am Puls 8, Schulbuch

Aufgaben 111 Die Entstehung der Artenvielfalt Populationen können sich auseinanderentwickeln Arten können also auf verschiedene Weise definiert werden. Aber wie können neue Arten entstehen? Die gemeinsame Fortpflanzung ist ein Kriterium, um eine Art zu definieren. Entsprechend kann das Auftreten von Fortpflanzungs- oder Reproduktionsbarrieren zur Trennung einer Population in zwei Arten führen. Eine vollständige Reproduktionsbarriere besteht, wenn es zwischen zwei Gruppen von Individuen keine Verpaarung gibt, und selbst wenn diese stattfände, die Spermien und Eizellen inkompatibel sind. Dies lässt sich mit Hilfe des folgenden Beispiels illustrieren. In Europa kommen zwei Unkenarten vor (kAbb. 4), die Gelbbauchunke im Westen und die Rotbauchunke im Osten. Beide sind aus einer gemeinsamen Vorläuferart entstanden; man bezeichnet sie daher als Schwesterarten1. In ihren ökologischen Ansprüchen (zB Ernährung, Lebensraum) unterscheiden sie sich kaum. Dort wo die Verbreitungsgebiete aneinandergrenzen, zB in Österreich, Rumänien und Polen, kreuzen sie sich gelegentlich. Es kommt so zur Bildung von so genannten Hybriden. Als Hybride bezeichnet man Nachkommen, die aus einer Kreuzung von zwei Arten entstehen. Im Beispiel der Unken sind die Hybride fruchtbar, weisen aber eine erhöhte Sterblichkeit auf. Dass Hybride auftreten können, wirkt auf den ersten Blick verwirrend. Eine biologische Art wird schließlich dadurch definiert, dass ihre Individuen untereinander kreuzbar sind, aber nicht mit Individuen anderer Arten (siehe S. 110). Für Evolutionsbiologinnen und -biologen hingegen ist diese Unschärfe an der Grenze zwischen zwei nah verwandten Arten spannend: Der Prozess der Artbildung ist hier noch nicht ganz abgeschlossen. Erst an dessen Ende steht das, was wir als zwei getrennte Arten kennen: Die Individuen der beiden Arten können keinen gemeinsamen Nachwuchs zeugen, da zwischen ihnen eine vollständige Reproduktionsbarriere entstanden ist, die auch eine Hybridbildung verhindert. Bei Gelb- und Rotbauchunke greifen Reproduktionsbarrieren offensichtlich nur zum Teil. Auch Löwe und Tiger bilden ein solches Paar. Sie können in Gefangenschaft gemeinsame Nachkommen hervorbringen, die aber nur eine geringe Lebensdauer haben. Die Hybride von Pferd und Esel hingegen, Maultier und Maulesel, sind zwar robust, aber unfruchtbar. Bei Pflanzen kommt Hybridisierung relativ häufig vor. Manchmal stellen die entstandenen Hybride sogar fortpflanzungsfähige neue Arten dar (siehe S. 127). 1 Schwesterarten: Generell bezeichnet man zwei Gruppen, nicht nur Arten, die aus einer gemeinsamen Vorläufergruppe entstanden sind, als Schwestergruppen, also zB Schwestergattungen oder Schwesterfamilien. Durch das Entstehen von Reproduktionsbarrieren können Populationen getrennt werden Gelbbauchunke Bombina variegata Rotbauchunke Bombina bombina B. bombina B. bombina B. variegata B. variegata Die Gelbbauchunke breitete sich nach der letzten Eiszeit aus ihren Rückzugsgebieten von Griechenland nach Zentraleuropa aus. Die Rotbauchunke breitete sich nach der letzten Eiszeit aus ihren Rückzugsgebieten vom Schwarzen Meer nach Zentraleuropa aus. An verschiedenen Stellen in Zentraleuropa treffen die beiden Arten aufeinander und hybridisieren. Abb.4: Gelb- und Rotbauchunken sind aus einer gemeinsamen Stammart entstanden. An ihren gemeinsamen Verbreitungsgrenzen kommt es hin und wieder zu Hybridisierung, was darauf hinweist, dass die Artbildung hier noch nicht abgeschlossen ist. Dennoch werden sie aufgrund ihres unterschiedlichen Aussehens gewöhnlich als verschiedene Arten bezeichnet. 1 W Beschreibe die Hybride von Pferd und Esel. Ermittle die Chromosomenzahlen von Pferd und Esel und erkläre, weshalb die Hybride nicht fortpflanzungsfähig sind. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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