Aufgaben 129 Bio- und Gentechnik Zuchtziele bei Hunden Das erste Haustier des Menschen war vermutlich der Hund. Durch Domestizierung des Wolfes wurde daraus vor etwa 40 000 Jahren ein Tier, das dem Menschen als Wach- und Jagdhund diente. Friedfertigkeit und Gehorsam gegenüber dem Halter dürften wesentliche Selektionsmerkmale gewesen sein. Dackel, Schäferhund, Bernhardiner, Husky – heute gibt es mehr Hunderassen als Länder. Die Fédération Cynologique Internationale, die wichtigste internationale Vereinigung zu Hunden, listete 2024 356 Hunderassen auf, davon 13, deren Status noch geprüft wird. Die meisten Haushunde gäbe es ohne Züchtung nicht. Sie sind das Produkt einer teilweise jahrhundertealten Selektion durch den Menschen. Beispiel Dackel: Dessen Vorfahren waren vermutlich Hunde der Rasse der Bracken. Sie besaßen bereits recht kurze Läufe (Beine), Hängeohren, einen hervorragenden Spürsinn und eine stark ausgeprägte Wildschärfe1. Wahrscheinlich im Mittelalter gelang es, daraus eine Rasse mit leichterem Körperbau und noch kürzeren Beinen zu erzeugen, so dass die Tiere in die Baue von Füchsen und Dachsen eindringen konnten. Aus dem Jagdhund von einst ist heute ein beliebter Haushund geworden. Doch manche Züchtungen bedeuten für ein Tier viel Leid. So hört man bei etwa zwei Dritteln aller Möpse und Französischen Bulldoggen deutliche Atemgeräusche. Von Geburt an leiden viele dieser Tiere an chronischer Atemnot, denn sie wurden gezüchtet, um dem Kindchen-Schema zu entsprechen: vergleichsweise großer Kopf mit starker Stirnwölbung, große Augen, kleine Extremitäten etc. (kAbb. 4). Die Zucht hin zur Stupsnase hat negative Begleitfolgen: Das Rachengewebe, das ursprünglich auf eine lange Schnauze verteilt war, hat nun sehr wenig Platz. Dadurch werden die Atemwege von Hautlappen blockiert. In Österreich gilt dies als Qualzucht und ist damit eigentlich verboten (§ 5 Tierschutzgesetz). Trotzdem nimmt die Zahl der betroffenen Tiere stetig zu. Bei allen Züchtungen muss sich der Mensch fragen, wieviel Tierleid für die Selektion auf bestimmte Merkmale in Kauf genommen werden darf. Schließlich haben viele Menschen große Freude an ihren Haustieren – die sollte nicht durch falsche Züchtung getrübt werden. 1 Wildschärfe: Ausdruck der Jägersprache; bezeichnet die Eignung eines Hundes, ein gejagtes Tier schnell und sicher zur Strecke zu bringen, wenigstens aber für den Jäger oder die Jägerin zu stellen Der Dackel wurde für die Jagd auf Füchse und Dachse selektiert Abb.4: Mops. Die Form des Schädels ist das Resultat von Züchtungen auf das Kindchenschema. Züchtung gibt es auch in der Öko-Landwirtschaft Die Frage des Tierwohls beschäftigt auch Züchterinnen und Züchter im ökologischen Landbau. Dabei wird die natürliche Begattung („Natursprung“) der künstlichen Besamung vorgezogen und biotechnologische Vermehrungspraktiken wie Klonen abgelehnt. Das vorrangige Zuchtziel ist nicht die kurzfristige Erzeugung maximaler Erträge (zB Milchleistung), sondern eine standortangepasste und langlebige Nutzung der Tiere. Im Vergleich zu konventioneller Tierzucht und Tierhaltung steht eine ökologische Tierzucht wegen höherer Standards vor besonderen Herausforderungen. Beispielsweise wird auf höchstwertiges Kraftfutter und reine Stallhaltung verzichtet. Die Zucht in der ökologischen Tierhaltung wird zudem durch die oft geringe Anzahl der Tiere auf einem Hof erschwert. Der Weg zu ökologischer Tierzucht in großem Maßstab ist zB bei Hühnern noch weit. Denn die zur Verfügung stehenden Hochleistungsrassen werden von wenigen globalen Unternehmen angeboten. Deshalb nutzen viele Bio-Betriebe die gleichen Tiere aus Hybridzucht wie ihre industriellen Konkurrenten: Legelinien für die Eierproduktion und Mastlinien für die Fleischproduktion. Zwar werden die Tiere besser gehalten, aber auch in der Zucht sollten entsprechende Standards gelten. Tierwohl vor Ertrag, aber Abhängigkeit von Großzüchtern 1 W/S Recherchiere nach Beispielen für Qualzucht (zB bei Katzen, Wellensittichen, Hunden). Schreibe einen kurzen Text dazu – für Kinder, die ein Haustier erwerben wollen. Beschreibe dabei, welche Merkmale bei dem von dir gewählten Beispiel auf Qualzucht hinweisen, nenne Alternativen und begründe, warum du vom Kauf einer bestimmten Rasse abrätst. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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