am Puls 8, Schulbuch

146 gv-Pflanzen, Herbizidresistenz und Saatgutabhängigkeit Der Einsatz von gentechnisch veränderten Pflanzen ist umstritten. Einerseits haben diese neuen Sorten unbestreitbare Vorteile. So finden sich auf den Äckern vieler Länder mittlerweile Pflanzen, die auf salzigen Böden wachsen können, die gegen Insekten Gifte produzieren oder deren Früchte mehr Öl oder Zucker enthalten (kS. 138, Abb. 15; S. 139, Abb. 17). Andererseits könnte es zu einer Auskreuzung der Fremdgene kommen, besonders dann, wenn um die Äcker mit gv-Pflanzen ähnliche Arten wachsen. Möglicherweise werden auch Markergene wie Antibiotikaresistenzen auf Wildpflanzen übertragen. Zudem sind viele gv-Pflanzen steril. Daher muss eine Landwirtin oder ein Landwirt das entsprechende Saatgut immer wieder neu von dem jeweiligen Saatgutkonzern erwerben. Das trifft allerdings auch oft bei konventioneller Hybridzüchtung zu (siehe S. 127). Derzeit besonders umstrittenen sind Glyphosat-resistente gv-Pflanzen: Solche Pflanzen überleben eine Behandlung mit Herbiziden wie „Roundup“, die den Wirkstoff Glyphosat enthalten. Dieses Totalherbizid tötet hingegen alle Pflanzen und damit auch Wildkräuter, die im Acker Feldfrüchten wie Mais oder Raps (kAbb. 23) Nährsalze und Platz wegnähmen. Nun ist der Konzern, der diese resistenten Pflanzen verkauft, zugleich weltgrößter Hersteller für Glyphosat. Damit kann diese Firma einerseits eine in der Anwendung auf dem Acker praktische Kombinationslösung anbieten, andererseits auch die Preise diktieren. Gleichzeitig werden Herbizide ebenso in der konventionellen Landwirtschaft und im öffentlichen Raum zur Bekämpfung von Wildkräutern eingesetzt. Zur Zeit gibt es eine intensive Auseinandersetzung zwischen dem Hersteller, verschiedenen Forschungsteams, internationalen Organisationen und eventuell durch Glyphosat geschädigten Personen darüber, ob dieses Herbizid Krebs hervorruft. Erste Schadensersatzansprüche in Millionenhöhe sind in den USA von Gerichten bereits bewilligt worden. Die grüne Gentechnik kann Probleme lösen, aber auch neue schaffen Abb.24: Ausbringen von Herbiziden in einem Rapsfeld. Gibt es ein „Recht auf Gene“? Die US-amerikanische Biotechfirma Myriad Genetics war entscheidend an der Entdeckung des „Brustkrebs“-Gens BRCA1 beteiligt. 2004 übergab die Firma ihre US-Patentrechte daran an die Universität von Utah. 2008 erhielt diese vom Europäischen Patentamt zusätzlich das Recht an BRCA1 für Europa. Die Universität Utah konnte damit für jeden BRCA1-Test Lizenzgebühren fordern – was sie in den USA, nicht aber in Europa getan hat. Folglich kostete ein BRCA1-Test in Europa bis zu 1 500 Euro, in den USA aber deutlich mehr. Darf man auf ein Gen ein Patent anmelden? Die Entscheidung ist nicht einfach. Schließlich kostet die Entwicklung von Tests und Medikamenten sehr viel Geld. Im Fall von genetisch verursachten Krankheiten ist zudem die Identifikation der entsprechenden Mutationen oft sehr zeit- und kostenintensiv. Ohne Patentrechte, und damit die Möglichkeit, mit darauf basierenden Tests oder Medikamenten Gewinne zu erzielen, würden viele davon vermutlich nicht entwickelt werden. Dennoch stellt sich die grundsätzliche Frage, ob man ein natürlich vorkommendes Gen oder gar Lebewesen patentieren kann. Diese Überlegung hat sogar volkswirtschaftliche Bedeutung: Mehrere Schwellenländer wie Brasilien haben die Erfahrungen gemacht, dass westliche Pharmakonzerne in ihren Urwäldern nach Pflanzen oder Tieren mit neuen Wirkstoffen forschten, letztlich aber nicht bereit waren, Gewinne von daraus entwickelten Medikamenten mit den Ländern zu teilen, in denen sie diese Wirkstoffe entdeckt hatten. In den USA hat der Oberste Gerichtshof mittlerweile entschieden, dass menschliche Gensequenzen nicht patentierbar sind. Daraufhin fiel dort der Preis für den BRCA1-Test deutlich. Das Europäische Patentamt erteilt nach wie vor Patente auf menschliche Gene, sofern deren „Aktivität in der Patentanmeldung beschrieben wurde und nicht naheliegend ist.“ Patente auf Gene könnten zu teuren Gentests oder Medikamenten führen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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