am Puls 8, Schulbuch

Aufgaben 143 Bio- und Gentechnik Stammzelltherapie und virale Genfähren – Chancen und … Könnte man die Gentechnik nutzen, um genetisch bedingte Krankheiten zu heilen? Bereits um die Jahrtausendwende herum gab es Therapieansätze für Kinder, die an X-chromosomaler schwerer kombinierter Immundefizienz (X-SCID) litten. Sie müssen in einer sterilen Umgebung leben, da ihr Immunsystem nicht funktioniert und haben eine kurze Lebenserwartung. Den Kindern wurden blutzellbildende Stammzellen entnommen, die man von einem entschärften Virus infizieren ließ. „Entschärft“ heißt, dass krankmachende Gene aus dem Erbgut des Virus entfernt wurden. Die virale Gentherapie nutzt die Fähigkeit von Viren, ihr Erbgut in das Genom der befallenen Wirtszelle einzusetzen. In diesem Fall ging es um das Gen IL-2 RG. Es stellt einen Rezeptorteil her, der für die Bildung von Abwehrzellen entscheidend ist. Erfolgreich transformierte Blutstammzellen gelangten danach per Infusion zurück in den Körper der jungen Patientinnen und Patienten und konnten dort die Entwicklung eines normalen Immunsystems in Gang bringen (kAbb. 21). Bei der Gentherapie wird ein funktionierendes Gen mittels viraler Vektoren in das Genom eines Menschen eingesetzt Mit Vektoren (hier Viren) wird das Gen für das fehlende Genprodukt auf die Stammzellen übertragen. Die transgenen Zellen werden isoliert und zurück übertragen, damit sie in der Patientin/ im Patienten das fehlende Genprodukt bilden. Stammzelle Virus Membranrezeptor Adulte Stammzellen werden dem roten Knochenmark einer Patientin/eines Patienten entnommen und vermehrt. Abb.22: Bei der somatischen Gentherapie werden teilungsfähige Körperzellen entnommen, transformiert und übertragen. … Risiken Allerdings erkrankten einige der behandelten Kinder an Leukämie. Denn bei der viralen Gentherapie kann man nicht kontrollieren, wo ein Gen eingebaut wird. Möglicherweise bewirkte der Einbau von IL-2 RG in der Nähe eines Promoters von einem Krebs-fördernden Gen dessen Anschalten. Neuere Genfähren scheinen dieses Risiko zu mindern. Alternativ werden virale Genfähren verwendet, die das gewünschte Gen nicht in das Wirtsgenom einbauen, sondern es als Episom (eigenständiges genetisches Element) im Zellkern hinterlassen. Diese Therapie muss jedoch alle paar Jahre erneuert werden, weil ein Episom als Fremdkörper von der Zelle nicht vermehrt wird. Dennoch besteht auch hier ein weiteres Risiko: War die Patientin/der Patient bereits zuvor mit einem vergleichbaren Virus in Kontakt genommen, kann es aufgrund der hohen Viruszahl bei der Therapie zu einer potenziell tödlichen Immunreaktion kommen. Daher wird in der Gentherapie seit einiger Zeit nach Alternativen gesucht, etwa dem Einsatz von Plasmiden oder Oligonukleotiden (zB bei zystischer Fibrose oder Diabetes). In diesem Forschungsfeld hat sich in den letzten Jahren viel getan. Stand 2024 haben 15 Oligonukleotide für Gentherapien in diversen Ländern eine Marktzulassung erhalten (Lauffer, M. C.; van Roon-Mom, W.; Aartsma-Rus, A.: Possibilities and limitations of antisense oligonucleotide therapies for the treatment of monogenic disorders. In: Communications Medicine. 2024, I. 4.). Der unkontrollierte Einbau eines Gens mittels Genfähre kann Krebs hervorrufen 1 W Liste in Form einer Tabelle auf, was der Agrobacterium-vermittelte und der virale Gentransfer gemeinsam haben und worin sie sich unterscheiden. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy MTA2NTcyMQ==