Der Schlangenexperte aus dem Urwald – Über Vorurteile nachdenken und sprechen Susanne Köhler/Frank Ruprecht: Der Schlangengarten Als er nun an einem Abend in seiner Hängematte lag, auf die nächtlichen Geräusche der vielen Tiere des Urwalds horchte und der Mond durch die Palmblätter auf dem Dach in die Hütte schien, sagte er plötzlich leise: „In der Schlangenzeitung habe ich noch nie etwas über eine Schlange gelesen, die meiner allerschönsten Schlange mit den roten Flecken gleicht. Auch in dem Buch des Pfarrers stand nichts über sie. Könnte es sein, dass es solche Schlangen nur hier, tief drinnen in unserem Urwald gibt, an der einen Stelle, wo ich sie gefunden habe, und sonst nirgendwo auf der Welt?“ Je länger Paco darüber nachdachte, desto wacher wurde er. „Gleich morgen Früh muss ich den Herren einen Brief schreiben und sie nach der rotgefleckten Schlange fragen“, beschloss Paco schließlich. Dann schlief er ein. Am Morgen hatten die Vögel eben erst zu singen begonnen, die Sonne war noch gar nicht richtig aufgegangen und draußen war noch alles kühl und frisch vom Nachttau, da war Paco schon aufgestanden und ins Dorf hinein zum Haus des Pfarrers gelaufen. Ungeduldig klopfte er an die Tür. „Don Miguel, Don Miguel“, rief er, „ich brauche Papier, ich muss einen Brief schreiben.“ […] Don Miguel nickte mit dem Kopf, als ihm Paco seine Bitte vortrug. Zusammen gingen sie in die Küche, und während sich der Pfarrer Kaffee kochte, durfte Paco am Tisch sitzen und seinen Brief schreiben. Das war eine schwierige Arbeit, Paco geriet dabei ganz ins Schwitzen. Schließlich war auch das geschafft, und er zeigte Don Miguel, was er geschrieben hatte. „Gut, gut“, meinte dieser, nachdem er alles aufmerksam gelesen hatte, „nun sind wir aber gespannt, was die Herren antworten werden.“ Sie steckten das Geschriebene in einen Umschlag, schrieben die Adresse darauf, klebten eine Briefmarke in die Ecke und dann trug Paco den Brief zum kleinen Postamt. […] Eines Tages rief ihm der Briefträger schon vom Boot aus zu: „Paco, Paco, heute habe ich einen Brief für dich!“ Tatsächlich, auf dem Brief stand „An Herrn Paco“. Was das wohl zu bedeuten hatte, „An Herrn Paco“? Fest wie einen Schatz drückte er ihn an sich und rannte so schnell er konnte zu Don Miguel. Ganz feierlich war ihm zumute, als sie den Brief nun öffneten. Vorsichtig nahmen sie ein Blatt feines weißes Papier aus dem Umschlag, und als sie lasen, bekam Paco vor Aufregung fast keine Luft mehr. 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 Paco hält in seinem Dorf im Urwald viele Schlangen in einem Garten. Er füttert sie täglich und beobachtet genau ihr Verhalten. Um noch mehr über Schlangen zu erfahren, lernt er beim Pfarrer des Dorfes, Don Miguel, lesen und schreiben. Nun kann er auch regelmäßig die Schlangenzeitung lesen, in der Wissenschaftler aus aller Welt über alle möglichen Schlangenarten Artikel veröffentlichen. 28 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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