am Puls 8, Schulbuch

Aufgaben 32 Auch RNA kann vererbt werden Auf Seite 19 wurde das von Francis Crick aufgestellte zentrale Dogma der Molekularbiologie vorgestellt, wonach Information nur von DNA in RNA übersetzt wird und danach die Proteine synthetisiert werden. Dies stimmt zwar großteils, doch weiß man inzwischen, dass RNA auch selbst als Erbgut funktionieren kann. Wie auf der vorherigen Seite beschrieben, ist heute bekannt, dass auch epigenetische Informationen vererbt werden. Schon vor über einem Jahrzehnt haben Versuche an Mäusen gezeigt, dass eine Traumatisierung junger Mäusemännchen das Verhalten der Nachkommen beeinflusst – und zwar noch drei Generationen später! Der zu Grunde liegende Mechanismus läuft über mikro-RNA (siehe Seite 30) in Spermien: Als Folge des Traumas verändert sich der Mikro-RNA-­ Anteil, und auch mikro-RNA wirkt epigenetisch, und zwar permanent: Diese epigenetische Markierung bleibt auch nach der Befruchtung erhalten, wird also vererbt. Bei Menschen wurde dieser Mechanismus noch nicht direkt nachgewiesen. Wissenschafterinnen und Wissenschafter vermuten, dass diese Art von epigenetischer Vererbung auch bei Menschen existiert, nachdem Kinder von frühtraumatisierten Menschen selbst ein höheres Risiko für psychische Störungen zeigen. Ein deutlicher Hinweis ist etwa eine 2016 publizierte internationale Untersuchung von Holocaust-Überlebenden, die zeigt, dass schwere Traumatisierungen epigenetische Effekte haben können. Mikro-RNA kann epigenetische Änderungen hervorrufen und über Spermien vererbt werden Retrogene – RNA wird in DNA umgeschrieben Es gibt noch einen weiteren Vorgang, der dem zentralen Dogma widerspricht – die reverse Transkription (siehe S. 21). Dabei wird RNA zu DNA umgeschrieben. Diese revers-transkribierte RNA kann dann als DNA ins Genom integriert werden. Man nennt diesen Vorgang Retroposition, die revers-transkribierten Gene werden als Retrogene bezeichnet (kAbb. 28). Der Einbau des neuen Doppelstrangs erfolgt aber zufällig, kann also „richtig“ oder „verkehrt“ eingebaut werden. Wird er verkehrt eingebaut, entsteht bei der Transkription eine „verkehrte“ mRNA, die zur ursprünglichen komplementär ist und sich mit dieser zu einem RNA-Doppelstrang verbindet. Damit kann keine Translation mehr erfolgen, das Protein wird nicht hergestellt. Das heißt, Retrogene haben oft eine schädliche Wirkung. Heute ist bekannt, dass Retroposition relativ häufig passiert: In Studien mit Mäusen konnte nachgewiesen werden, dass jede Maus durchschnittlich ca. 200 Retrogene im Genom trägt. Bei diesen Studien wurde allerdings auch deutlich, dass Retrogene in jeder Population sehr schnell neu entstehen, aber ebenso schnell auch wieder verloren gehen. Das liegt daran, dass Retroposition im gesamten Körper zwar häufig ist, aber die Keimzellen selbst nur sehr selten betroffen sind (diese sind ja auch nur sehr wenige im Vergleich zu allen anderen Körperzellen). Deshalb werden Retrogene nur in sehr geringem Ausmaß vererbt. Revers-transkribierte RNA kann als DNA in das Genom integriert werden Abb.28: Entstehung von Retrogenen. Durch reverse Transkription entsteht DNA, die in das Genom eingebaut werden kann (Retroposition). An die RNA bindet eine t-RNA und „zündet” die DNA-Synthese durch die Reverse Transkriptase. Beim Fortschreiten der DNA-Synthese wird die bereits abgelesene RNA-Matrize abgebaut … … nur ein kurzer RNA-Bereich bleibt erhalten und dient als Primer für den komplementären DNA-Strang. Die neue DNA kann nun in das Genom integriert werden. Reverse Transkriptase komplementär ergänzte DNA tRNA als Primer Viren-RNA 5’ 3’ 5’ 3’ 5’ 5’ 3’ 3’ 5’ 3’ 3’ 5’ 1 E/S Der Nachweis, dass mikro-RNA den epigenetischen Boten darstellt, wurde mit folgendem Experiment erbracht: Gapp, K.; Jawaid, A.; Sarkies, P.; et al.: Implication of sperm RNAs in transgenerational inheritance of the effects of early trauma in mice. In: Nature Neuroscience. 2014, I. 17, p. 667–669. Dabei wurde mikro-RNA aus Spermien von traumatisierten Mäusen isoliert. Diese wurde in befruchtete Eizellen von Mäuseweibchen injiziert, die von nicht-traumatisierten Männchen befruchtet wurden. Formuliere mögliche Ergebnisse, und gib an, welche Schlüsse man daraus ziehen kann. Überprüfe dein Ergebnis, indem du die genannte Arbeit im Internet suchst und das Abstract liest. 2 S Im Text wird genannt, dass der Zusammenhang von epigenetischer mikro-RNA-Vererbung und Verhaltensauffälligkeiten der Nachkommen zwar bei Mäusen, aber noch nicht bei Menschen nachgewiesen wurde. Ist dieser Nachweis bei Menschen problematisch? Stellt dies eine Grenze der Forschung dar? Beurteile dies. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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