110 Wissenschaftliches Arbeiten Quellenangabe und Zitieren Warum Quellen angeben? Eigentum betrifft nicht nur Dinge, die man anfassen kann. Wenn dir eine neue Erkenntnis kommt, wenn du im Labor oder in der Natur eine neue Beobachtung machst, dann ist das in gewissem Sinn dein geistiges Eigentum. Du wirst es als gerechtfertigt ansehen, dass jemand, der von deinen Ideen liest und sie in eigene Texte einbaut, deutlich macht, dass DU diese Gedanken zuerst gehabt hast. Das allerdings ist gar nicht immer so eindeutig. Ein berühmtes Beispiel in der Wissenschaftsgeschichte ist die Entdeckung des Prinzips der Selektion. Es besagt, dass sich neue aus bereits bestehenden Arten ua. deshalb entwickeln, weil manche Individuen einer Art aufgrund bestimmter neuer Eigenschaften besser an vorherrschende Umweltbedingungen angepasst sind als andere Individuen – und sich daher durchsetzen. Diese Idee ist eine der Grundlagen der Evolutionsbiologie, die du im nächsten Band kennenlernen wirst. Nur: Dieses Prinzip wurde von zwei Naturforschern unabhängig voneinander erkannt: Charles Darwin und Albert Russel Wallace. Während heutzutage fast ausschließlich Charles Darwin als Begründer der „Theory on Evolution“ gilt, ist der Name Albert Russel Wallace weitgehend in Vergessenheit geraten. Dabei hatten sich beide im Jahr 1859 geeinigt, ihre Arbeiten zeitgleich zu veröffentlichen. Zuweilen gehen Autorinnen und Autoren nicht ganz so ehrlich miteinander um. So gab es einigen Streit zwischen zwei Forschungsteams aus den USA und Frankreich darüber, wer das HI-Virus als erstes beschrieben hatte. Manchmal wird die Angabe der Herkunft einer Information einfach weggelassen. Dahinter mag Nachlässigkeit stehen. Trotzdem liegt der Verdacht nahe, dass man eine fremde Idee als eigene darstellen möchte. Darüber ist sogar ein deutscher Verteidigungsminister gestolpert. An österreichischen Universitäten wird mittlerweile bei jeder Abschlussarbeit durch eine Software geprüft, ob die Autorin oder der Autor von anderen abgeschrieben hat, ohne auf die Originalquelle hinzuweisen. Das wäre ein so genanntes Plagiat. Viele Universitäten in den USA bestrafen ein solches Vorgehen sogar bei Hausarbeiten mit der Androhung eines Studienausschlusses. Wie Quellen angeben? Es dürfte somit klar sein, dass es nicht nur ehrlich, sondern unabdinglich ist, anzugeben, woher eine bestimmte Information, ein guter Gedanke, eine seltsame Idee stammt, auf die man in der eigenen Arbeit Bezug nimmt. Zudem bekommt die Leserin/der Leser dadurch die Gelegenheit, in der Originalarbeit nachzulesen, wie es zu den jeweiligen Aussagen kam. Deswegen ist es in wissenschaftlichen Veröffentlichungen Pflicht, direkt hinter jeder Information bzw. Idee, die von jemand anderem stammt, die Quelle anzugeben. Das kann eine einzelne Arbeit sein. Oft bezieht man sich jedoch auf mehrere Artikel. Dadurch wird deutlich, dass die betreffende Beobachtung nicht nur einmal gemacht wurde. Beispielsweise gibt es eine Vielzahl von Arbeiten darüber, was Jugendliche unterschiedlicher Länder über Übertragungswege des HI-Virus wissen. Wenn du ebenfalls an diesem Thema arbeitest, wirst du eventuell eine Auswahl treffen müssen. Wie diese Verweise erfolgen, unterscheidet sich bei den einzelnen wissenschaftlichen Zeitschriften erheblich. Manche arbeiten mit Fußnoten, andere mit hochgestellten Zahlen oder Zahlen in eckigen Klammern, wieder andere verlangen, dass bei den Quellenangaben die Autorennamen samt Jahr der Veröffentlichung in Klammern genannt werden (kAbb. 30). Im Literaturverzeichnis am Ende der Arbeit wird dann jedem Verweis eine bestimmte Arbeit zugeordnet (kAbb. 30). Bei Arbeiten mit vielen Autorinnen und Autoren werden manchmal nur die ersten genannt und die Aufzählung mit dem Kürzel „et al.“1 abgekürzt. Wie das für deine VWA gehandhabt wird, musst du mit deinen Betreuungslehrern/ innen absprechen. In jedem Fall solltest du einheitlich vorgehen. Bei Internetquellen wird der Link samt dem Datum angegeben, an dem die entsprechende Seite angeschaut wurde. Abb.29: Beim Übernehmen von Information anderer muss die Originalquelle im eigenen Text genannt werden. Werden diese Angaben unterlassen, spricht man von einem Plagiat. Das ist der Raub der Ideen anderer, die unter eigener Flagge „verkauft“ werden. Gepts P, Aragão FJL, Barros E, de, Blair MW, Brondani R, Broughton W, Galasso I, Hernández G, Kami J, Lariguet P, et al. 2008. Genomics of Phaseolus beans, a major source of dietary protein an micronutrients in the Tropics. In: Moore PH, Ming R, editors. Genomics of tropical crop plants. Plant genetics and genomics: crops and models. New York: Springer. p. 113–143 Abb. 30: Oben: Ausschnitt eines Artikels der Zeitschrift Molecular Biology and Evolution. Unten: die entsprechende Angabe im Literaturverzeichnis. Common bean (Phaseolus vulgaris) is one of the most important crops for human nutrition, being a source of proteins, vitamins, fibres, and essential micronutrients worldwirde (Gepts et al. 2008). This species belongs to a highly diversified 1 et al.: et alia (lat.) = und andere; Gemeint sind hier die Kolleginnen und Kollegen, die an dieser Veröffentlichung mitgearbeitet haben. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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