am Puls Biologie 7 RG, Schulbuch

33 Krankheitserreger Einschub: Ausflug in die Welt der Erbgut-Moleküle Wenn ein Virus eine deiner Zellen attackiert und sich von ihr vermehren lässt, kommt es zu einem vielfältigen Wechselspiel zwischen Virus-Molekülen und Molekülen der Wirtszelle. Deshalb machen wir an dieser Stelle einen kleinen Ausflug in die Molekularbiologie, auch wenn das eigentlich erst Thema der achten Klasse ist. Zunächst einmal ist es wichtig zu wissen, dass es zwei verschiedene Formen von Erbgut gibt: Während bei allen Lebewesen ein Molekül mit dem Namen Desoxyribonukleinsäure (DNA) die Erbinformation speichert, gibt es einerseits Viren, die ebenfalls DNA in sich tragen, andererseits solche, deren Erbgut aus Ribonukleinsäure (RNA) besteht. DNA und RNA bestehen aus •• Zucker (Desoxyribose in DNA, Ribose in RNA), •• Phosphat •• und verschiedenen ringförmigen Molekülen, den Basen. Die DNA in unseren Zellen bildet verschiedene Abschnitte, die man Gene nennt. Gene sind also Stücke der DNA und können daher vererbt werden. Jedes Gen trägt dabei die Information für ein Merkmal in sich. Sehr viele Merkmale (zB deine Augenfarbe) beruhen auf dem Zusammenspiel mehrerer Gene. Bei RNA-Viren dient RNA statt DNA als Informationsspeicher. Damit ein Merkmal überhaupt entstehen kann, muss das dafür verantwortliche Gen aktiviert und abgelesen werden. Dabei wird der spezifische DNA-Abschnitt, der dieses Gen ausmacht, in ein RNA-Molekül umgeschrieben. Das nennt man Transkription (= Umschreiben). Das Enzym, das dafür verantwortlich ist, heißt Transkriptase. Das entstandene RNA-Molekül dient wiederum als Vorlage, um an den Ribosomen der Zelle daraus ein Protein herzustellen. Dieser Vorgang heißt Translation (= Übersetzen) (kAbb. 10). Viren sind in der Lage, diese Vorgänge für sich zu nutzen. Dabei verändern sie den Stoffwechsel ihrer Wirtszelle so, dass diese einerseits genau die Proteine herstellt, die die Viren für ihre Hülle benötigen. Andererseits wird die Zelle gezwungen, das Erbgut des Virus-Teilchens zu vermehren. Das nennt man Replikation (= Herstellen von Kopien). Vielleicht fragst du nun, warum dein Körper nicht Abwehrstrategien gegen Viren entwickelt: Wenn man immer wieder attackiert wird, sollte man den Feind doch kennengelernt haben und wissen, wie ihm beizukommen ist? Bei Tieren ist dafür die Immunabwehr zuständig. Spezifische Antikörper sorgen dafür, dass Viren, die der Körper kennt, buchstäblich herausgefischt werden und keinen größeren Schaden anrichten können. Doch Viren „tarnen“ sich. Denn immer dann, wenn ein DNA- oder RNA-Molekül kopiert wird, besteht die Möglichkeit, dass dabei „Fehler“ entstehen. Diese Abweichungen vom Originalmolekül nennt man Mutationen. Mutationen können auch durch Umwelteinflüsse entstehen, zB UV-Licht, radioaktive Strahlung oder Gifte wie Nikotin. Das Erbgut von Viren ist besonders fehleranfällig. Zudem arbeiten die Reparatursysteme der Wirtszelle, die bei der Vermehrung von DNA derartige Fehler weitgehend beheben können, beim Erbgut von Viren nicht besonders gut. So entstehen bei vielen Viren ständig neue Viren-Varianten, die unser Immunsystem nicht mehr erkennt. Daher kannst du auch in diesem Jahr an Grippe erkranken, selbst wenn du bereits im letzten Jahr einen grippalen Infekt hattest. Bei manchen Viren kommt noch etwas anderes hinzu: Wenn sie ihr Erbgut in die DNA der Wirtszelle einbauen lassen, können so lange Viren hergestellt werden, bis diese Zelle stirbt. Unser Erbgut besteht aus DNA; bei Viren kann es auch RNA sein Das Erbgut vieler Viren mutiert sehr schnell und entkommt so dem Immunsystem der Wirte Transkription Translation Kernhülle Zellkern Zytoplasma DNA RNA Ribosom Proteine Abb.10: Vom Gen zum Protein – ein normaler Prozess in unseren Zellen. Variabilität, Verwandtschaft, Geschichte und Evolution Die hohe Mutationsrate bei Viren führt dazu, dass ständig neue Virenmutanten entstehen, an die sich das Immunsystem neu anpassen muss. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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