am Puls Biologie 7 RG, Schulbuch

62 Es ist jedoch keineswegs so, dass bei allen Krebsarten all diese Prozesse in gleicher Reihenfolge ablaufen oder von gleicher Bedeutung sind. Jeder Krebs hat seine Besonderheit in Hinblick auf Entstehung und Verlauf. Dennoch hoffen viele Krebsforscherinnen und -forscher, dass man mit einem besseren Verständnis der grundlegenden Entstehungsprozesse von Krebs, eines Tages diese Krankheit(en) besser bekämpfen können wird. Je genauer eine Krebsart erforscht ist, desto spezifischer könnte die Therapie aussehen. Bereits jetzt gibt es Ansätze, bestimmte Krebsarten durch synthetisch hergestellte und hoch spezifische Antikörper zu bekämpfen. Sobald die Antikörper an die Krebszellen binden, werden diese vom Immunsystem erkannt und eliminiert. Eine große Schwierigkeit besteht allerdings darin, dass es offenkundig vielen Krebszellen nach vorübergehendem Therapieerfolg gelingt, sich an eine spezifische Behandlung anzupassen, ihr (und damit dem Immunsystem) geradezu auszuweichen – eine Art evolutionäre Anpassung. Eine Lösung könnte darin bestehen, sich bei der Medikamentenentwicklung nicht nur auf eine der in Abbildung 9 auf Seite 60 dargestellten Eigenschaften zu konzentrieren, die Krebszellen neu erwerben. Stattdessen könnten mehrere dieser Eigenschaften gezielt angegriffen werden. Wenn etwa zeitgleich oder zeitnah Wachstumssignale geblockt und die Angiogenese in Geschwüren unterbunden wird, könnte es Krebszellen deutlich schwerer fallen, sich daran anzupassen. Ebenso wäre es denkbar, mehrere Stoffwechselschritte, die in einem Prozess wie der Apoptose bei Krebszellen umprogrammiert werden, wiederherzustellen bzw. deren Ausschalten zu verhindern. Derzeit wird Krebs vor allem bekämpft, indem man versucht, das Krebsgewebe möglichst vollständig zu entfernen. Das ist besonders bei kleinen Geschwüren, die noch nicht metastasiert sind, oft erfolgreich (zB in frühen Stadien von Brust- oder Prostatakrebs). Ergänzend werden Krebspatientinnen und -patienten häufig mit Chemo- oder Strahlentherapie behandelt. Bei der Chemotherapie nimmt die Patientin oder der Patient Medikamente ein, die vor allem bei solchen Zellen tödlich wirken, die sich oft teilen. Da das nicht nur Krebszellen betrifft, sondern zB auch Haarfollikel, fallen den Behandelten oft die Haare aus. Viele klagen über Übelkeit. Bei der Strahlentherapie wird das erkrankte Gewebe radioaktiv bestrahlt, wodurch das Erbgut der Zellen teilweise zerstört wird und diese dadurch absterben. Das ist zwar wesentlich lokaler als die Chemotherapie, doch auch hier werden gesunde Zellen in der Umgebung des Geschwürs getroffen. Allerdings können sich gesunde Zellen, aufgrund der bei ihnen besser funktionierenden Reparaturmechanismen, besser regenerieren. Da diese Therapien bei einigen Krebsarten (wie Brustkrebs) relativ gute Heilungschancen zeigen, nehmen Betroffene diese Nebenwirkungen meist in Kauf. Oft lässt sich das Risiko, an Krebs zu erkranken, durch den eigenen Lebensstil verringern: Das Risiko, an Lungen- oder Darmkrebs zu erkranken, ist bei Nichtraucherinnen und Nichtrauchern deutlich geringer. Ähnliches gilt für Alkohol (Leberkrebs) und Sonnenbrand (Hautkrebsrisiko). Spezifische Therapien könnten gezielter bestimmte Krebsarten bekämpfen; Krebszellen scheinen sich jedoch anpassen zu können Mutationen als Grundbedingung von Krebs Wäre eine Wucherung nur lokal, würde sie meist nur begrenzten Schaden anrichten und wäre durch eine Operation relativ leicht zu entfernen – sofern sie rechtzeitig erkannt wird. Etwa 90 % der Krebstode gehen aber darauf zurück, dass einige Krebszellen das ursprüngliche Tumorgewebe verlassen, in andere Gewebe eindringen und dort wiederum den Stoffwechsel gesunder Zellen umpolen, sodass an diesem Ort eine neue Wucherung entsteht. Dieser Vorgang heißt Metastasierung. Wie bei den zuvor beschriebenen Prozessen ist hierfür eine Mutation bestimmter Gene verantwortlich. Es sollte nun klar sein, dass Mutationen eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Krebs spielen. Normalerweise ist eine Mutation im Erbgut ein ausgesprochen seltenes Ereignis und wird, wenn sie auftritt, meist von Reparaturenzymen berichtigt. In Krebszellen scheinen die Reparaturmechanismen außer Kraft gesetzt zu sein, so dass sich Mutationen anhäufen können. Das würde auch erklären, warum mit zunehmendem Alter die Wahrscheinlichkeit zunimmt, an Krebs zu erkranken: Je öfter die Zellen sich teilen, desto mehr Mutationen können entstehen. Metastasierung: Krebszellen lösen sich aus dem ursprünglichen Tumor und gehen auf Wanderschaft Variabilität, Verwandtschaft, Geschichte und Evolution Durch Mutationen entstehen Krebszellen, die in ihrem Stoffwechsel, ihrem Wachstum und ihrer potenziellen Unsterblichkeit nicht mehr normalen Zellen entsprechen. Neue Medikamente: gleichzeitiger Eingriff in mehrere Prozesse der Krebsentstehung? Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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