157 Gewalt, Gefühle und Einstellungen Umgang mit Krankheit in der Neuzeit Veränderungen in der Medizin Über die genauen Vorgänge im menschlichen Körper (z. B. Funktion der einzelnen Organe, Blutkreislauf, Nervensystem) wusste man zu Beginn der Neuzeit noch sehr wenig. Deshalb führte man Krankheiten zumeist auf ein Ungleichgewicht der vier Säfte (Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle) zurück. Beobachtungen und Experimente führten im 17. Jh. zu neuen Entdeckungen im Bereich der Anatomie und Physiologie. Erste Mikroskope wurden gebaut. Im 18. Jh. wurde die medizinische Versorgung Teil der staatlichen Aufgabe. Weil der Staat gesunde Arbeitskräfte brauchte, unterstützte er die Maßnahmen zur Gesundheitspflege. In Wien reformierte der Leibarzt Maria Theresias Gerhard van Swieten das Sanitätswesen und die medizinische Ausbildung. Diese sollte nicht nur durch Bücher und Vorlesungen, sondern auch am Krankenbett erfolgen. Erste Krankenhäuser (z. B. das Allgemeine Krankenhaus in Wien) entstanden. Im 19. Jh. entdeckte man die Erreger verschiedener Krankheiten (z. B. Tuberkulose, Diphterie). Man erkannte die Bedeutung von Hygiene (z. B. beim Geburtsvorgang oder bei Operationen). Es wurden erste Impfungen durchgeführt. Man entwickelte zahlreiche medizinische Geräte (z. B. Stethoskop, Röntgengerät), die eine genauere Diagnose ermöglichten. Die Folge dieser Entwicklungen war ein deutlicher Bevölkerungsanstieg im 19. Jh. Umgang mit psychisch Kranken Bereits vor dem 18. Jh. gab es in einigen Städten eigene Einrichtungen für psychisch Kranke. Teilweise erhielten sie auch medizinische Betreuung. Im Regelfall wurden sie jedoch eingesperrt. Im 18. Jh. änderte sich der Umgang mit den „Irren“, wie sie damals bezeichnet wurden. Geisteskrankheit wurde als Krankheit anerkannt. Man brachte die Betroffenen in eigenen Anstalten unter (z. B. Narrenturm in Wien). Sie wurden dort aber oft sehr schlecht behandelt, in Ketten gelegt und misshandelt. Erst im 19. Jh. entwickelte sich die Psychiatrie als eigene medizinische Fachrichtung. ››Im 17. Jh. entdeckte der Engländer William Harvey die Bewegung des Blutes im Körper (Blutkreislauf). PPPhysiologie: Wissenschaft, die sich mit den Funktionen des Körpers beschäftigt ››Die von dem Engländer Edward Jenner entwickelte Pockenschutzimpfung gilt als Meilenstein in der Medizin. Seit 1980 gilt die Welt als pockenfrei. Damit sind die Pocken die einzige Infektionskrankheit, die bisher durch eine Impfung ausgelöscht werden konnte. PPpsychisch Kranke: beeinträchtigt in Bezug auf Wahrnehmung, Denken, Fühlen, Verhalten etc. ››Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge unterscheiden sich sehr stark. Die Azteken beispielsweise führten zur Gesundheitsvorsorge ganz im Gegensatz zu den Europäerinnen und Europäern täglich Körperpflegemaßnahmen (Waschen, Mundspülen, Haare kämmen) durch und besuchten regelmäßig das Dampfbad. Es gibt auch Berichte davon, wie umsichtig Frauen und ihre ungeborenen oder frisch geborenen Babys umsorgt wurden. O S. 164, Ü1 Tony Robert-Fleury, Der Arzt Philippe Pinel befreit psychisch Beeinträchtigte von ihren Ketten, Gemälde, 19. Jh. A2 • Erkläre anhand des Bildes die Situation psychisch Beeinträchtigter. • Formuliere drei Fragen, die dich im Zusammenhang mit dem Narrenturm in Wien interessieren. Finde durch eine Internetrecherche Antworten. (HMK, HFK) T2 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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