Aufgaben 115 Nachhaltige Entwicklung 6.1 Was ist „Nachhaltige Entwicklung“? Internationale Umweltpolitik 1: Montreal-Protokoll und Brundtland-Bericht „Nachhaltigkeit“ ist ein Begriff, der heute inflationär verwendet wird: Man lernt „nachhaltig“, legt sein Geld „nachhaltig“ an, verändert eine Landschaft „nachhaltig.“ Dabei mag jeweils Unterschiedliches gemeint sein. So kann „nachhaltige Geldanlage“ bedeuten, dass man langfristig in die Zukunft plant, etwa für die Altersvorsorge. Derselbe Begriff könnte andererseits eine Investition in Unternehmen charakterisieren, die in der Produktion und im Umgang mit Angestellten Wert auf Umwelt- und Arbeitsschutz legen. In jedem Fall heißt „nachhaltig“, dass man über die momentane Situation hinaus in die Zukunft denkt bzw. wirkt – im Guten wie im Schlechten. Denn auch eine Umwandlung eines Moorgebietes in Ackerland ist eine „nachhaltige Landschaftsveränderung“ – sie ist sehr schwer rückgängig zu machen. Genau genommen stammt der Begriff „Nachhaltigkeit“ aus der Forstwirtschaft. Der deutsche Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz (1645–1714) stellte bei Reisen durch Europa fest, dass es vielerorts zu wenig Holz gab, weil großflächig Wald für die Gewinnung und Verhüttung von Eisenerz, die Herstellung von Salz sowie den Städte- und Schiffbau gerodet worden war – ohne Wiederaufforstung. Er forderte, dass nur so viel Holz geschlagen werden dürfe, wie in derselben Zeit nachwachsen könne. Doch selbst heutzutage wird dies bei weitem nicht immer beherzigt (kAbb. 1). Allzu oft wird dieser Leitgedanke der Nachhaltigkeit erst beachtet, wenn die Umwelt, in der wir leben, sich bedrohlich verändert. So schrumpfte die Waldfläche in England von ca. 15 % im Jahre 1086 auf ca. 5 % im Jahr 1905. Ironischerweise war es der Bedarf der Armee nach Holz im Ersten Weltkrieg (ua. für Schützengräben), der dazu führte, dass die britische Regierung nach Ende des Krieges ein gewaltiges Wiederaufforstungsprogramm begann. Heutzutage sind etwa 13 % des Landes bewaldet. Ähnlich weit musste es bei der Zerstörung großer Bereiche der Ozonschicht kommen, deren Ausmaß erst in den 1980er Jahren entdeckt wurde. Die Angst vor einem weltweiten Anstieg an Hautkrebs durch UV-Strahlung veranlasste die internationale Gemeinschaft zu einem beispiellos schnellen Handeln: Bereits 1987 wurde von Vertretern fast aller Staaten das Montrealer Protokoll zum Verbot der Herstellung und des Ausstoßes ozonzerstörender Gase unterzeichnet. Erst jetzt, nach mehr als 30 Jahren, scheint sich die Ozonschicht langsam zu regenerieren. Doch wird es wohl noch weitere 70 bis 80 Jahre dauern, bis sie ihre ursprüngliche Dichte erreicht – ein Beispiel dafür, wie lange Eingriffe des Menschen in die Umwelt wirksam sein können. 1987 war auch das Jahr, in dem die „Weltkommission zu Umweltschutz und Entwicklung“ der Vereinten Nationen unter Vorsitz der damaligen norwegischen Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland den so genannten Brundtland-Bericht herausgab. Darin wurde Nachhaltigkeit folgendermaßen und für die internationale Politik bis heute gültig definiert: „Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.“ Holzmangel und Ozonloch als Anlass für Umweltprogramme Steuerung und Regelung Eingriffe des Menschen in die Umwelt haben oft schwerwiegende und langanhaltende Folgen. Gesetze können eine steuernde Wirkung entfalten (wenn sie beachtet werden und der Staat ihre Einhaltung kontrolliert). Abb.1: Zu- bzw. Abnahme von Wald in den Großregionen der Welt. Asien Ozeanien Europa Nord- und Zentralamerika Südamerika Afrika Flächenveränderung in Millionen ha pro Jahr 0 1 -1 -2 -3 -4 2 3 1990–2000 2000–2010 2010–2020 1 W Stelle eine Hypothese dazu auf, warum in manchen Großregionen in Abbildung 1 die bewaldete Fläche zu- und in anderen abnimmt. Berücksichtige dabei Bevölkerungsentwicklung, landwirtschaftliche Produktivität, Holzexport und andere Gründe für Rodungen/Flächenverbrauch. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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