Aufgaben 128 Wie bei den Pflanzen gibt es in der Tierzucht Auslese-, Kreuzungs- und Hybridzüchtung. Letztere wird in der Tierzucht oft als „Gebrauchszüchtung“ bezeichnet. Bei der Domestizierung1 des Auerrinds vor ca. 10 000 Jahren ging es vermutlich zunächst darum, Tiere zu schaffen, die man für Arbeiten wie das Pflügen einsetzen konnte. Schließlich war das Auerrind mit den großen, spitzen Hörnern gefährlich. Genetische Untersuchungen eines internationalen Forschungsteams lassen darauf schließen, dass die heutigen Hausrindrassen von 80 Auerrindkühen im Nahen Osten abstammen – und dass es ungefähr 2 000 Jahre dauerte, bis aus dem wilden Auerrind das weitgehend zahme Hausrind geworden war. Nach erfolgreicher Domestizierung dürften sich die Zuchtziele geändert haben: Es wuchs nun das Interesse an Fleisch- und Milchproduktion. Das brachte anatomische Veränderungen mit sich: Der Rumpf wurde länger und massiger, die Beine kürzer, das Euter voluminöser. Bei einigen Rassen sind die Hörner verkleinert. Die mit Abstand wichtigste Rasse mit ca. 1,4 Mio. Tieren (75 % aller Rinder) ist in Österreich das Fleckvieh (kAbb. 2). Laut Rinderzucht Austria ermöglicht Fleckvieh „effiziente Milchviehhaltung mit robusten und anpassungsfähigen Kühen”, kann „Milch und Fleisch in höchster Qualität” produzieren, und erfülle somit die „Anforderungen an Tierwohl und Klimawirkung perfekt”. Das Fleckvieh ist sehr anpassungsfähig, fruchtbar und langlebig. Derzeit liegt das Augenmerk bei der weiteren Züchtung zu 38 % auf der Milch-, zu 18 % auf der Fleischproduktion und zu 44 % auf der Fitness. Erwünscht sind Kühe mit einer Milchabgabe von mindestens 7000 Kilogramm pro Jahr und einem Gehalt von 4,2 % Fett und 3,7% Eiweiß. Diese Zahlen verdeutlichen, wie stark Nutztiere zu einer Art Lebensmittelfabrik geworden sind. Das wird noch klarer, wenn du die Grafik in Abbildung 3 betrachtest. Die Milchleistung österreichischer Kühe wurde in den vergangenen Jahrzehnten enorm gesteigert. Das liegt allerdings auch am Kraftfutter und der intensiven Haltung (siehe am Puls 5). Kühe in extensiver Haltung liefern oft wesentlich weniger Milch. Die Steigerung der Milchproduktion betrug seit 1950 im Schnitt 67kg pro Kuh und Jahr. 1 Domestizierung (oder Domestikation): domesticus (lat.) = häuslich; Zuchtprozess, bei dem aus wilden Tieren und Wildpflanzen Nutztiere bzw. Nutzpflanzen erzeugt werden: Dafür ist eine genetische Isolierung von den wilden Formen sowie ein Ausleseprozess für bestimmte Merkmale (zB „Friedfertigkeit“) nötig. Aus dem wilden Auerrind züchtete der Mensch das Hausrind; es konnte Arbeit verrichten und ist ein wichtiger Milch- und Fleischlieferant Variabilität, Verwandtschaft, Geschichte und Evolution Züchtung ist eine vom Menschen gesteuerte gerichtete Evolution. Bestimmte Merkmale werden positiv (gewollt) oder negativ (ungewollt) selektiert. Dadurch wird die Variabilität verringert (Aussterben alter Sorten) oder erhöht (Erzeugen neuer Sorten aus einer Stammlinie). Letztlich werden bei der Züchtung Lebewesen mit neuen Eigenschaften hervorgebracht. Abb.2: Oben: Fleckvieh, unten: Braunvieh. Jahre 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020 1950 2 000 3 000 4 000 5 000 6 000 7 000 8 000 9 000 Milchleistung in kg Abb.3: Entwicklung der Milchleistung pro Kuh und Jahr (Quelle: Zentrale Arbeitsgemeinschaft Österreichischer Rinderzüchter). Die Milchleistung wird in Kilogramm angegeben. Zuchtziele beim Rind 1 S Liste mögliche Zuchtziele für eine von dir gewählte Nutzpflanzen- oder Nutztierart auf. Begründe deine Wahl. Recherchiere, ob diese Ziele tatsächlich in der praktischen Züchtung von Interesse waren oder sind. 2 S Die Förderung eines Merkmals in der Zucht kann dazu führen, dass ein anderes Merkmal darunter leidet (zB erhöhte Samenproduktion, dafür aber höherer Wuchs). Erstelle eine Hypothese, was eine erhöhte Milchleistung für eine Kuh bedeuten könnte und überprüfe dies durch Recherchen. Verwende dabei Quellen, die einen wissenschaftlichen Anspruch haben, zB Stellungnahmen von Tierärztekammern, veröffentlichte und begutachtete wissenschaftliche Artikel etc. Lies mehrere Quellen und vergleiche, ob sie zu ähnlichen Bewertungen kommen. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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