95 Biodiversität 5.1 Biodiversität Die Vielfalt des Lebens auf der Erde Unter Biodiversität versteht man die Vielfalt der Arten und Ökosysteme auf der Erde, sowie die genetische Vielfalt dieser Arten. Werden Arten selten, wird die genetische Vielfalt immer geringer und die Art ist von genetischer Verarmung betroffen. Wildpferde waren beispielsweise über Jahrzehnte in freier Natur ausgestorben. Seit 1990 wird versucht, sie in den Halbwüsten Innerasiens wieder heimisch zu machen. Alle heute lebenden Wildpferde stammen allerdings von nur 13 Tieren ab, die in den 1920er Jahren eingefangen, und in Zoos gehalten wurden. Selbst wenn die Auswilderung Erfolg hat und das Wildpferd gerettet werden kann, so ist seine genetische Vielfalt bereits extrem eingeschränkt. Der Verlust der Biodiversität kann dazu führen, dass unerwünschte Merkmale einzelner Individuen an überproportional viele Artgenossen weitergegeben werden, was sich negativ auf die Überlebenswahrscheinlichkeit der Art auswirkt. Generell gilt, dass terrestrische Ökosysteme1 in der Nähe des Äquators eine größere Biodiversität besitzen als polnahe Ökosysteme, weil in Äquatornähe ein gleichmäßig warmes und feuchtes Klima herrscht. Dieses begünstigt eine hohe Fotosyntheserate und damit eine ständige Produktion von großen Mengen an Pflanzenmaterial, das als Nahrung für andere Arten zur Verfügung steht. Die höchste Biodiversität haben daher die Tropen: Sie besitzen nur 10 % der Fläche der Erde, aber man findet hier 90 % der Arten, die auf der Erde vorkommen. Man nennt solche Orte höchster Artenvielfalt auch Hotspots. 1 terrestrisches Ökosystem: terrestrisch bedeutet „an Land“, terra (lat.) = Erde; Ökosystem kommt vom oikos (griech.) = Haus und systema (griech.) = das Verbundene; Ein Ökosystem besteht aus einer Lebensgemeinschaft von Lebewesen unterschiedlicher Arten und ihrer Umwelt. Die Tropen sind Hotspots der Biodiversität Reproduktion Die Auswilderung des Wildpferdes kann nur dann Erfolg haben, wenn sich die Tiere in freier Wildbahn in entsprechender Anzahl vermehren, und die Population damit wieder wachsen kann. Variabilität, Verwandtschaft, Geschichte und Evolution Die evolutionäre Anpassung von Arten an sich verändernde Umwelten basiert auf biologischer Vielfalt (Biodiversität) und natürlicher Auslese (Selektion). Die Selektion vorteilhafter Merkmale ist nur möglich, wenn es ausreichend Vielfalt gibt. Wie viele Arten gibt es auf der Erde? Die gesamte Artenzahl auf der Erde zu bestimmen ist eine schwierige Aufgabe, da man dafür schätzen muss, wie viele Arten noch unentdeckt sind. Dazu stellen Forscherinnen und Forscher Berechnungen an, die sich an den bereits bekannten Artenzahlen in einem bestimmten Lebensraum orientieren. Bis in die 1970er Jahre dachte man, dass eine gesamte Artenzahl von zwei Mio. wahrscheinlich wäre. Erst dann wurde die atemberaubende Artenvielfalt der Baumkronen im tropischen Regenwald entdeckt. Eine ähnliche Revolution bahnt sich soeben in der Tiefsee an, die lange als wenig besiedelt galt. Aktuellen Berechnungen nach gibt es auf der Erde vermutlich zwischen 5 und 80 Mio. Arten. Davon sind aktuell etwa 2 Mio. beschrieben. Eine Mio. davon, also die Hälfte aller heute beschriebenen Arten, sind Insektenarten (kAbb.1)! Die Wirbeltiere, zu denen der Mensch, alle Säugetiere, Vögel, Reptilien, Fische und Amphibien gehören, fallen zahlenmäßig überhaupt nicht ins Gewicht (kAbb. 1). Die Gesamtzahl der beschriebenen Säugetierarten beträgt etwa 6 400, die der Vögel etwa 10 000. Weitere Gruppen außer den Insekten, die ebenfalls sehr artenreich sind, sind beispielsweise die Pilze und die Weichtiere. Zwei Mio. Arten sind aktuell beschrieben. Die Hälfte davon sind Insektenarten Abb.1: Globale Artenvielfalt aller Lebewesen. Die Insekten zeigen mit Abstand die größte Artenvielfalt. Stachelhäuter Insekten Fische Amphibien Bakterien Farne Blütenpflanzen Pilze Vögel Säugetiere Reptilien andere Schwämme Nesseltiere Weichtiere Plattwürmer Ringelwürmer Fadenwürmer Spinnentiere Krebstiere Moose Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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