Am Tatort Schreiben Lesen Zuhören und Sprechen ihre Nase wehtat. Die Person räumte noch ein paar Minuten weiter. Dann herrschte plötzlich Stille. War sie wieder allein? Sie hätte doch hören müssen, wenn die Person zurück durch die Luke direkt neben ihrem Kopf geklettert wäre. Ihr eigener Atem schlug ihr heiß ins Gesicht. Sie hatte keine Ahnung, was hier vor sich ging, aber ihr war regelrecht schwindelig vor Angst. Lautlos begann sie zu zählen. Als sie bei fünfhundert angelangt war und noch immer nichts gehört hatte, beschloss sie, einen weiteren Blick zu wagen, und hob den Rand des Fells. Nur einen Fingerbreit. Dann noch einen. Niemand zu sehen. Sie hob das Fell noch etwas höher. Nichts. Sie wollte sich gerade aufsetzen, als … „Hallo“, ertönte eine Stimme. Dottie spürte, wie ihr Herz gegen den Boden hämmerte. „Keine Angst“, sagte die Stimme. „Du kannst jetzt rauskommen.“ Es hatte keinen Zweck, sich noch länger zu verstecken. Und so kroch Dottie, das Buch fest an die Brust gedrückt, unter ihrem Fell hervor. Sie sah den Neuankömmling an, dann die Sachen auf dem Boden. „Das ist alles für das Spiel“, erklärte die Person. Spiel? Natürlich. Die Ellinghams liebten Spiele. […] Taschenlampe. Seil. Fernglas. Handschellen. Gut möglich, dass es um ein Spiel ging. Bei Monopoly gab es schließlich auch die seltsamsten Spielfiguren. […] Dotties Instinkt sagte ihr unmissverständlich, dass sie hier wegmusste. Aber nicht überstürzt. Sie musste sich ganz normal geben. Also schlug sie ihr Buch wieder auf und versuchte, sich auf die Worte vor ihr zu konzentrieren. […] Die Buchstaben verschwammen vor ihren Augen. Sie zitterte am ganzen Körper. „Ich muss jetzt das Buch zurück in die Bibliothek bringen“, sagte sie. „Keine Sorge, ich verrate keinem was. Ich kann es nicht ausstehen, wenn andere petzen.“ Die Person lächelte, aber es war ein eigenartiges Lächeln. Aufgesetzt. Eine Spur zu sehr in die Breite gezogen. Mit einem Mal wurde Dottie bewusst, dass sie sich in der Mitte eines Sees befand, irgendwo weit oben in den Bergen. Im Geiste spielte sie alle möglichen Szenarien [= hier: eine Abfolge möglicher Ereignisse] durch und sie wusste, was in den nächsten Sekunden passieren würde. Ihr Herzschlag verlangsamte sich. Die Zeit geriet ins Stocken. Sie hatte viele Geschichten gelesen, in denen der Tod so präsent war wie eine der Hauptfiguren – nahezu greifbar. Und plötzlich schien er sich hier mit ihr im Raum zu befinden, ein lautloser Besucher. „Ich muss gehen“, sagte sie mit belegter Stimme. Sie machte einen Schritt auf die Luke zu, doch die Person bewegte sich in dieselbe Richtung. Sie waren wie Figuren auf einem Schachbrett, während das Spiel sich seinem unentrinnbaren Ende zuneigte. „Du weißt, ich kann dich nicht gehen lassen“, sagte die Person. „Ich wünschte, ich könnte es.“ Quelle: Maureen Johnson: Ellingham Academy 1. Was geschah mit Alice? Lege mithilfe des Textauszugs eine Sammlung spannender und anschaulicher Wörter und Wendungen an, die du im Laufe dieses Kapitels immer wieder ergänzt. Überlege dir, wie die Situation für Dottie ausgehen könnte. Mache dir Notizen auf den Schreibzeilen und schreibe das Kapitel in deinem Heft zu Ende. 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 N 4 N 5 7 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
RkJQdWJsaXNoZXIy MjU2NDQ5MQ==