die Friedenskonferenz nach dem Ersten Weltkrieg fand in Paris statt. Die Friedensverträge wurden in verschiedenen Schlössern rund um Paris abgeschlossen. Staatskanzler Karl Renner, der Leiter der österreichischen Delegation auf der Friedenskonferenz, unterzeichnete den Friedensvertrag für Österreich in Saint-Germain am 10.9.1919. Die österreichische Delegation mit Karl Renner (Mitte) nach der Unterzeichnung des Friedensvertrags, Foto, 1919 O S. 20, Ü1 A1 • Benenne anhand der Karte Gebiete, die Österreich beanspruchte. • Arbeite anhand des Textes und der Karte jene Regionen heraus, die Österreich im Friedensvertrag von 1919 zugesprochen wurden. • Formuliere eine Frage, die die Geschichtskarte rund 100 Jahre nach Gründung der Republik aufwirft. (HMK, HFK) M4 Gebietsansprüche Deutschösterreichs und Grenzen der Republik Österreich gemäß Friedensvertrag 1919 Deutsches Reich Deutsches Reich Ts c h e c h o s o wa k e Sudeten and Sudetenland Deutsch- Böhmen Deutsch- Südmähren Ungarn Burgenand Untersteiermark Seeland Kanaltal Südtirol Italien Schweiz Wien München Prag Brünn Iglau Salzburg Innsbruck Klagenfurt Maribor Donau Drau Rhein Bodensee Donau Inn Elbe Oder 1921von Ungarn zu Ö terrech Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (SHS-Staat) Ödenburg (Sopron) bebt be Ungarn Abstimmung Kärnten 1920 l i l l s i l i i Maßstab 1:8 000 000 0 80 160 km Ansprüche 1918/1919 ohne Abstimmung verlorene Gebiete 1919 Österreich heute Abstimmungsgebiete Staatsgrenze Bundesländergrenzen Maßstab 1:8 000 000 0 80 160 km Ansprüche 1918/1919 ohne Abstimmung verlorene Gebiete 1919 Österreich heute Abstimmungsgebiete Staatsgrenze Bundesländergrenzen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
9 Demokratie Wirtschaftliche Probleme Die wirtschaftliche Lage nach dem Krieg war schlecht. Es herrschten hohe Arbeitslosigkeit, Inflation und vielfach Hunger. Erschwerend war, dass Österreich die Staatsschulden der ehemaligen Monarchie Österreich-Ungarn übernehmen und aufgrund der Kriegsschuld Reparationszahlungen leisten musste. Nach Auflösung der Donaumonarchie gingen viele Absatzmärkte und wirtschaftliche Grundlagen verloren: So gehörten die fruchtbaren Agrargebiete nun zu Ungarn und frühere Industrieregionen wie auch die großen Kohlevorkommen lagen in der neugegründeten Tschechoslowakei. Aufgrund dieser Situation zweifelten viele an der wirtschaftlichen, aber auch an der politischen Lebensfähigkeit der Republik. Die Anfänge des Sozialstaates in Österreich Zur Verbesserung der schwierigen Lage der Arbeiterinnen und Arbeiter wurden 1919/20 Sozialgesetze beschlossen, die in Europa als fortschrittlich galten. Das waren z.B. das Verbot der Kinderarbeit, die Einführung des 8-Stunden-Arbeitstages, die Invalidenentschädigung, eine staatliche Arbeitslosenunterstützung oder Urlaub für Arbeiterinnen und Arbeiter. Unter sozialdemokratischer Führung errichtete z.B. die Gemeinde Wien rund 400 Wohnbauten in der Ersten Republik. Die Wohnungen wurden modern gestaltet: direktes Licht in allen Räumen, fließendes Wasser, Toiletten, Gemeinschaftsräume, großzügige Höfe mit Grünflächen. Zudem schenkte die Stadtregierung der Gesundheitspolitik (z. B. kostenlose medizinische Versorgung, Einrichtung von Mütterberatungsstellen) und dem Bildungswesen (z.B. Errichtung von Büchereien, Schulreform) große Aufmerksamkeit (Rotes Wien). Eine wichtige politische Neuerung der Ersten Republik war die Durchsetzung bzw. Einführung des Wahlrechts für Frauen im Jahr 1918. Internationale Finanzhilfe für Österreich – die Völkerbundanleihe Nach Kriegsende stiegen die Preise enorm an, schließlich sogar täglich. Durch die Inflation verloren die Löhne stark an Kaufkraft und viele Menschen hungerten. Zur Bekämpfung der Inflation und Ordnung des Staatshaushalts erhielt Österreich 1922 eine Völkerbundanleihe. Der Erhalt des Geldes war u.a. an die Bedingung geknüpft, ein strenges Sparprogramm durchzuführen. Mit Jänner 1925 wurde auch eine neue Währung, der Schilling, eingeführt. Um weitere Staatsschulden zu vermeiden, wurden Steuern erhöht bzw. neue Steuern eingeführt. Etwa ein Drittel der Beamtinnen und Beamten wurde abgebaut und Löhne, Gehälter und Pensionen wurden gekürzt. P Inflation: Geldentwertung verbunden mit einer Preissteigerung P Reparation: finanzielle und wirtschaftliche Entschädigungsleistungen, die ein besiegtes Land an Siegermächte für Zerstörungen im Krieg leisten muss › Die im Friedensvertrag festgelegte Kriegsschuld und damit verbundene Maßnahmen wurden von Teilen der Bevölkerung und von einigen politischen Gruppierungen nicht anerkannt und trugen zur Entwicklung eines ungerechtfertigten Opfermythos bei. P Rotes Wien: Bezeichnung für die Zeit von 1920 bis 1934, während der die Sozialdemokratie in Wien regierte Karl-Marx-Hof, Wien, 19. Bezirk, Gemeindebau erbaut 1927–1930, ursprünglich 1.382 Wohnungen für ca. 5.000 Menschen, Foto, 2022 › Der Schilling löste die Krone ab und war von 1925 bis 1938 und von 1945 bis zum 28. Februar 2002 gesetzliches Zahlungsmittel in Österreich. Ich denke […] an den heißen Sommer des Jahres 1922, an die Zeit, wo die Krone unaufhaltsam stürzte, […] wo das Ende Österreichs gekommen schien, an die Zeit, wo der Bevölkerung die Ersparnisse, das Einkommen, der Gehalt zwischen den Fingern zerrannen […]. Das Gesetz möge dazu führen, daß dieses Geld […] ein starkes Rückgrat für unsere ganze Wirtschaft […] werde. Der Schilling sei eine gute österreichische Münze und dem Auslande gegenüber der Beweis für die Gesundung unserer Wirtschaft! Rede des Finanzministers im Parlament zum Schillingsrechnungsgesetz, Wiener Zeitung, 17.12.1924, S. 1 f. A2 • Arbeite aus der Rede die Gründe für die Einführung der Schillingwährung und die damit verbundenen Hoffnungen für Österreich heraus. • Recherchiere (z. B. im Internet) Gründe für die Einführung des Euros (2002). • Vergleiche diese mit der Schillingeinführung. (HMK) M7 T2 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
10 Demokratie Zerfall der Demokratie Die nach der ersten Nationalratswahl 1919 gebildete große Koalition zwischen der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) und der Christlichsozialen Partei (CS) hielt nur bis zum Oktober 1920. Sie zerbrach an den starken Interessensgegensätzen der beiden Parteien. Danach standen sich das bürgerliche und das sozialdemokratische Lager nur noch feindlich gegenüber. Die Sozialdemokratie, die sich als Vertreterin der Arbeiterinnen und Arbeiter sah, lehnte die Politik der bürgerlichen Regierung ab. Umgekehrt versuchten die Christlichsozialen durch politische Bündnisse (z. B. mit der Großdeutschen Volkspartei, dem Landbund) den Aufstieg des Sozialismus zu verhindern und wollten einen Ständestaat errichten. › Im 20. Jh. prägten „politische Lager“ lange Zeit hindurch die österreichische Gesellschaft. Diese beeinflussten in vielen Bereichen auch den gesellschaftlichen Alltag. So waren auch Jugend- und Sportvereine (Union, ASKÖ, ÖTB) nach politischen Gruppierungen ausgerichtet. Heute haben die politischen Lager im Alltag an Bedeutung verloren. Aufmarsch der Heimwehr in Wiener Neustadt, Foto, 1928 Aufmarsch des Schutzbundes in Eisenstadt, Foto, 1932 P Ständestaat: Vorstellung eines nach Berufsgruppen (Ständen) organisierten Staates an Stelle eines demokratisch gewählten Parlaments O S. 21, Ü2 Wahlplakate für die Nationalratswahl 1923 A3 • Ermittle den Anlass sowie die unterschiedlichen wahlwerbenden Parteien aus den Wahlplakaten. • Nimm Stellung zu den Argumenten und Feindbildern, anhand derer die jeweils gegnerische Partei bewertet wird. (HMK) M12 Radikalisierung in der Ersten Republik Die politische Auseinandersetzung und die Sprache wurden immer radikaler, was eine Zusammenarbeit der beiden Parteien zunehmend erschwerte. Der politische Kampf verlagerte sich immer öfter auf die Straße. Dafür waren die von den Parteien gegründeten bewaffneten Wehrverbände mitverantwortlich. Der Republikanische Schutzbund war eine Parteiorganisation der SDAP, die Heimwehr und die Frontkämpfervereinigung standen dem bürgerlichen Lager nahe. Regelmäßig marschierten die bewaffneten Verbände gegeneinander auf, um ihre Stärke zu zeigen. Die Verbände griffen zu einem großen Teil auf Waffen und Munition aus dem Ersten Weltkrieg zurück, die meist noch in Verstecken lagerten. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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