Mit Online-Codes im Buch am Puls Biologie Barbara Fischer | Michel Fleck | Uwe K. Simon mit erweitertem Aufgabenbereich
am Puls Biologie OS SB 8 + E-Book Schulbuchnummer: 220288 am Puls Biologie OS SB 8 E-Book Solo Schulbuchnummer: 220289 Mit Bescheid des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom 29. August 2024, 2023-0750.318, gemäß § 14 Absatz 2 und 5 des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 472/86, und gemäß den derzeit geltenden Lehrplänen als für den Unterrichtsgebrauch für die 8. Klasse an allgemein bildenden höheren Schulen, Oberstufe, im Unterrichtsgegenstand Biologie und Umweltkunde (Lehrplan 2018) geeignet erklärt. Dieses Werk wurde auf Grundlage eines zielorientierten Lehrplans verfasst. Konkretisierung, Gewichtung und Umsetzung der Inhalte erfolgen durch die Lehrerinnen und Lehrer. Liebe Schülerin, lieber Schüler, Sie bekommen dieses Schulbuch von der Republik Österreich für Ihre Ausbildung. Bücher helfen nicht nur beim Lernen, sondern sind auch Freunde fürs Leben. Kopierverbot Wir weisen darauf hin, dass das Kopieren zum Schulgebrauch aus diesem Buch verboten ist - §42 Abs. 6 Urheberrechtsgesetz: „Die Befugnis zur Vervielfältigung zum eigenen Schulgebrauch gilt nicht für Werke, die ihrer Beschaffenheit und Bezeichnung nach zum Schul- oder Unterrichtsgebrauch bestimmt sind.“ Bearbeitung auf der Grundlage von Markl Biologie Oberstufe, 1. Auflage, ISBN 978-3-12-150010-9, Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2010; Markl Biologie Oberstufe, 1. Auflage, ISBN 978-3-12-150050-5, Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2018; Markl Biologie 1, 1. Auflage, ISBN 978-3-12-150020-8, Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2014; Markl Biologie 2, 1. Auflage, ISBN 978-3-12-150030-7, Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2015; (Herausgeber: Jürgen Markl; Autoren: Maria Beier, Berthold Brose, Ika Friedrich, Sven Gemballa, Jürgen Heinze, Holger Knerich, Ralf Küttner, Inge Kronberg, Jürgen Markl, Nico K. Michiels, Matthias Nolte, Harald Paulsen, Benjamin Roser, Ulrich Schmid, Walter Stöcker, Roland Strauss) Umschlagbild: David Chapman / Mary Evans / picturedesk.com; Illustrationen: Christine Pleyl-Horzynek, Wien; vasp datatecture GmbH, Zürich; Nadja Stadelmann und Andrea Ulrich, DESCIENCE, Luzern; Adam Silye, Wien 1. Auflage (Druck 0001) © Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart, Bundesrepublik Deutschland, 2010 © der Lizenzausgabe: Österreichischer Bundesverlag Schulbuch GmbH & Co. KG, Wien 2025 www.oebv.at Alle Rechte vorbehalten. Jede Art der Vervielfältigung, auch auszugsweise, gesetzlich verboten. Redaktion: Mag. Johanna Kramer-Gerstacker, Iwona Dullinger, PhD Herstellung: Alexandra Brych, BSc, Wien Umschlaggestaltung: Jens-Peter Becker, normalsdesign GbR, Schwäbisch Gmünd Layout: Jens-Peter Becker, normaldesignGbR, Schwäbisch Gmünd, Martin Stumpauer, Wien Satz: CMS – Cross Media Solutions GmbH, Würzburg Druck: Ferdinand Berger & Söhne Ges.m.b.H., Horn ISBN 978-3-209-11670-3 (am Puls Biologie SB 8 + E-Book) ISBN 978-3-209-13394-6 (am Puls Biologie SB 8 E-Book Solo) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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2 Inhalt So arbeitest du mit „am Puls Biologie“ 4 Basiskonzepte 6 7. Semester 8 1 Grundlagen der Genetik 10 1.1 Das Genom im Überblick 11 1.2 Die Struktur der Nukleinsäuren 14 1.3 Die Replikation der DNA 17 1.4 Die Proteinsynthese im Überblick 19 1.5 Die Transkription 21 1.6 Die Translation 23 1.7 RNA-Prozessierung 26 1.8 Regulation der Genaktivität 27 1.9 Epigenetik und Retrogene 31 1.10 Telomere sind die Lebensuhren der Zellen 33 1.11 Viren – Piraten der Zelle 34 Methoden in der Praxis Gel-Elektrophorese 36 Blick in die Forschung Der zelluläre Reparatur-Notdienst 37 Kompetenz-Check Grundlagen der Genetik 38 2 Vererbungsregeln und Humangenetik 40 2.1 Die Neukombination von Genen 41 2.2 Die Regeln der Vererbung 42 2.3 Chromosomen, Gene und Merkmale 45 2.4 Mutationen 49 2.5 Humangenetik 54 2.6 Gene und Krebs 60 Methoden in der Praxis Die personalisierte Krebsmedizin 62 Blick in die Forschung Geschlechtsbestimmung und „DNA-Müll“ 63 Kompetenz-Check Vererbungsregeln und Humangenetik 64 3 Evolutionsbiologie 66 3.1 Die Entwicklung des Lebens 67 3.2 Mechanismen der Evolution 75 3.3 Belege für die Evolution 79 Methoden in der Praxis Die Erstellung von Stammbäumen 82 Blick in die Forschung Die letzten Dinosaurier 83 Kompetenz-Check Evolutionsbiologie 84 Semestercheck (7. Semester) 86 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
3 8. Semester 88 4 Evolution des Menschen 90 4.1 Abstammung des modernen Menschen 91 4.2 Kulturelle Evolution 102 Methoden in der Praxis Die molekulare Uhr 104 Blick in die Forschung Die mysteriösen Denisova-Menschen 105 Kompetenz-Check Evolution des Menschen 106 5 Die Entstehung der Artenvielfalt 108 5.1 Die Entstehung der Artenvielfalt 109 5.2 Der Verlauf der Artbildung 115 5.3 Konsequenzen der Evolution 117 Methoden in der Praxis Das Dilemma mit Nahrung und Furcht vor Feinden 122 Blick in die Forschung Koevolution von Pflanzen und Bestäubern 123 Kompetenz-Check Die Entstehung der Artenvielfalt 124 6 Bio- und Gentechnik 126 6.1 Züchtung von Pflanzen und Tieren 127 6.2 Biotechnologie und Gentechnik 130 6.3 Bioethik 145 Methoden in der Praxis CRISPR/Cas9: Nobelpreis für bahnbrechende Forschung 152 Blick in die Forschung CRISPR/Cas9: Anwendung in Embryonen 153 Kompetenz-Check Bio- und Gentechnik 154 Semestercheck (8. Semester) 156 Register 158 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
4 So arbeitest du mit „am Puls Biologie“ Kapiteleinstieg 10 Grundlagen der Genetik 1. Du lernst in diesem Kapitel … W Wissen organisieren … Du erfährst, wie genetische Information auf molekularer Ebene gespeichert, verarbeitet und kopiert wird. … Du lernst die Regulation und Steuerung von Genen kennen und wirst verstehen, wie in einer Zelle Gene ein- bzw. ausgeschaltet werden. E Erkenntnisse gewinnen … Du wirst verstehen, wie die Information der DNA in RNA und die Aminosäuresequenz eines Proteins übersetzt werden. … Du lernst wie man experimentell nachweisen kann, dass DNA das Trägermolekül des Erbguts ist und wie man verschiedene DNA-Moleküle und Proteine trennen kann. S Schlüsse ziehen … Du lernst, die Bedeutung von genetischen Mechanismen zu beurteilen. … Du lernst, Argumente zur Epigenetik fachlich korrekt zu bewerten. Gentests helfen, diese und andere Fragen zu beantworten. Wenn einem Vater Zweifel kommen, ob seine Tochter oder sein Sohn wirklich sein leibliches Kind ist, kann ein DNA-Test (DNA = Desoxyribonukleinsäure, das Material der Erbanlagen) Klarheit schaffen. Der Vater lässt einen solchen Test durchführen. Ist das Ergebnis negativ, kann eine Vaterschaft ausgeschlossen werden. Auch ein Test mit Mutter und Kind kann ergeben, dass die Mutter nicht mit dem Kind verwandt ist – beispielsweise wenn das Baby nach der Geburt in der Klinik mit einem anderen Neugeborenen verwechselt wurde. Doch auch die Kriminalpolizei nutzt Gentests, etwa um nach einem Verbrechen genetische Spuren am Tatort (etwa aus Blut oder Sperma) mit dem „genetischen Fingerabdruck“ der mutmaßlichen Täterin oder des Täters zu vergleichen. Heißer diskutiert werden Gentests, mit denen sich herausfinden lässt, ob bei einer Person im weiteren Verlauf ihres Lebens eine (vielleicht unheilbare) Erbkrankheit zum Ausbruch kommen wird. Sollen Ärztinnen und Ärzte dies der Person mitteilen? Würdest du dieses Ergebnis wissen wollen? Immer mehr stehen Methoden der Genetik und der Gentechnik im öffentlichen Interesse: Journalistinnen und Journalisten, Juristinnen und Juristen, Beschäftigte bei Krankenversicherungen etc. haben immer mehr mit diesen Themen zu tun. Wer mitreden und sich ein Urteil bilden will, benötigt Grundwissen über die moderne Genetik. « Wer sind die Eltern? Wer ist die Täterin oder der Täter? » Bonusmaterial Ó ab54zh Lerninhalte Hier findest du eine Übersicht über die wichtigsten Lerninhalte des Kapitels. Kapiteleinstieg Ein neues Kapitel beginnt immer mit einer spannenden Einleitung. Mit aktuellen Fragestellungen und Themen des Alltags wirst du auf die kommenden Inhalte eingestimmt. Online-Codes Hier findest du ergänzendes Material. Einfach den Code in das Suchfenster auf www.oebv.at eingeben und du wirst direkt zum passenden Bonusmaterial weitergeleitet. Themenseite Aufgaben 13 Grundlagen der Genetik Prokaryoten haben ringförmige DNA-Moleküle Viele Erkenntnisse über die DNA entstammen Versuchen mit Bakterien. Bei diesen Prokaryoten ist die DNA ein ringförmiges Molekül. Beim Bakterium Escherichia coli ist dieses Molekül ca. 1 mm lang und trägt etwa 3 000 Gene. Die DNA liegt frei in der Zelle (bei Prokaryoten gibt es ja keinen Zellkern), der Bereich rund um die DNA wird als Nukleoid bezeichnet. Neben dem ringförmigen DNA-Molekül, das im Wesentlichen das Erbgut eines jeden Prokaryoten darstellt, finden sich in den Zellen mancher Prokaryoten zusätzlich oft kleinere DNA-Ringe mit bis zu zwei Dutzend Genen. Diese kleinen Ringe werden als Plasmide bezeichnet und spielen eine wesentliche Rolle bei der Übertragung von Eigenschaften zwischen Bakterienzellen: Durch Plasmide können DNA-Abschnitte, also Gene, zwischen Bakterien ausgetauscht werden und damit Eigenschaften übertragen werden (siehe S. 12). In der Prozyte liegt die DNA als ringförmiges Molekül vor, daneben gibt es kleinere DNA-Ringe, die Plasmide 1 W Chromosomen sind in den Zellen nur zeitweise lichtmikroskopisch sichtbar. Erkläre diesen Befund. Bei Eukaryoten ist die DNA mit Proteinen zu Chromatin verpackt Bei Eukaryoten ist die DNA linear (im Gegensatz zur ringförmigen DNA der Prokaryoten). Außerdem ist sie viel umfangreicher: Die DNA jeder menschlichen Zelle hat einen Durchmesser von 2 nm und ist etwa 1,8 m lang. Stell dir zur Veranschaulichung Zwirnfäden vor, die 18 km lang sind und in einem Tischtennisball untergebracht werden müssen – und zwar nicht irgendwie: Die DNA muss so gepackt sein, dass jede Stelle jederzeit abgelesen und kopiert werden kann. Das Chromatin stellt also einen Zustand dar, in dem die Gene abgelesen und kopiert werden können. Im Lichtmikroskop kann man DNA nur bei geeigneter Färbung sehen: Diese gefärbte Substanz im Zellkern wird als Chromatin1 bezeichnet. Es besteht aus etwa 40% DNA, 40% Histonen (Verpackungsproteine), 15% anderen Proteinen und 5% RNA (siehe S. 14). Die DNA ist um Histone gewickelt, ähnlich wie Haare um Lockenwickler (kAbb. 4). Sie können verschoben werden, um unterschiedliche DNA-Abschnitte zum Ablesen freizugeben. Wird die Nukleosomenkette weiter aufgewickelt und spiralisiert, entsteht schließlich die dichteste Form des Chromatins, die lichtmikroskopisch sichtbaren Chromosomen2. Diese können während einer Zellteilung im Mikroskop fotografiert und am Bildschirm der Größe nach angeordnet werden. Ein solches Bild aller Chromosomen einer Zelle nennt man Karyogramm3 (siehe S. 54). Jede Zelle einer Organismen-Art besitzt die gleichen Chromosomen – die Anzahl und der Bau der Chromosomen sind also artspezifisch. Jede menschliche Zelle enthält beispielsweise 46 Chromosomen (Ausnahme: Geschlechtszellen, siehe S. 54). Im Normalfall liegt die DNA nicht in ihrer dichtesten Packform vor, also nicht als Chromosomen. Diese stellen die Transportform dar, die bei der Zellteilung sinnvoll ist (siehe dazu auch S. 17). Nukleosomenkette „Zwei-Chromatid-Chromosom“: aus 2 Schwesterchromatiden nm = Nanometer = 10–9m 2nm 300nm 1400nm = 1,4µm 10nm Nukleosom 30nm Histon Zentromer Die Nukleosomenkette wird weiter aufgewickelt. Die Spiralisierung führt zu weiteren Verdichtungen. DNA-Doppelhelix Das DNA-Molekül ist um Histone gewickelt. Ein solcher Komplex aus DNA und Histonen heißt Nukleosom. Abb.4: Die DNA der Eukaryoten ist während der Kernteilungen zu Chromosomen verpackt. 1 Chromatin: chromos (griech.) = Farbe 2 Chromosom: soma (griech.) = Körper 3 Karyogramm: karyon (griech.) = Kern, gramma (griech.) = Geschriebenes Die DNA der Euzyte unterscheidet sich von der DNA der Prozyte: Sie ist viel länger, sie ist linear (nicht ringförmig) und sie ist um Histone (Proteine) zu Chromatin gewickelt (in Prozyten gibt es kein Chromatin) Struktur und Funktion Die Packung eines langen Fadens zu einem kompakten Körper wird durch mehrfaches Aufwickeln erreicht. Dadurch kann die enorme Länge auf einen winzigen Bereich gepackt werden, ohne dass ein wirres Knäuel entsteht. Hier findest du auch Infos zu den Basiskonzepten . Sie stellen einen Zusammenhang mit den farbig hervorgehobenen Passagen im Text her. Kernaussagen In der Randspalte findest du wichtige Kernaussagen zu einem Thema. Fußnoten Wichtige Fachbegriffe werden in den Fußnoten erklärt. Aufgaben Überprüfe dein Wissen! Die Symbole W, E und S weisen darauf hin, welche Handlungskompetenzen (siehe S. 5) bei dieser Aufgabe gefragt sind. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
5 Aufgaben 20 Eine Dreiergruppe von Basen verschlüsselt eine Aminosäure Es gibt vier verschiedene Basen in der DNA: Adenin (A), Cytosin (C), Guanin (G) und Thymin (T). Diese vier Basen A, C, G und T sollen Informationen für 20 verschiedene Aminosäuren verschlüsseln. Wie kann mit vier Basen eine Verschlüsselung für 20 Aminosäuren erreicht werden? Bei einer 1 :1-Codierung würde jede Base für eine Aminosäure stehen, also A für Aminosäure 1, C für Aminosäure 2, G für Aminosäure 3 und T für Aminosäure 4. So könnten nur 4 unterschiedliche Aminosäuren codiert werden. Mit einer 2 :1-Codierung stehen Basenpaare für Aminosäuren, also AA für Aminosäure 1, AC für Aminosäure 2, AG für Aminosäure 3 usw. Das ergibt 42 Möglichkeiten – immer noch zu wenig für 20 Aminosäuren. Eine 3 :1-Codierung bedeutet, dass AAA für Aminosäure 1 steht, AAC für Aminosäure 2, AAG für Aminosäure 3 etc. Hier ergeben sich 43 Kombinationen, also 64 – mehr als genug für 20 Aminosäuren. Experimente mit RNA haben gezeigt: Es sind tatsächlich Basentripletts, die Aminosäuren codieren. Eine Gruppe aus drei Basen ergibt 64 Kombinationsmöglichkeiten, genug um 20 Aminosäuren zu verschlüsseln Der genetische Code Code und Verschlüsseln … das klingt mehr nach Spionage als nach Biologie. Dennoch passt der Begriff: Ein Code gibt an, wie eine Abfolge von Zeichen eindeutig eine andere Abfolge von Zeichen definiert. Im Falle des genetischen Codes sind es keine Zeichen, sondern Moleküle: Eine Abfolge von Basen definiert eine Abfolge von Aminosäuren. Alle Lebewesen sind in diesen Code eingeweiht: Der genetische Code ist universell. Zur Umsetzung bedarf es bestimmter Bestandteile der Zelle. Jede deiner Zellen ist also eine Decodiermaschine, die die Basensequenz in die Aminosäureabfolge übersetzt. Und ebenso ist jede Bakterienzelle eine solche Maschine, die mit demselben Code arbeitet! Die Übersetzungsvorschrift von mRNA-Tripletts in Aminosäuren wird gerne durch eine Codesonne dargestellt (kAbb. 14). Die Codesonne wird von innen nach außen gelesen. Jeder Buchstabe der drei inneren Ringe steht für eine Base im RNA-Nukleotid, immer drei in einem Strahl bilden ein Codon. Im äußeren Ring stehen die Abkürzungen für die Aminosäuren. So codiert zB das Triplett AUG die Aminosäure Met (Methionin), das Triplett GGG die Aminosäure Gly (Glycin). Zu drei Tripletts (UAA, UAG und UGA) gibt es keine Aminosäuren. Sie werden als Stopp-Codons bezeichnet. Das heißt, diese Tripletts markieren das Ende der Translation. Wie du siehst, werden die meisten Aminosäuren durch mehrere Tripletts verschlüsselt, zB codieren die Codons UUA und UUG für die Aminosäure Leu (Leucin). Der genetische Code ist also redundant1. 1 redundant: redundare (lat.) = mehrfach vorhanden, im Überfluss vorhanden Der genetische Code ist universell und redundant, er kann mittels einer Codesonne dargestellt werden Variabilität, Verwandtschaft, Geschichte und Evolution Die Tatsache, dass die Zellen praktisch aller Lebewesen – von den Bakterien in deinem Darm über die Bäume vor deinem Haus bis zu dir selbst – denselben genetischen Code anwenden, scheint vielleicht verblüffend. Tatsächlich ist dies ein Beweis für die Evolution aller Lebewesen, ausgehend von einem gemeinsamen Vorfahren: Der genetische Code ist so alt wie das Leben selbst, bereits die ersten Zellen auf der Erde verschlüsselten so ihre Proteine. Im Zuge der Entstehung immer komplizierter Lebewesen wurde diese fundamentale Vorschrift stets weitergegeben und steckt heute nahezu unverändert in jeder lebenden Zelle auf der Erde. Bei sehr wenigen Organismen gibt es modifizierte Codes, also Abweichungen vom universellen Code. So gibt es zB bei Mitochondrien, manchen Bakterien und manchen Wimpertierchen geringfügige Abweichungen. U U U U U U U U U U U U U U U U U U U U U G G G G G G G G G G G G G G G G G G G G G A A A A A C C C C C C C C C C C C C C C C C C C C C A A A A A A A A A A A A A A A A Gly Phe Leu Leu Ser Ser Tyr Cys Trp Pro His Gln Arg Arg Ile Met Thr Asn Lys Val Ala Asp Glu Stopp Stopp Start Stopp 3’ 3' 3' 3' 5' Abb.14: Die Codesonne. Dieses Schema zeigt die Übersetzungsvorschrift von mRNA-Codons in Aminosäuren, AGC für Ser (Serin). Methionin markiert in den meisten Fällen den Beginn einer Aminosäurekette (Startcodon). Zu drei Stopp-Codons gibt es keine Aminosäure, sie markieren das Ende der Translation. 1 W Suche in der Codesonne die Codons für Leucin (Leu). 2 W Benenne die Aminosäure, die nur durch ein Codon codiert ist. Basiskonzepte Sonderseiten „Blick in die Forschung“ Auf diesen Seiten werfen wir einen Blick in die aktuelle Forschung. Welche Fragen stellen sich Wissenschafterinnen und Wissenschafter? Wie versuchen sie Antworten zu finden? „Methoden in der Praxis“ Auf diesen Seiten lernst du wichtige Methoden kennen, die in der Wissenschaft oder in der Medizin angewendet werden. Es werden spannende Beispiele vorgestellt, wie die eben gelernte Therorie in der Praxis angewendet werden kann. Aufgaben 36 Methoden in der Praxis Gel-Elektrophorese Die Zelle enthält eine Vielfalt von Proteinen und Nukleinsäuren Jedes Protein ist eine lange Kette aus Aminosäuren, die – je nach Aminosäurenabfolge – eine bestimmte Faltung einnehmen, woraus sich Form und Funktion des Proteins ergeben. Natürliche Proteine setzen sich aus 20 verschiedenen Aminosäuren zusammen, und die Länge der Aminosäurekette variiert von ca. 100 bis zu einigen Tausend Aminosäuren – entsprechend groß ist die Vielfalt der Proteine. Ebenso gibt es unzählige verschiedene Nukleinsäuren – zwar sind DNA und RNA strukturell und funktionell bei weitem nicht so vielfältig wie Proteine, aber dennoch unterscheiden sich DNA- und RNA-Moleküle, v.a. in ihrer Länge. Wie lassen sich verschiedene Proteine oder Nukleinsäuren voneinander trennen? In der Molekularbiologie ist es oft wichtig, ein Protein oder ein bestimmtes Stück DNA in Reinform vorliegen zu haben, etwa für die Untersuchung der Molekülstruktur. Molekularbiologinnen und -biologen nutzen zur Trennung von Protein- oder Nukleinsäuregemischen die Methode der Gel-Elektrophorese1. In Abbildung 34 siehst du eine Gel-Ektrophorese-Apparatur. Das Protein- oder Nukleinsäuregemisch wird angefärbt und in kleine Gruben im Gel2 eingefüllt. Dann wird eine schwache Gleichspannung über zwei Elektroden angelegt. Man macht sich hier die Tatsache zu Nutze, dass Proteine ebenso wie Nukleinsäuren nicht in neutralem Zustand vorliegen, sondern negativ geladen sind. Sie werden also von der Anode angezogen und wandern entsprechend schnell durch das Gel. Entscheidend ist hier die Molekülgröße: Kleine Moleküle wandern schneller (da sie weniger Widerstand durch das Gel erfahren). Nach Abschalten der Spannung wird das Gel entnommen. Die Laufstrecke der Proben wird mit Laufstrecken von bekannten Molekülen (so genannten Molekulargewichtstandards) verglichen. So kann die Molekülgröße bestimmt werden. 1 Gel-Elektrophorese: pherein (griech.) = tragen 2 Gel: Verschiedene Gele können als Trägermedium genutzt werden. Am häufigsten kommen Agarose-Gele (Agar) oder Polyacrylamid-Gele zum Einsatz. Kathode Steg Kammer aus Plastik Anode Proteinbanden Glasplatten Gel Gel Puffer Puffer Gemisch aus zwei Proteinen ein Protein A B C B A C Kleine Proteine wandern schneller durch das Gel als große (so wie ein Hase schneller durch das Unterholz kommt als ein Hirsch). Die Probe wird mit einer Pipette aufgetragen. Die Proteine wurden zuvor entfaltet und negativ geladen. Abb. 34: Gel-Elektrophorese. Mit dieser Methode können Moleküle nach ihrer Größe getrennt werden. Die abgebildete Apparatur wird zur Trennung von Proteinen verwendet, für Nukleinsäuren kommen horizontale Apparaturen zur Anwendung (kAbb. 35). Abb.35: Gel-Elektrophorese-Apparat zur Trennung von DNA-Proben. 1 W/E Die Gel-Elektrophorese nutzt die Tatsache, dass Proteine und Nukleinsäuren nicht in neutraler Form vorliegen, sondern negative Ladungen tragen. Dies kommt daher, dass bei beiden Molekülen funktionelle Gruppen vorliegen, die in wässriger Lösung H+ abspalten können. Betrachte die Strukturen von DNA und Aminosäuren und finde die funktionellen Gruppen, an denen die Abspaltung erfolgt. Besprich deine Ergebnisse im Klassenverband. Aufgaben 37 Grundlagen der Genetik Blick in die Forschung Der zelluläre Reparatur-Notdienst Irren ist menschlich… Wir alle machen Fehler. Auch auf molekularer Ebene kommt es ständig zu spontanen Schäden. In einer menschlichen Zelle sind es ca. 10 000 am Tag. Diese entstehen durch „molekulares Versagen“, also zB Fehler bei der Replikation der DNA, aber auch durch Einflüsse von außen, wie durch Gifte (etwa aus Zigarettenrauch) oder UV-Strahlung. Die Biochemikerin Dea Slade von der Universität Wien erforscht mit ihrem Team, wie die Zelle diese Schäden repariert. Diesen Reparaturmechanismen verdankst du dein Leben, denn ohne sie würden an allen Stellen deines Körpers laufend schadhafte Zellen entstehen, von denen viele zu Krebszellen werden. Die Erforschung des zellulären Reparatur-Notdiensts ist also auch eine Suche nach neuen, effektiven Krebstherapien1. Slade und ihr Team untersuchen DNA-Doppelstrangbrüche: Mit einem UV-Laser wird die DNA durchschnitten, ohne die Zelle zu töten. Dann lässt sich beobachten, welche Prozesse in Gang gesetzt werden, um den Schaden zu reparieren. Generell sind diese Abläufe sehr komplex: Viele verschiedene Troubleshooter-Proteine arbeiten an der Reparatur. Die Schwierigkeit ist die Beobachtung dieser molekularen Vorgänge. Beobachtung von Proteinen in Echtzeit Mit herkömmlichen Methoden lässt sich nicht detektieren, was nach dem Durchtrennen der DNA in der Zelle passiert. Folglich musste das Team um Slade gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus dem Feld Bio-Optics vom Vienna Biocenter eine eigene Mikroskopie-Technik entwickeln, um die Proteine in Echtzeit zu beobachten. Die FLIM-FRET-Technik (Fluorescence Lifetime Imaging-Fluorescence Resonance Energy Transfer, kAbb. 36) ist eine weltweit einzigartige Technik, mit der nun das Zusammenspiel zweier Proteine in der Zelle beobachtet werden kann. Dazu werden die potenziellen Bindungspartner mit unterschiedlichen Fluorophoren2 markiert. Das Besondere ist, dass das Emissionsspektrum des einen Bindungspartners mit dem Anregungsspektrum des anderen übereinstimmt. Wenn also beide Moleküle in Kontakt kommen, kann die Anregung des ersten Moleküls zur Anregung des zweiten führen. Anders gesagt: Wenn man nur das erste Molekül anregt, dann aber das zweite Molekül fluoresziert, weiß man, dass die Wechselwirkung erfolgt. Besonders bemerkenswert ist, dass es bereits einige Medikamente am Markt gibt, die auf Erkenntnissen dieser sehr neuen Technik beruhen, zB bei Eierstock- und Brustkrebs (PARP-Behandlung3). Die Therapie hat aber noch etliche Nebenwirkungen, was damit zu tun hat, dass noch nicht genau bekannt ist, was die Proteine genau tun. Dea Slade und ihr Team wollen das Wissen in diesem Bereich erweitern, um diese und zukünftige Therapien effektiver zu gestalten. Ihr Projekt ist also ein Teil der Suche der Menschheit nach einem Heilmittel gegen Krebs – welcher immerhin für ca. ein Viertel aller Todesfälle in Österreich verantwortlich ist. 1 Krebs: In Österreich ist Krebs die zweithäufigste Todesursache (nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen), siehe dazu auch S. 60 ff. 2 Fluorophor: fluoreszierende Stoffe, die bei Anregung durch bestimmte Lichtwellenlängen ihrerseits charakteristische Wellenlängen abgeben 3 PARP-Behandlung: benannt nach dem Enzym Poly(ADP-Ribose) Polymerase, das am Prozess der DNA-Reparatur beteiligt ist Abb.36: Die FLIM-FRET-Technik. Oben: Das Bild zeigt nur einen Teil der komplexen Apparatur: mit Linsen und Blenden wird ein UV-Laser gesteuert. Unten: Die Forscherinnen Dea Slade und Tanja Kaufmann analysieren ein Protein. 1 W/E Suche im Internet nach der Originalarbeit von Watson und Crick. Vergleiche diese ältere Arbeit mit einer der vielen im Buch angesprochenen neueren Publikationen (zB der ersten Seite der oben zitierten Publikation). Analysiere die Arbeiten (bzw. die erste Seite) hinsichtlich einiger Aspekte, etwa Sprache, Publikationsort, Zitate, Beschreibung der Methodik etc. Literatur Kaufmann, T.; Grishkovskaya, I.; Polyansky, A.A.; Kostrhon, S.; Kukolj, E.; Olek K.M.; Herbert, S.; Beltzung, E.; Mechtler, K.; Peterbauer, T.; Gotzmann, J.; Zhang, L.; Hartl, M.; Zagrovic, B.; Elsayad, K.; Djinovic-Carugo, K.; Slade, D.: A novel non-canonical PIP-box mediates PARG interaction with PCNA. In: Nucleic Acids Res. 2017, Vol. 45, I. 16, p. 9741–9759. Kompetenzorientierung Im Biologieunterricht werden drei Kompetenzbereiche unterschieden. Der Erwerb von Kompetenzen hilft dir nicht nur dabei, biologisches Wissen anzueignen, sondern auch Zusammenhänge zu verstehen und dir eine eigene Meinung zu bilden. Mit jeder Aufgabe in diesem Buch werden Kompetenzen aus diesen Bereichen trainiert. Aus welchem, wird durch die Buchstaben hinter der Aufgabennummer angezeigt. W Fachwissen aneignen und kommunizieren Du trainierst, dir Fachwissen anzueignen. Du lernst biologische Vorgänge zu benennen, zu kommunizieren und in verschiedenen Formen (in Worten, bildlich) zu erklären und darzustellen. E Erkenntnisse gewinnen Du lernst, durch Beobachten selbst Erkenntnisse zu gewinnen und eigene Fragen und Hypothesen zu formulieren. Du übst Untersuchungen und Experimente zu planen, durchzuführen und auszuwerten. Du eignest dir das Analysieren und Interpretieren von Daten und Ergebnissen aus Untersuchungen an. S Standpunkte begründen und reflektiert handeln Du lernst, fachlich Standpunkte zu begründen und die Bedeutung, Chancen und Risiken der erlernten Inhalte für deinen Alltag und die Gesellschaft abzuschätzen. Du trainierst, Schlüsse zu ziehen, Entscheidungen zu treffen und dementsprechend zu handeln. Basiskonzepte sind wichtige Grundprinzipien und Eigenschaften lebendiger Systeme. Du wirst ihnen das ganze Jahr lang bei unterschiedlichen Themen wiederbegegnen. Eine Übersicht über die sieben Basiskonzepte findest du auf den Seiten 6 und 7. So werden die Basiskonzepte im Buch gekennzeichnet: Farbige Markierung im Text Basiskonzept-Symbole und weitere Informationen zum Basiskonzept in der Randspalte Aufgaben 19 Grundlagen der Genetik säuren mit einer bestimmten räumlichen Struktur. Insgesamt gibt es 20 verschiedene Aminosäuren, die in natürlichen Proteinen vorkommen. Die Reihenfolge (Sequenz) bestimmt die spätere Faltung und damit Bau und Funktion des Proteins. Wie schafft es nun die Zelle, die Information der Gene abzulesen und nach dieser Vorlage ein Protein zu bauen? Diese als Genexpression bezeichnete Umsetzung läuft in mehreren Schritten ab (kAbb. 13): Zunächst wird der gewünschte DNA-Abschnitt in mRNA umgeschrieben (messengerRNA; messenger (engl.) = Bote). RNA ist aufgrund ihrer Kürze mobiler als DNA. Das Umschreiben von DNA in RNA wird als Transkription1 bezeichnet und findet bei Eukaryoten im Zellkern statt. tet und zurechtgeschnitten, bevor sie den Kern verlässt (siehe S. 26). Die grundsätzliche Richtung des Informationsflusses ist also von DNA zu RNA zu Proteinen. Dies wird als zentrales Dogma3 der Molekularbiologie bezeichnet. 1 Transkription: transcribere (lat.) = abschreiben, umschreiben, schriftlich übertragen 2 Translation: translatio (lat.) = Übertragung, Übersetzung 3 Dogma: (griech.) = Meinung, Lehrsatz; steht für eine feststehende Definition oder grundlegende Aussage Information und Kommunikation Die DNA ist ein biologischer Informationsspeicher, man könnte sie auch als Datenspeicher bezeichnen. Und wie bei jedem Datenspeicher muss die Information auch gelesen und verarbeitet werden können. Dieses Ablesen und Weiterverarbeiten erfolgt in der Proteinsynthese. Translation Transkription Zytoplasma Prozyte: 1-5 µm Euzyte: 5-50 µm DNA mRNA Ribosom Protein mRNA mRNA Ribosom tRNA DNA RNA Protein Prozyte Transkription RNAProzessierung Zellkern Zytoplasma DNA prä-mRNA mRNA tRNA Protein Kernpore Kernhülle Translation Euzyte Abb.13: Genexpression. Das Abschreiben der Gene (Transkription) und Übersetzen in eine Aminosäuresequenz (Translation) erfolgt bei Prokaryoten und Eukaryoten nach dem gleichen Schema. Bei Eukaryoten wird die mRNA im Zellkern noch bearbeitet (prozessiert). 1 W Nachdem du den Text dieser Seite gelesen hast, betrachte die Abbildung 13 zwei Minuten lang und versuche, dir möglichst viele Details zu merken. Schließe dann das Buch und zeichne die Abbildung aus dem Gedächtnis nach. Beschreibe jeden Teilschritt in einem Satz. Vergleiche abschließend deine Skizze mit Abbildung 13. Information und Kommunikation Das zentrale Dogma ist heute noch für die meisten Organismen gültig, es gibt jedoch Ausnahmen (siehe S. 21). In abgewandelter Form kann man das zentrale Dogma der Molekularbiologie so formulieren, dass keinerlei Übertragung von Information vom Protein zu Nukleinsäuren möglich ist. Aufgaben Die Reihenfolge (Sequenz) bestimmt die spätere Faltung und damit Bau und Funktion des Proteins. Wie schafft es nun die Zelle, die Information der Gene abzulesen und nach dieser Vorlage ein Protein zu bauen? Diese als Genexpression bezeichnete Umsetzung läuft in mehreren Schritten ab (kAbb. 13): Zunächst wird der gewünschte DNA-Abschnitt in mRNA umgeschrieben (messengerRNA; messenger (engl.) = Bote). RNA ist aufgrund ihrer Kürze mobiler als DNA. Das Umschreiben von DNA in RNA wird als Transkription1 bezeichnet und findet bei Eukaryoten im Zellkern statt. Die grundsätzlic flusses ist also vo Dies wird als zen biologie bezeich 1 Transkription: tran ben, schriftlich über 2 Translation: transla 3 Dogma: (griech.) = stehende Definition Kommunikation Die DNA ist ein biologischer Informationsspeicher, man könnte sie auch als Datenspeicher bezeichnen. Und wie bei muss die Information auch gelesen und verarbeitet werden können. Dieses Ablesen und Weiterverarbeiten erfolgt in der Proteinsynthese. Translation Transkription Zytoplasma Prozyte: 1-5 µm Euzyte: 5-50 µm DNA mRNA Ribosom Protein mRNA mRNA Riboso tRNA DNA RNA Protein Prozyte D prä Kernhüll Abb.13: Genexpression. Das Abschreiben der Gene (Transkription) und Überse (Translation) erfolgt bei Prokaryoten und Eukaryoten nach dem gleichen Sche im Zellkern noch bearbeitet (prozessiert). 1 W Nachdem du den Text dieser Seite gelesen hast, betrachte die Abbildung 13 zwei Minuten lang und versuche, dir möglichst viele Details zu merken. Schließe dann das Buch und zeichne die Abbildung au schreibe jeden Teilschritt in ei ßend deine Skizze mit Abbildu Information und Kommunikation Das zentrale Dogma ist heute noch für die meisten Organismen gültig, es gibt jedoch Ausnahmen (siehe S. 21). In abgewandelter Form kann man das zentrale Dogma der Molekularbiologie so formulieren, dass keinerlei Übertragung von Information vom Protein zu Nukleinsäuren möglich ist. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
6 Kompartimentierung Lebende Systeme bestehen aus abgegrenzten Reaktionsräumen, aus Kompartimenten. In den verschiedenen Kompartimenten können nebeneinander unterschiedliche Prozesse ablaufen, ohne einander zu beeinflussen. Die räumliche Trennung solcher Reaktionsräume wird auch als Bausteinprinzip bezeichnet. Wenn die einzelnen, spezialisierten Kompartimente (Bausteine) zusammenwirken und dadurch komplizierte Prozesse effizienter ablaufen können, spricht man von Arbeitsteilung. Deutlich wird dieses Prinzip bei der Entstehung vielzelliger Organismen: In vielzelligen Organismen können unterschiedliche Zelltypen entstehen, die sich auf verschiedene Aufgaben und Funktionen spezialisieren. Dies erhöht die Effizienz des gesamten Organismus (siehe S. 71). Basiskonzepte Basiskonzepte sind themenverbindende Grundprinzipien bzw. Phänomene, die quer über verschiedene Bereiche der Biologie wiederkehren. Sie helfen, die Vielfalt biologischer Themen zu ordnen, erleichtern die Vernetzung unterschiedlicher Themen und helfen, Rückbezüge zu bereits erlernten Inhalten herzustellen. Du wirst im Laufe des Jahres verschiedenen unterschiedlichen biologischen Mechanismen und Prinzipien begegnen, die sich einem von sieben themenverbindenden Basiskonzepten zuweisen lassen. Nutze die Seiten 81 und 157, um einen Überblick zu gestalten. Struktur und Funktion Bei Lebewesen hängen Bau und Form von Merkmalen (Struktur) mit deren Eigenschaften und Aufgaben (Funktion) zusammen. Diesen Zusammenhang findet man bei Zellen und ihren Bestandteilen sowie bei Geweben, Organen oder dem Körperbau ganzer Individuen. Ein gutes Beispiel für diesen Zusammenhang sind Proteine. Du hast bereits in früheren Jahren erfahren, dass Proteine aus miteinander verknüpften Aminosäuren bestehen und dass sie je nach Aminosäuresequenz eine bestimmte räumliche Struktur einnehmen. Diese räumliche Struktur ist entscheidend dafür, dass ein Protein eine bestimmte Funktion ausüben kann. Dieses Jahr wirst du die so genannte tRNA kennenlernen. Diese Moleküle sind mit Aminosäuren beladen und ermöglichen gemeinsam mit der mRNA und mit Ribosomen die Verknüpfung der Aminosäuren in der richtigen Reihenfolge. Dabei formt sich die tRNA von selbst, sodass die Form entsteht, die dem Zweck entspricht: ein Adapter, der in die Öffnung der Ribosomen passt (siehe S. 23). Steuerung und Regelung Lebewesen reagieren auf die Umwelt. Ebenso ist es möglich, die inneren Zustände in einer Zelle, in einem Organ oder in einem Organismus trotz wechselnder Umwelt- und Lebensbedingungen in etwa gleich zu halten. In diesem Jahr lernst du viele genetische Steuerungsmechanismen kennen. Sie sind notwendig, um die als Basensequenz der DNA codierte Erbinformation zu lesen, damit anschließend Proteine zusammengebaut werden können. Damit genau diejenigen Proteine hergestellt werden, die eine Zelle zu einem bestimmten Zeitpunkt benötigt, müssen Prozesse auf mehreren Ebenen exakt gesteuert werden. Solche Regelmechanismen finden nicht nur innerhalb der Zelle statt, auch zwischen Zellen muss besonders bei Vielzellern eine Abstimmung erfolgen – eine Folge der Zellteilung und Spezialisierung. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
7 Reproduktion Organismen haben eine begrenzte Lebensdauer. Um ein Aussterben der Art zu vermeiden, müssen sie sich reproduzieren. Das heißt, Lebewesen können sich selbst vervielfältigen. Möglich ist das dadurch, dass jede Zelle ihren gesamten Bauplan in Form der DNA gespeichert hat. Die Replikation der DNA ist ein molekularer Reproduktionsvorgang: Ein DNA-Doppelstrang wird mittels mehrerer Enzyme verdoppelt, indem durch das stückweise Ergänzen einzelner Bausteine zwei identische Kopien hergestellt werden (siehe S. 17). Dieser Bauplan kann durch Mutationen (siehe S. 49) verändert werden. Außerdem entstehen durch Meiose und die Kombination von männlichen und weiblichen Geschlechtszellen bei der sexuellen Vermehrung neue, genetisch einzigartige Individuen in den Folgegenerationen. Diese Variabilität ist eine Grundvoraussetzung für evolutionäre Anpassungsprozesse. Variabilität, Verwandtschaft, Geschichte und Evolution Lebewesen sind an die Umweltbedingungen, in denen sie leben, angepasst. Diese Anpassungen sind das Ergebnis eines Entwicklungsprozesses über viele Generationen. Die ständig sich verändernden Umweltbedingungen bewirken, dass diese Anpassungsprozesse niemals zu Ende sind. Zwei Faktoren sind für die Anpassungsvorgänge besonders wichtig: Variation und Selektion (siehe S. 77). Die Anzahl der Merkmale, die durch Selektion angepasst werden, scheint grenzenlos: Dies betrifft äußere Merkmale wie Körperbau, Färbung oder Verhalten, aber genauso „innere“ Merkmale wie molekulare und physiologische Prozesse. Dieses Basiskonzept begleitet dich durch die gesamte 8. Klasse. Tatsächlich betrachten es viele Biologinnen und Biologen als das zentrale Konzept, das alle anderen miteinander verknüpft. Information und Kommunikation Lebewesen – und auch Zellen und Gewebe – haben die Fähigkeit, Informationen aufzunehmen, zu bearbeiten und an andere Organismen weiterzuleiten. Für eine funktionierende Kommunikation ist entscheidend, dass der Empfänger die Signale des Senders nicht nur empfängt, sondern auch richtig entschlüsseln kann. Das gilt für die Kommunikation zwischen Menschen genauso wie für die Kommunikation zwischen Zellen. Durch die Weitergabe der durch die DNA codierten Erbinformation findet auch eine Kommunikation von Generation zu Generation statt. Diese Weitergabe kann bei Zellteilungen durch Mutationen beeinflusst werden. Die Information kann verändert, ganz zerstört oder auch nahezu unverändert bleiben (siehe S. 49). Stoff- und Energieumwandlung Lebewesen sind für alle Abläufe und Vorgänge (Bewegung, Zellstoffwechsel, Wachstum etc.) auf Energiezufuhr von außen angewiesen. Um die chemische Energie aus der aufgenommenen Nahrung freizusetzen, entwickelten Lebewesen im Laufe der Evolution eine Vielzahl unterschiedlicher Stoffwechselwege. Als der Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre durch fotosynthetisch aktive Cyanobakterien anstieg, wurde der aerobe Stoffwechsel möglich. Auch die Zellatmung wurde von Bakterien „erfunden“. Energiereiche Verbindungen wie Glukose konnten jetzt mit Sauerstoff vollständig zu CO2 und H2O veratmet werden, wobei viel mehr Energie in Form von ATP gespeichert werden kann als bei anaeroben Vorgängen (siehe S. 69). Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
8 7. Semester Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
9 Kapitel 1 Grundlagen der Genetik zytologische und molekulare Grundlagen der Vererbung biochemische Vorgänge bei der Proteinsynthese 2 Vererbungsregeln und Humangenetik Vererbungsregeln und Humangenetik 3 Evolutionsbiologie Evolutionsmechanismen chemische und biologische Evolution Evolutionstheorien Das neue Schuljahr und Semester beginnen wir mit den Grundlagen der Genetik. Vieles davon wurde in den früheren Schuljahren bereits gestreift und einige Begriffe werden dir bekannt vorkommen: „DNA“ zum Beispiel – erinnerst du dich, wofür diese Abkürzung steht? (Falls nicht – im ersten Kapitel wird es wiederholt.) Diese Grundlagen sind die Voraussetzung für das zweite Kapitel. Hier erörtern wir, wie und nach welchen Regeln bestimmte Merkmale von einer Generation an die nächste weitergegeben werden können und welche Folgen diese Vererbungsregeln, insbesondere auch Störungen dieser Prozesse auf uns Menschen haben können. Das Teilgebiet der Biologie, das sich speziell mit dem Erbgut des Menschen beschäftigt, heißt Humangenetik. Schließlich geht es im dritten Kapitel um Evolution. „Nichts in der Biologie ergibt irgendeinen Sinn, es sei denn im Lichte der Evolution.“ Dieses eindrucksvolle Zitat wird dem bedeutenden Biologen Theodosius Dobzhansky zugeschrieben. Es veranschaulicht die zentrale Bedeutung der Evolution für das gesamte Wissensgebiet der Biologie, die ohne die Erkenntnisse der Evolutionsforschung nicht mehr denkbar ist. Die Grundlagen der Genetik und des modernen Verständnisses von Evolution wurden im 19. Jahrhundert durch Gregor J. Mendel und Charles R. Darwin gelegt. « Was erwartet dich in diesem Semester » Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
10 Grundlagen der Genetik 1. Du lernst in diesem Kapitel … W Wissen organisieren … Du erfährst, wie genetische Information auf molekularer Ebene gespeichert, verarbeitet und kopiert wird. … Du lernst die Regulation und Steuerung von Genen kennen und wirst verstehen, wie in einer Zelle Gene ein- bzw. ausgeschaltet werden. E Erkenntnisse gewinnen … Du wirst verstehen, wie die Information der DNA in RNA und die Aminosäuresequenz eines Proteins übersetzt werden. … Du lernst wie man experimentell nachweisen kann, dass DNA das Trägermolekül des Erbguts ist und wie man verschiedene DNA-Moleküle und Proteine trennen kann. S Schlüsse ziehen … Du lernst, die Bedeutung von genetischen Mechanismen zu beurteilen. … Du lernst, Argumente zur Epigenetik fachlich korrekt zu bewerten. Gentests helfen, diese und andere Fragen zu beantworten. Wenn einem Vater Zweifel kommen, ob seine Tochter oder sein Sohn wirklich sein leibliches Kind ist, kann ein DNA-Test (DNA = Desoxyribonukleinsäure, das Material der Erbanlagen) Klarheit schaffen. Der Vater lässt einen solchen Test durchführen. Ist das Ergebnis negativ, kann eine Vaterschaft ausgeschlossen werden. Auch ein Test mit Mutter und Kind kann ergeben, dass die Mutter nicht mit dem Kind verwandt ist – beispielsweise wenn das Baby nach der Geburt in der Klinik mit einem anderen Neugeborenen verwechselt wurde. Doch auch die Kriminalpolizei nutzt Gentests, etwa um nach einem Verbrechen genetische Spuren am Tatort (etwa aus Blut oder Sperma) mit dem „genetischen Fingerabdruck“ der mutmaßlichen Täterin oder des Täters zu vergleichen. Heißer diskutiert werden Gentests, mit denen sich herausfinden lässt, ob bei einer Person im weiteren Verlauf ihres Lebens eine (vielleicht unheilbare) Erbkrankheit zum Ausbruch kommen wird. Sollen Ärztinnen und Ärzte dies der Person mitteilen? Würdest du dieses Ergebnis wissen wollen? Immer mehr stehen Methoden der Genetik und der Gentechnik im öffentlichen Interesse: Journalistinnen und Journalisten, Juristinnen und Juristen, Beschäftigte bei Krankenversicherungen etc. haben immer mehr mit diesen Themen zu tun. Wer mitreden und sich ein Urteil bilden will, benötigt Grundwissen über die moderne Genetik. « Wer sind die Eltern? Wer ist die Täterin oder der Täter? » Bonusmaterial Ó ab54zh Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
11 Grundlagen der Genetik 1.1 Das Genom im Überblick Die Genetik erforscht, wie Merkmale entwickelt, vererbt und verteilt werden „Ganz die Mama!“, „Das hat er von seinem Opa!“… solche Bemerkungen kennst du sicher von Familientreffen. Verwandte gleichen sich in vielen Merkmalen. Viel weniger kommentiert – aber ebenso bemerkenswert – ist, dass Menschenkinder Menschen und Katzenkinder Katzen sind. Das erscheint dir offensichtlich, doch wieso ist das so? Die Information, dass die befruchtete Eizelle sich zu einem Menschen entwickeln soll, wird nicht wie ein Familienerbstück weitergegeben. Aber wie sonst? Die Erbinformation, die festlegt, dass ein Kind zwei Beine und zwei Arme hat, steckt im Erbgut – ebenso wie die Information über die Augenfarbe. Diese Erbinformation kannst du dir vereinfacht als Bauanleitung für Proteine vorstellen, die dann zu einem Merkmal führen. Eine einzelne solcher Bauanweisungen heißt Gen, die gesamte Erbinformation eines Lebewesens Genom. Das Erscheinungsbild eines Organismus wird als Phänotyp1 bezeichnet. Unter den biologischen Wissenschaftszweigen nimmt die Genetik (Vererbungslehre) großen Raum ein, indem sie Lebensvorgänge, die mit Vererbung zu tun haben, auf allen Strukturebenen untersucht (kAbb. 1). 1 Phänotyp: phaino (griech.) = erscheinen, typos (griech.) = Gestalt Reproduktion Ein wichtiges Merkmal aller Lebewesen ist die Fähigkeit zur Reproduktion. Dabei geben sie Erbinformation in Form von DNA an die Folgegeneration weiter. Die Basis für diesen Vorgang ist die identische Verdoppelung der Erbinformation. Moleküle Zellen Organismen Populationen Protein Zelltod Biomedizin Zellstoffwechsel Zelldifferenzierung Zellteilung DNA RNA Phänotyp Fortpflanzung Evolution Züchtung Variabilität Anpassung Entwicklung Abb.1: Die Genetik untersucht mit Vererbung zusammenhängende Lebensvorgänge auf verschiedenen Ebenen. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
Aufgaben 12 Die Erbinformation wird durch Nukleinsäuren weitergegeben Und wo stecken die Gene? Sie sind Stücke eines sehr langen DNA1 -Moleküles – jedes Gen ist also ein Abschnitt auf der DNA. Dies wurde erstmals an Bakterien bewiesen, als in den 1920er Jahren Frederick Griffith2 nach Impfstoffen gegen Streptococcus pneumoniae suchte. Diese Bakterien können Lungen- oder Hirnhautentzündung auslösen. Griffith arbeitete mit Mäusen und so genannten S- und R-Bakterien-Stämmen. Die S-Stämme sind infektiös, die R-Stämme nicht (kAbb. 2). Er stellte fest, dass bestimmte Eigenschaften von einem Bakterium auf das andere übergehen können (kAbb. 3). Dieses als Transformation3 bezeichnete Phänomen lässt sich im Gefäß zeigen. Auch abgetötete S-Bakterien können die Eigenschaft weitergeben. Erst etwa 20 Jahre später konnte ein Team um Oswald T. Avery4 zeigen, dass diese Eigenschaft über die DNA weitergegeben wird: In verschiedenen Proben mit abgetöteten S-Bakterien wurden jeweils andere Stoffe (DNA, Proteine etc.) zerstört. Dabei kamen sie zu folgendem Ergebnis: Eine Transformation (der nicht infektiösen Zellen) findet nicht statt, wenn die DNA der infektiösen Stämme zerstört wurde. Folglich muss die Eigenschaft „infektiös“ durch die DNA vermittelt und übertragen werden. Spätere Experimente bestätigten dieses Ergebnis, die Struktur der DNA blieb aber weiterhin ein Rätsel, bis sie 1953 aufgeklärt wurde (siehe S. 14). Genetische Informationen werden über Gene weitergeben, die aus DNA bestehen R-Bakterien (R für engl. rough) können vom Immunsystem erkannt und vernichtet werden, weil ihnen die Kapsel fehlt. raue Kolonien (R) nicht infektiös S-Bakterien (S für engl. smooth) tragen eine Kapsel aus Kohlenhydraten, die sie vor dem Immunsystem schützt. glatte Kolonien (S) infektiös Abb. 2: S-Bakterien und R-Bakterien von Streptococcus pneumoniae unterscheiden sich in einem Merkmal. Streptococcus pneumoniae (Rasterelektronenmikroskop) 1 µm lebende S-Bakterien Tod durch lebende S-Bakterien keine Erkrankung durch lebende R-Bakterien keine Erkrankung durch tote S-Bakterien Tod durch lebende S-Bakterien lebende R-Bakterien durch Erhitzen abgetötete S-Bakterien Gemisch aus abgetöteten S-Bakterien und lebenden R-Bakterien Experiment 1 Experiment 2 Experiment 3 Experiment 4 Bakterien werden auf Labormäuse übertragen. Eine Mischung abgetöteter, vorher infektiöser S-Bakterien und lebender, nicht infektiöser R-Bakterien führt bei Mäusen zum Tod. Abb.3: Transformation. Die Fähigkeit zur Infektion kann von S-Bakterien auf R-Bakterien übergehen und macht sie dann infektiös. 1 S Wenn im Versuch von Abbildung 3 der Schritt des Abtötens entfällt, sterben die Versuchstiere, denen das Gemisch injiziert wird. Dieses Ergebnis ist wertlos. Begründe diese Tatsache. 1 DNA: deoxyribonucleic acid (engl.) = Desoxyribonukleinsäure 2 Frederick Griffith: britischer Mediziner und Pathologe, 1877–1941 3 Transformation: Unter diesem Begriff versteht man in der Genetik und Molekularbiologie die Übertragung von freier DNA zwischen Zellen. Damit können Eigenschaften zwischen Bakterien übertragen werden. 4 Oswald T. Avery: kanadischer Mediziner, 1877–1955; Er wurde 38 Mal für den Nobelpreis nominiert, aber niemals damit ausgezeichnet. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
Aufgaben 13 Grundlagen der Genetik Prokaryoten haben ringförmige DNA-Moleküle Viele Erkenntnisse über die DNA entstammen Versuchen mit Bakterien. Bei diesen Prokaryoten ist die DNA ein ringförmiges Molekül. Beim Bakterium Escherichia coli ist dieses Molekül ca. 1 mm lang und trägt etwa 3 000 Gene. Die DNA liegt frei in der Zelle (bei Prokaryoten gibt es ja keinen Zellkern), der Bereich rund um die DNA wird als Nukleoid bezeichnet. Neben dem ringförmigen DNA-Molekül, das im Wesentlichen das Erbgut eines jeden Prokaryoten darstellt, finden sich in den Zellen mancher Prokaryoten zusätzlich oft kleinere DNA-Ringe mit bis zu zwei Dutzend Genen. Diese kleinen Ringe werden als Plasmide bezeichnet und spielen eine wesentliche Rolle bei der Übertragung von Eigenschaften zwischen Bakterienzellen: Durch Plasmide können DNA-Abschnitte, also Gene, zwischen Bakterien ausgetauscht werden und damit Eigenschaften übertragen werden (siehe S. 12). In der Prozyte liegt die DNA als ringförmiges Molekül vor, daneben gibt es kleinere DNA-Ringe, die Plasmide 1 W Chromosomen sind in den Zellen nur zeitweise lichtmikroskopisch sichtbar. Erkläre diesen Befund. Bei Eukaryoten ist die DNA mit Proteinen zu Chromatin verpackt Bei Eukaryoten ist die DNA linear (im Gegensatz zur ringförmigen DNA der Prokaryoten). Außerdem ist sie viel umfangreicher: Die DNA jeder menschlichen Zelle hat einen Durchmesser von 2 nm und ist etwa 1,8 m lang. Stell dir zur Veranschaulichung Zwirnfäden vor, die 18 km lang sind und in einem Tischtennisball untergebracht werden müssen – und zwar nicht irgendwie: Die DNA muss so gepackt sein, dass jede Stelle jederzeit abgelesen und kopiert werden kann. Das Chromatin stellt also einen Zustand dar, in dem die Gene abgelesen und kopiert werden können. Im Lichtmikroskop kann man DNA nur bei geeigneter Färbung sehen: Diese gefärbte Substanz im Zellkern wird als Chromatin1 bezeichnet. Es besteht aus etwa 40% DNA, 40% Histonen (Verpackungsproteine), 15% anderen Proteinen und 5% RNA (siehe S. 14). Die DNA ist um Histone gewickelt, ähnlich wie Haare um Lockenwickler (kAbb. 4). Sie können verschoben werden, um unterschiedliche DNA-Abschnitte zum Ablesen freizugeben. Wird die Nukleosomenkette weiter aufgewickelt und spiralisiert, entsteht schließlich die dichteste Form des Chromatins, die lichtmikroskopisch sichtbaren Chromosomen2. Diese können während einer Zellteilung im Mikroskop fotografiert und am Bildschirm der Größe nach angeordnet werden. Ein solches Bild aller Chromosomen einer Zelle nennt man Karyogramm3 (siehe S. 54). Jede Zelle einer Organismen-Art besitzt die gleichen Chromosomen – die Anzahl und der Bau der Chromosomen sind also artspezifisch. Jede menschliche Zelle enthält beispielsweise 46 Chromosomen (Ausnahme: Geschlechtszellen, siehe S. 54). Im Normalfall liegt die DNA nicht in ihrer dichtesten Packform vor, also nicht als Chromosomen. Diese stellen die Transportform dar, die bei der Zellteilung sinnvoll ist (siehe dazu auch S. 17). Nukleosomenkette „Zwei-Chromatid-Chromosom“: aus 2 Schwesterchromatiden nm = Nanometer = 10–9m 2nm 300nm 1400nm = 1,4µm 10nm Nukleosom 30nm Histon Zentromer Die Nukleosomenkette wird weiter aufgewickelt. Die Spiralisierung führt zu weiteren Verdichtungen. DNA-Doppelhelix Das DNA-Molekül ist um Histone gewickelt. Ein solcher Komplex aus DNA und Histonen heißt Nukleosom. Abb.4: Die DNA der Eukaryoten ist während der Kernteilungen zu Chromosomen verpackt. 1 Chromatin: chromos (griech.) = Farbe 2 Chromosom: soma (griech.) = Körper 3 Karyogramm: karyon (griech.) = Kern, gramma (griech.) = Geschriebenes Die DNA der Euzyte unterscheidet sich von der DNA der Prozyte: Sie ist viel länger, sie ist linear (nicht ringförmig) und sie ist um Histone (Proteine) zu Chromatin gewickelt (in Prozyten gibt es kein Chromatin) Struktur und Funktion Die Packung eines langen Fadens zu einem kompakten Körper wird durch mehrfaches Aufwickeln erreicht. Dadurch kann die enorme Länge auf einen winzigen Bereich gepackt werden, ohne dass ein wirres Knäuel entsteht. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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