spornte es an. Und weil das ein verzaubertes Pferd war, ritten sie einmal rund um die ganze Welt, bevor sie zurück aufs Weizenfeld kamen und stehenblieben. Und das Tier sprach: „Jetzt bin ich dein Pferd und du bist mein Herr. Wenn du mich brauchst, komm hierher und ruf mich. Ich werde bereit sein.“ Dümmling ging danach heim, wo ihn seine Brüder erneut auslachten. Nicht einmal, dass ab jenem Tag kein einziger Weizenhalm mehr fehlte, gab den größeren Brüdern zu denken. Sie sagten sich, das sei nur ein Zufall. Es steht aber fest, dass der König keinen Sohn hatte und dass er demjenigen seine Tochter und sein Königreich geben wollte, der es schaffte, mit seinem Pferd bis zum Fenster der Prinzessin zu springen und von deren Finger einen Ring abzustreifen. Der goldene Turm befand sich jedoch auf einem steilen Felsen über dem reißenden Fluss, und so musste der Jüngling, der sich das zutraute, wahrlich geschickt sein, wollte er nicht erbärmlich umkommen. Sobald die beiden größeren Brüder das hörten, liehen sie sich Pferde aus und ritten los, denn sie wären gerne Prinzen gewesen. Als der Jüngste sagte, dass er mitgehen wollte, lachten sie ihn nur aus. Da ging Dümmling hinaus aufs Feld, rief einmal und das Pferd erschien im herrlichen Trab. Das war aber bei weitem nicht alles, denn im rechten Ohr des Tieres wartete auf den Jüngling ein prächtiges Gewand, wie er noch niemals eines erblickt hatte. Das Pferd trabte los, und bald überholten sie seine zwei größeren Brüder und kamen in der Stadt an. Dort hatte sich eine große Menge Schaulustiger versammelt, denn erstens war der Preis, den der König versprochen hatte, riesengroß, und zweitens kann man einfach nicht fernbleiben, wenn es um Leben und Tod geht. Es hatten schon etliche Burschen ihr Glück versucht, als der Dümmling ankam. Manche hatten den Sprung überlebt, etliche waren für immer in den tosenden Wellen verschwunden und einem besonders unglücklichen konnten alle zusehen, wie er um sein Leben kämpfte, bevor seine Hände den Halt verloren und er in den Strom glitt. Aber keiner von ihnen hatte wenigstens die Mitte des Turmes erreicht, an dessen Fenster leuchtend schön die Prinzessin erstrahlte. Dümmling ließ sich nicht einschüchtern, er spornte sein Pferd an, und ehe die Prinzessin wusste, wie ihr geschah, hatte er ihr schon einen Ring von ihrem königlichen Finger abgestreift. Sobald die Hufe des Pferdes jedoch die Erde berührten, blieb Dümmling nicht stehen, sondern legte in Windeseile den Weg in sein Dorf zurück. Und als seine Brüder heimkamen, die eigentlich froh waren, dass sie ihren Mut doch nicht unter Beweis stellen mussten, hatte er den Ring schon längst vor ihren Augen versteckt. Die Brüder fanden gar keine Worte, um den 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 34 Spannende Geschichten lesen und verstehen 3 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum es Verlags öbv
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