am Puls 8, Schulbuch

Aufgaben 56 Autosomal vererbte Erkrankungen Viele Erbkrankheiten haben eine lange Geschichte: Oft werden sie über Generationen von Eltern an Kinder weitergegeben. Dies lässt sich durch Auswertung von Familienstammbäumen verfolgen. Viele dieser Genveränderungen betreffen Gene, die auf Autosomen liegen. Beim autosomal-dominanten Erbgang führt ein mutiertes Gen zur Erkrankung, auch wenn das entsprechende Allel auf dem homologen Chromosom intakt ist (kAbb. 23a). Ein Beispiel wäre die Vielfingrigkeit (Polydaktylie), bei der die Betroffenen sechs Finger oder Zehen haben. Bei anderen Genveränderungen tritt die Erkrankung nicht schon von Geburt an in Erscheinung, sondern erst in späteren Entwicklungsphasen, wie zB bei Chorea Huntington. Bewegungsstörungen und psychische Symptome sind die ersten Anzeichen dieser schweren Nervenkrankheit, die meist erst zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr ausbricht und innerhalb von 15 Jahren zum Tod führt. Ausgelöst wird sie durch eine Genveränderung auf Chromosom 4, der zu einem giftigen Protein führt, das in der Zelle nicht abgebaut werden kann. Bei einem autosomal-rezessiven Erbgang kann eine gesunde Partnerin oder ein gesunder Partner die Mutation bei den gemeinsamen Kindern ausgleichen: Heterozygote haben ein gesundes Erscheinungsbild, können die Mutation aber verdeckt als genetische Überträger (oder Konduktoren1) an ihre Kinder weitervererben (kAbb. 23b). Beispiele sind Albinismus (siehe Aufgabe 2 auf S. 64) oder zystische Fibrose (auch bekannt als Mukoviszidose). Zystische Fibrose ist eine angeborene Stoffwechselerkrankung, bei der die Körpersekrete (Speichel, Schweiß) zu wenig Wasser enthalten und daher dickflüssig sind. Das führt zu Funktionsstörungen der Lunge, Bauchspeicheldrüse, Gallenwege, Schweißdrüsen und im Dünndarm. Diese polyphäne Wirkung wird von einem einzelnen mutierten Gen auf Chromosom 7 ausgelöst. Unbehandelt kann diese Erkrankung lebensbedrohlich sein. Zystische Fibrose gehört mit einer Häufigkeit von 1:2 500 zu den häufigsten Erbkrankheiten – etwa 4 % aller Menschen sind Übeträger des mutierten Allels. Eine weitere Erbkrankheit, die autosomal-rezessiv vererbt wird, ist die Phenylketonurie. Sie beruht auf einer Genmutation eines Gens auf Chromosom 12, das ein Enzym des Aminosäurestoffwechsels codiert. Bekannt sind über 400 Mutationen dieses Gens, und je nach Art der Mutation kann die Krankheit unterschiedlich stark ausgeprägt sein: Betroffene können die Aminosäure Phenylalanin nicht abbauen, aus der dann andere Verbindungen im Körper entstehen, die Entwicklungsstörungen, geistige Behinderung und Hautveränderungen bewirken können. Einige der schweren Folgen der Erkrankung können allerdings durch eine strenge Diät verhindert werden. Phenylketonurie tritt in Mitteleuropa mit einer Häufigkeit von ca. 1 :10 000 auf. 1 Konduktor: conducere (lat.) = mitführen; bezeichnet generell einen Überträger, nicht nur bei Erbkrankheiten sondern allgemein beim Übertragen von rezessiven Merkmalen Autosomale Genveränderungen können dominant oder rezessiv vererbt werden Abb.23: Autosomale Genveränderungen: Beispiele für einen autosomal-dominanten Erbgang (a) sind Vielfingrigkeit oder Chorea Huntington, für einen autosomal-rezessiven Erbgang (b) sind Albinismus oder zystische Fibrose. Beachte, dass das Geschlecht der Person hier keine Rolle spielt – bei beiden Erbgängen können Frauen wie Männer gleichermaßen erkranken. krank gesund gesund Überträger krank gesund Überträger krank beide Eltern Überträger (Konduktoren) Rr rr RR Rr Rr Rr dd dd Dd Dd Dd dd autosomal-dominanter Erbgang autosomal-rezessiver Erbgang 1 S Diagnose von Chorea Huntington: Eine Genanalyse schafft sofort und eindeutig Gewissheit, ob ein Kind das mutierte Allel von seinen Eltern vererbt bekommen hat. Das kann große Erleichterung bedeuten oder aber deprimierende Aussichten. Nimm zu solchen Genanalysen kritisch Stellung. 2 W/S Besonders gut lassen sich Erbkrankheiten bei Adeligen verfolgen, zum einen, weil hier die Stammbäume gut dokumentiert sind, und zum anderen, weil Heirat unter Verwandten relativ häufig war. Suche im Internet nach Beispielen, vergleiche und versuche, die Quellen hinsichtlich fachlichem Informationsgehalt und Richtigkeit zu beurteilen. Besprich die Ergebnisse in der Klasse. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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