4 Nacherzählungen untersuchen und schreiben 1 Merkmale von Nacherzählungen erfassen Nacherzählt nach Johann Peter Hebel: Kannitverstan Die Geschichte „Kannitverstan“ von Johann Peter Hebel erschien erstmals im Jahr 1808 in einem Kalender. Die Geschichte soll den Leserinnen und Lesern zeigen, worauf es im Leben ankommt, nämlich darauf, mit sich selbst und seinem Schicksal zufrieden zu werden. Ein junger Handwerksbursche aus Süddeutschland befand sich auf Wanderschaft und kam auf seinem Weg in die große, reiche holländische Hafenstadt Amsterdam, in der er anfangs überhaupt nicht wusste, wo er hinschauen sollte, weil es dort so viel zu sehen gab. Nach einer Weile wurde er dann aber auf ein großes Haus aufmerksam, das größere Fenster hatte als die Türen in seinem Elternhaus zu Hause groß waren. Weil er neugierig war, wem das Haus gehörte, fragte er einen Passanten nach dem Namen. Der Passant aber konnte kein Deutsch und sagte deshalb: Kannitverstan, was auf Deutsch „Ich kann euch nicht verstehen“ heißt. Der Handwerksbursche aber dachte, Kannitverstan sei der Name des Hausbesitzers. Später gelangte der Handwerksbursche in den Hafen, wo gerade ein großes Handelsschiff ausgeladen wurde. Wieder fragte er jemanden, wem das Schiff mit all den wertvollen Waren an Bord gehöre. Wieder bekam der Handwerksbursche die Antwort „Kannitverstan“. Da erwachte in ihm der Neid und er sagte sich: „Wenn ich doch nur auch einmal so viel Geld hätte wie der Herr Kannitverstan!“ Doch gerade, als er darüber so nachdachte, erblickte an einer Ecke einen Leichenzug mit einem von vier Pferden gezogenen Leichenwägen, hinter dem viele Trauernde hergingen. Wieder fragte der Handwerksbursche einen der Trauernden nach dem Namen des Toten und erhielt wieder die Antwort „Kannitverstan“. Da kamen dem Handwerksburschen die Tränen und er war gleichzeitig traurig und froh, denn er dachte, dass einem im Tod alle Reichtümer auch nichts nützen. Daraufhin begleitete er den Leichenzug bis zum Friedhof, hörte sich ergriffen die holländische Predigt an, die er überhaupt nicht verstand, und ging er zurück in seine Herberge. Und auch später in seinem Leben, wenn er wieder auf reichere Menschen neidisch werden wollte, dachte der Handwerksbursche nur an das Grab des reichen Herrn Kannitverstan in Amsterdam. Lavinia Quelle: nach Hebel, Johann Peter: Die schönsten Kalendergeschichten 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 Lies die Nacherzählung der Geschichte „Kannitverstan“ und entscheide anhand des Textes, welche Merkmale Nacherzählungen aufweisen (richtig) und welche nicht (falsch). typische Merkmale von Nacherzählungen richtig falsch a In der Einleitung wird kurz erläutert, worum es in der Geschichte geht. b Die ganze Nacherzählung ist im Präteritum verfasst. c In einer Nacherzählung darf keine direkte Rede verwendet werden. d Die Geschichte sollte möglichst mit eigenen Worten nacherzählt werden. e Durch die Nacherzählung soll die Stimmung der Vorlage deutlich werden. f Die Nacherzählung muss sich nicht an der Schrittfolge der Vorlage orientieren, sondern kann auch Vorausdeutungen enthalten. g Am Ende sollte die nacherzählte Geschichte noch bewertet werden. 1 60 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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