am Puls 8, Schulbuch

Aufgaben 123 Die Entstehung der Artenvielfalt Blick in die Forschung Koevolution von Pflanzen und Bestäubern Artbildung bei den Ragwurzen Damit Pflanzen sich sexuell fortpflanzen können, ist oft ein weiterer Beteiligter nötig: Der Pollen einer Pflanze muss irgendwie auf die Narbe einer anderen Pflanze derselben Art übertragen werden. Viele Pflanzenarten bedienen sich dabei der Hilfe von Tieren, meist von Insekten, die sie mit Hilfe unterschiedlicher Tricks anlocken. Pflanzen bieten zB süßen Nektar an, und während die Tiere sich diesen holen, nehmen sie den Pollen auf und verbreiten ihn so weiter. Dabei haben sich durch Koevolution häufig sehr spezielle Pflanze-Tier-Paare gebildet. Bei manchen Arten ist die Spezialisierung so weit fortgeschritten, dass nur eine einzige Art als Bestäuber geeignet ist (kS. 116, Abb. 13). Evolutionsbiologinnen und -biologen an der Universität Zürich forschen an zwei sehr eng verwandten Ragwurzarten, die von zwei unterschiedlichen Bienenarten bestäubt werden: Der Spinnenragwurz (Ophrys sphegodes) und der Adriatischen Ragwurz (Ophrys exaltata). Die Ragwurzen gehören zu den Orchideen und locken ihre Bestäuber durch ihr insektenähnliches Aussehen und durch Sexuallockstoffe, die sie produzieren, an. Die Bienenmännchen halten die Blüten der Orchideen aufgrund des Dufts und Aussehens für Bienenweibchen und versuchen, sich mit ihnen zu paaren – dabei übertragen sie den Pollen. Unterschiedliche Bestäuberinsekten führen dazu, dass die Artgrenze zwischen den beiden eng verwandten Ragwurz-­ Arten aufrechterhalten bleibt und dass es zu keiner Vermischung der Genpools kommt. Die Forscherinnen und Forscher konnten zeigen, dass nur geringe molekulare Unterschiede in den Sexuallockstoffen der beiden Ragwurz-Arten für das Anlocken der unterschiedlichen Bienenarten verantwortlich sind. Die Duftstoffe unterscheiden sich in ihrer chemischen Struktur geringfügig in der Position ihrer Doppelbindungen. Verursacht werden diese Unterschiede durch ein bestimmtes Gen mit dem Namen SAD2, das für ein Protein codiert, das Doppelbindungen eingefügen kann. Dieses Gen funktioniert also als „Barriere-Gen“, das dank der unterschiedlichen Sexuallockstoffe, die so produziert werden, zur Anlockung von zwei verschiedenen Bienenarten führt. So wird eine Reproduktionsbarriere zwischen den beiden Ragwurz-Arten erzeugt und aufrechterhalten. Dieses Beispiel zeigt, dass bereits eine Mutation, die ein Gen, oder wenige Gene, betrifft, und eine kleine biochemische Änderung verursacht, ausreichen kann, um den Genfluss zu unterbrechen, Reproduktionsbarrieren zu schaffen, und so zum Entstehen von neuen Arten zu führen. Abb.22: Spinnenragwurz und Adriatische Ragwurz. Diese beiden eng verwandten Arten gehören zu den Orchideen. 1 E Diskutiere, um welche Form der Artbildung (allopatrisch vs. sympatrisch) es sich im Beispiel der Ragwurzen handelt. Lies dazu noch einmal die Definitionen der allopatrischen und sympatrischen Artbildungen auf den Seiten 112–113 nach. 2 W Die Hummel-Ragwurz, eine heimische Orchideenart (kAbb. 23), ahmt mit einem Blütenblatt den Geschlechtspartner von Hummeln nach. Außerdem sendet sie einen Stoff aus, der dem Sexuallockstoff der Hummeln entspricht. Erkläre, wie diese Merkmale durch Koevolution entstanden sind. Finde den wissenschaftlichen Namen dieser Pflanze heraus. 3 W Suche im Internet nach der Studie zum Thema Bestäubung mit dem Titel Bees diversified in the age of eudicots, der im Journal Proceedings of the Royal Society B erschienen ist. Lies den Abstract, also die Zusammenfassung des Artikels, und erkläre, weshalb es bei den Bienen zu einer Zunahme der Artenvielfalt vor ca. 123 Mio. Jahren kam. Abb.23: Hummel-Ragwurz. Variabilität, Verwandtschaft, Geschichte und Evolution Eine geographische Barriere ist nicht unbedingt notwendig, damit neue Arten entstehen können. Auch eine kleine Mutation, die Einfluss auf den Genfluss in einer Population hat und eine Reproduktionsbarriere innerhalb der Population erzeugt, kann zu einer Artbildung führen. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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