am Puls 8, Schulbuch

29 Grundlagen der Genetik Regulation der Genexpression bei Eukaryoten Im Vergleich zu den Prokaryoten ist der Weg von der DNA bis zum fertigen Protein deutlich länger und komplizierter, wie du an der Übersicht in Abbildung 25 sehen kannst. Zum einen ist bei Eukaryoten die DNA zu Chromosomen verpackt; zum anderen erfolgt die Transkription im Zellkern, die Translation aber im Zytoplasma, das heißt, die mRNA muss erst transportiert werden. Schließlich existiert der zusätzliche Schritt der RNA-Prozessierung. An all diesen Punkten kann die Zelle nun regulierend eingreifen. Erstens wird die Aktivität dadurch reguliert, wie dicht die DNA gepackt ist (kAbb. 25a). Schon im Lichtmikroskop kann man intensiver gefärbte Bereiche der DNA erkennen. Sie sind besonders stark spiralisiert und genetisch wenig aktiv, das heißt, hier findet wenig Genexpression statt. DNA-Abschnitte können auch durch Enzyme chemisch abgewandelt werden, etwa durch Methylierung von Basen kann die DNA in einem Bereich inaktiviert werden. Bei der Methylierung werden durch Enzyme –CH3-Gruppen angelagert (siehe S. 31). Wie auch bei Prokaryoten ist die Transkription eine wichtige Ansatzstelle für Regulation (kAbb. 25b). Neben den vorher beschriebenen Promotor- und Operator-Bereichen gibt es andere Stellen in der DNA, an die Regulatorabschnitte binden können: Enhancer1 verstärken die Wirkung des Promotors, Silencer2 vermindern diese. Diese Regulatorabschnitte können weit entfernt vom eigentlichen Gen liegen (sogar auf anderen Chromosomen), kommen aber durch Verschlingungen der DNA miteinander in Kontakt und sorgen für die Aktivierung bzw. Stillschaltung eines Gens. Verschiedene Proteine, die Transkriptionsfaktoren, können an DNA-Bereichen wie Promotoren, Enhancern oder Silencer binden und so die Genexpression weiter regulieren. Auch nach der Transkription kann regulatorisch eingewirkt werden, indem die RNA unterschiedlich gespleißt wird (kAbb. 25c). Die dabei entstehenden RNA-Schnipsel können später an mRNA binden und eine Translation verhindern (RNA-Interferenz, siehe S. 30). Außerdem erreichen nicht alle mRNA-Moleküle die Ribosomen – manche werden vorher zerschnitten (kAbb. 25d). Umgekehrt kann die Produktion von Proteinen deutlich gesteigert werden, indem gleich mehrere Ribosomen hintereinander ein mRNA-Molekül ablesen (solche Ribosomen-Gruppen werden Polysom genannt). Zu den hier beschriebenen Mechanismen kommt noch eine Regulationsmöglichkeit auf Ebene der Proteine dazu. Die Proteine können chemisch abgewandelt werden (posttranslationale Veränderung, kAbb. 25f). Schlussendlich kann die Zelle auch über den Abbau von Proteinen regulativ eingreifen (kAbb. 25g). Du siehst anhand dieser Beispiele, dass die Steuerung und Regulation der Genexpression bei Eukaryoten ein sehr komplexer Prozess ist. Entsprechend sind diese Abläufe von Genetikerinnen und Genetikern heute nur oberflächlich verstanden. Dieser Bereich der Genetik ist daher ein sehr aktiv untersuchtes Forschungsfeld. 1 Enhancer: enhance (engl.) = verstärken; kurze DNA-­ Abschnitte, die als Verstärker dienen, also die mRNA-­ Produktion erhöhen 4 Silencer: silence (engl.) = zum Schweigen bringen, abdämpfen; kurze DNA-Abschnitte, die die mRNA-Produktion bremsen können Bei Eukaryoten kann die Genexpression an vielen Stellen reguliert werden. Regulation erfolgt über die Packung der DNA, Steuerung der Transkription, der RNA-Prozessierung und der Translation sowie der fertigen Proteine Steuerung und Regelung Bei Eukaryoten kann die Steuerung und Regulation der Genexpression auf sehr vielen Ebenen erfolgen. Dementsprechend kann die Zelle sehr fein abgestuft regulieren. Das hat damit zu tun, dass die Zellen der Eukaryoten sowohl funktionell als auch strukturell sehr viel komplizierter sind als die der Prokaryoten. Zudem gibt es auch vielzellige Eukaryoten, die sehr verschiedene Zelltypen aufweisen, die wiederum ganz unterschiedliche Proteine herstellen müssen. Außerdem ist es nötig, dass die Zellen nicht nur „alleine“ funktionieren, die Regulation erfolgt auch zwischen den Zellen. prä-mRNA RNA-Prozessierung mRNA Entpackung der DNA Transkription Transportkontrolle Translation posttranslationale Veränderung Proteinabbau Abb.25: Regulation der Genexpression bei Eukaryoten: Auf dem Weg vom Gen zum Protein kann an unterschiedlichen Ebenen regulierend eingegriffen werden. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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