Treffpunkt Deutsch 1 - Deutsch Sprachlehre, Leseheft

Evelyne Stein-Fischer: Die Mutprobe, Teil 2 „Also, was ist?“, fragt David schon von weitem. „Okay. Diesmal komm ich mit!“, sagt Patrick zögernd. Mike und die anderen kichern bereits. Wenig später stapft er mit den Kindern der Turmbande den steilen, steinigen Hügel bergauf […]. „Ihr geht aber auch nicht weg?“, fragt er, als sie ziemlich atemlos auf dem höchsten Punkt des Hügels angekommen sind und vor der bedrohlich aussehenden Turmruine stehen. „Wir bleiben da“, versichert Mike. Patrick blickt Hilfe suchend Jennifer an. „Ihr lauft bestimmt nicht davon, wenn ich da drinnen bin?“ Er zeigt auf das enge Loch in der Mauer. „Wir warten“, versichert David. „Du kennst doch unseren Spruch? Schlangen und Schlaxonen in der Tiefe wohnen … Du wirst ihn hören!“ „Gut!“ Patrick bewegt sich auf die Öffnung zu, dreht sich noch einmal nach den anderen um. Sie beobachten, wie er hindurchschlüpft, passen auf, dass er nicht gleich wieder herausschlüpft. Der Anführer bewegt sich langsam auf das Mauerloch zu, beugt sich tief hinein, befiehlt Patrick ihren Spruch zu rufen: Schlangen und Schlaxonen in der Tiefe wohnen. Dreimal, in bestimmten Abständen, muss Patrick antworten. […] Schlangen und Schlaxonen in der Tiefe wohnen, dringt es zittrig zwischen den hohen engen Wänden an die Oberfläche. Da rennen 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 sie alle auf ein stummes Zeichen von David davon, galoppieren lachend und prustend den steinigen Hügel hinab. Sie wissen nicht, dass indessen die Angst Patrick mit einer riesigen Zange gepackt hat. Genau jetzt, als ihm der modrige, feuchte Geruch in dem schwarzen Raum in die Nase steigt und er weiß, dass er sich dem Schacht nähert. Die Angstzange drückt alles in Patrick zu, drückt ihm sogar den Atem weg. Patrick tastet sich mit unsicheren Händen an den nassen, rissigen Wänden entlang, greift etwas Glitschiges, schreit. Der Schrei prallt auf ihn zurück von allen Seiten her, es ist, als würde der Geköpfte zurückschreien, als würde das Gespenst zum Leben erwachen. Patrick stolpert in Panik zurück, eilt auf allen vieren die abgeschlagenen Stufen der Turmtreppe hinauf, fällt, fühlt etwas Warmes, Feuchtes sein Schienbein hinunterrinnen. Er kann nichts sehen, hastet weiter, schlägt sich beide Knie auf. Er fällt auf das Gesicht, rappelt sich hoch. Wo ist bloß der Ausgang, wo? Endlich hat er die Öffnung ertastet, in der sich die Nacht heller ausnimmt als das Tiefschwarz zwischen den gespenstisch dunklen Mauern. Endlich ist er draußen. Patrick ruft nach den anderen. Warum antwortet ihm denn keiner? Er ruft lauter und nach allen Seiten, sucht verzweifelt das Dickicht und den Platz um die Ruine mit zusammengekniffenen Augen ab. „Ich hab den Stein nicht!“, ruft er in den Hügel hinein. „Es tut mir leid, ich hab’ s nicht geschafft. Wo steckt ihr alle? Kommt doch hervor!“ Mit einem Schlag merkt Patrick, dass die Stille rings um ihn fast so gespenstisch ist wie 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 58 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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