am Puls 8, Schulbuch

42 2.2 Die Regeln der Vererbung „Erbsenzählen“ ist beinahe ein Synonym für eine kleinliche und langweilige Tätigkeit. Doch gerade mit dem Zählen von Erbsen konnte der Augustiner-Chorherr Gregor Mendel1 vor über 150 Jahren zeigen, wie sich Merkmale über Generationen hin zahlenmäßig verteilen und wiederkehren. Er untersuchte dies anhand von Erbsenpflanzen, die er künstlich bestäubte (kAbb. 2). Die Erbse (Pisum sativum) eignete sich gut als Versuchspflanze, da schon zu Mendels Zeit verschiedene Zuchtformen verfügbar waren. So gab es etwa Erbsen, die in Bezug auf die Samenform homozygot (reinerbig) waren: Mendel verwendete runde und runzelige Erbsensorten. Durch das Kreuzen (Bestäubung einer Blüte mit dem Pollen einer anderen Sorte) züchtete Mendel Mischsorten, die heterozygot (mischerbig) waren – bezogen auf das Merkmal der Samenform. Alle Erbsen, die aus dieser Kreuzung entstanden, waren rund. In dieser 1. Folgegeneration (F1) hatte sich also eine Merkmalsausprägung der Elterngeneration oder Parentalgeneration durchgesetzt, eben die runde Samenform. Mendel nannte diese Ausprägung dominant, die andere Form, die in der F1 nicht auftauchte (in diesem Fall die runzelige Form), nannte er rezessiv. Nun zog Mendel Erbsenpflanzen aus den Samen der F1 und züchtete daraus eine 2. Folgegeneration (F2) durch Inzucht. In der F2 tauchte das Merkmal, das in der F1 verschwunden war, wieder auf: Neben den runden Erbsen fanden sich auch runzelige. Heute sprechen Genetikerinnen und Genetiker salopp vom „Herausmendeln“ von Merkmalen, wenn verschwundene Merkmale in einer Folgegeneration wieder zur Ausprägung kommen. Um herauszufinden, ob Individuen hetero- oder homozygot sind, führte Mendel so genannte Rückkreuzungen durch: Dazu kreuzte er Individuen der F1 mit homozygot rezessiven Vertretern der P-Generation. Wenn aus einer Rückkreuzung ausschließlich Nachkommen mit dem rezessiven Merkmal hervorgehen, belegt das, dass die untersuchte Pflanze der F1 homozygot ist. Mendel führte seine Versuche mit rund 22 000 Erbsenpflanzen durch, er wertete – wie eingangs erwähnt – Zehntausende Samen (Erbsen) aus. Durch diesen quantitativen Zugang fand er, dass etwa drei Viertel der Erbsensamen der F2 das dominante Merkmal tragen, ein Viertel das rezessive. Aus diesen Erkenntnissen heraus formulierte Mendel bestimmte Regeln der Vererbung. Gregor Mendel entdeckte durch Kreuzungsversuche, dass bestimmte Merkmalsausprägungen dominant gegenüber anderen sind Abb.2: Kreuzungsversuche von Gregor Mendel: Mendel züchtete Erbsenpflanzen und zählte die Merkmalsträger in den Folgegenerationen. In der F1 prägt sich bei allen Pflanzen das dominante Merkmal aus (hier die runde Samenform), in der F2 tritt auch das rezessive Merkmal (hier die runzelige Samenform) wieder auf. P-Generation runde Erbsensorte künstliche Bestäubung runzelige Erbsensorte F1-Generation Pollen F2-Generation Die Staubbeutel werden abgeschnitten, um Selbstbestäubung auszuschließen. Der Pollen wird mit einem Pinsel auf die Narbe des Fruchtknotens der jeweils anderen Erbsensorte übertragen. Die F2-Samen sind rund oder runzelig, etwa in einem Zahlenverhältnis von 3:1. Alle F1-Samen sind rund. Die F1-Hybridpflanzen werden untereinander durch Selbstbestäubung gekreuzt. Pollen 1 Gregor Johann Mendel: 1822– 1884; Augustiner-Chorherr aus Brünn, der im Jahr 1865 die nach ihm benannten Vererbungsregeln veröffentlichte; Mendels Erkenntnisse wurden allerdings lange nicht beachtet, erst im Jahr 1900 wurde die große Bedeutung seiner Forschung erkannt (nachdem mehrere Wissenschafter Mendels Versuche unabhängig voneinander überprüft hatten). Dass Mendels Werk so lange nicht beachtet wurde, hat mehrere Gründe: Erstens veröffentlichte Mendel sie unter dem wenig sagenden Titel „Versuche über Pflanzenhybriden“, welcher nicht auf die genetisch interessanten Inhalte hinwies. Zweitens waren quantitative-statistische Methoden in der Biologie zu Mendels Zeit unbekannt, und auch die Benennung der Allele mit Groß- und Kleinbuchstaben wirkte damals abstrakt und eher hinderlich für das Verständnis. Vererbungsregeln beschreiben die Verteilung von Merkmalen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy MTA2NTcyMQ==