am Puls 8, Schulbuch

Aufgaben 61 Vererbungsregeln und Humangenetik DNA-Fehler können sich in Körperzellen anhäufen Was macht eine normale Zelle zu einer Krebszelle? Bei Krebszellen ist die feine Abstimmung zwischen Teilung, Differenzierung und Zelltod außer Kraft gesetzt. Normalerweise überwachen bestimmte Gene den Zellzyklus (siehe S. 17), diese werden als Proto-Onkogene und Tumorsuppressorgene bezeichnet. Erstere regen den Zellzyklus an, zweitere hemmen diesen – vergleichbar mit Gaspedal und Bremse im Auto. Diese Gene steuern mit ihren Proteinprodukten die korrekte Basenpaarung in der DNA, halten den Zellzyklus gegebenenfalls an, bis Reparaturen ausgeführt sind, oder veranlassen die Apoptose, falls die DNA nicht repariert werden kann. In Krebszellen funktionieren die Signalwege, mit welchen der Zellzyklus gesteuert wird, nicht. Dadurch teilen sich Zellen auch weiter, selbst wenn die DNA Schäden trägt – oft sogar schneller oder häufiger als gesunde Zellen und ohne Rücksicht auf weitere Fehler. Wie entsteht nun Krebs und warum kommt es nicht zur Apoptose dieser Zelle? Ein Krebs auslösendes Onkogen1 entsteht durch Mutation aus einem Proto-Onkogen. Es sendet ständig Signale zur Zellteilung aus. Normalerweise leitet in so einem Fall der Gegenspieler, ein Tumorsuppressorgen, die Apoptose ein. Wenn auch dieses Gen durch eine Mutation funktionsunfähig geworden ist, teilt sich die Zelle – und gibt die Mutationen an die Tochterzellen weiter. Ein Tumor entsteht. Man geht davon aus, dass vier bis sieben Zufallsmutationen an verschiedenen Stellen im Erbgut notwendig sind, damit aus einer normalen Zelle eine Krebszelle wird. Krebserkrankungen betreffen Körperzellen, werden also nicht vererbt. Trotzdem gibt es erbliche Faktoren, die ein höheres Krebsrisiko bewirken. Diese sind auf Mutationen in der Keimbahn zurückzuführen. Sie führen zu einer Erkrankung, wenn weitere somatische Mutationen dazukommen. Auch Erbkrankheiten wie Trisomie 21 bewirken ein erhöhtes Krebsrisiko, ebenso wie manche Chromosomenmutationen (siehe Aufgabe 2). Neben der erblichen Komponente begünstigen auch Mutagene die Krebsentstehung. Wie du auf Seite 53 gelesen hast, können zB Chemikalien Mutationen auslösen. Besonders Stoffe im Zigarettenrauch haben sich als hoch karzinogen2 erwiesen. Auch kurzwellige elektromagnetische Strahlung (zB UV) hat diese Wirkung. Die Mutationen sammeln sich in den Zellen, und oft zeigt sich die Wirkung erst viele Jahre oder Jahrzehnte später (kAbb. 31). Die zentrale Behandlung von Krebs ist das chirurgische Entfernen des Tumors. Strahlen- und Chemotherapien (siehe am Puls 5, S. 42) werden eingesetzt, damit allfällige verbleibende Krebszellen, die sich bereits ausgebreitet haben, vernichtet werden. Dazu werden gegenwärtig neue Therapieformen erprobt, die auch auf dem immer besseren Verständnis der genetischen und molekularen Mechanismen von Krebs beruhen – ein Beispiel wird auf Seite 62 vorgestellt. 1 Onkogen: onkos (griech.) = geschwollen 2 karzinogen: karkinos (griech.) = Krebs Kommt es zu Mutationen bei Proto-­ Onkogenen und Tumorsuppressorgenen, entstehen Krebszellen Bestimmte erbliche Faktoren sowie Mutagene begünstigen das Entstehen von Krebszellen Abb.31: Das Ansammeln von Mutationen ist eine mögliche Ursache für das mit dem Alter steigende Risiko einer Krebserkrankung. Schäden durch Mutagene (zB Zigarettenrauch) wirken sich daher oft erst nach Jahrzehnten aus. Zygote begleitende (krebsunabhängige) Mutationen krebsfördernde Mutationen zelluläre Vorgänge (Replikationsfehler) äußere Einflüsse (Lebensführung, Umwelt) von der Tumorzelle ausgehende Veränderungen Zelle eines Säuglings Zelle eines Erwachsenen erste unkontrollierte Teilungen Zelle eines gutartigen Tumors Krebszelle 1 W/S Auch Viren können Krebs auslösen. Bekanntes Beispiel sind Humane Papillomviren (HPV), gegen die in Österreich seit 2006 ein Impfstoff verfügbar ist. Recherchiere zu den Impfmöglichkeiten, Kosten, Vorteilen und Risiken einer solchen Impfung. Informiere dich dann (gegebenenfalls bei deinen Eltern), ob du so eine Impfung erhalten hast bzw. überlege (gegebenenfalls zusammen mit mit deiner oder deinem Schul- oder Hausärztin/-arzt), ob du eine solche Impfung durchführen sollst. 2 W Lies die Bedeutung des Begriffs Philadelphia-­ Chromosom nach. Nenne die Mutationsart, die zum Philadelphia-Chromosom führt und die neuen Genprodukte, die dabei entstehen. Erkläre die onkogene Wirkung dieser Mutation und nenne die Krebsart, die dadurch ausgelöst wird. Steuerung und Regelung Viele Vorgänge in der Biologie werden durch das Gegenspiel von fördernden und hemmenden Faktoren gesteuert – man spricht von antagonistischer Wirkung. Du kennst das von Hormonen wie zB Insulin und Glukagon, die gegensätzliche Wirkungen haben und dadurch das Gleichgewicht im Zuckerhaushalt des Körpers regeln. Information und Kommunikation Wie bei gesunden Zellen kommunizieren auch Tumorzellen untereinander und mit dem umliegenden Gewebe. Diese interzelluläre Kommunikation erfolgt oftmals über Signalwege, also Kaskaden mehrerer Signale. Signalkaskaden ermöglichen vielfältige Regulierungsmöglichkeiten. Das Prinzip ist uns zB auch in der 6. Klasse bei der Wirkungsweise von Hormonen begegnet (siehe am Puls 6, S. 34 ff.). Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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