Mit Online-Codes im Buch am Puls Biologie Barbara Fischer | Michel Fleck | Uwe K. Simon mit erweitertem Aufgabenbereich
1. Auflage (Druck 0001) © Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart, Bundesrepublik Deutschland, 2010 © der Lizenzausgabe: Österreichischer Bundesverlag Schulbuch GmbH & Co. KG, Wien 2023 www.oebv.at Alle Rechte vorbehalten. Jede Art der Vervielfältigung, auch auszugsweise, gesetzlich verboten. Redaktion: Mag. Johanna Kramer-Gerstacker, Iwona Dullinger, PhD Herstellung: Alexandra Brych, Wien Umschlaggestaltung: Jens-Peter Becker, normalsdesign GbR, Schwäbisch Gmünd Layout: Jens-Peter Becker, normaldesignGbR, Schwäbisch Gmünd, Martin Stumpauer, Wien Satz: CMS – Cross Media Solutions GmbH, Würzburg Druck: Ferdinand Berger & Söhne Ges.m.b.H., Horn ISBN 978-3-209-11669-7 (am Puls Biologie SB 7 + E-Book) ISBN 978-3-209-13393-9 (am Puls Biologie SB 7 E-Book Solo) am Puls Biologie OS SB 7 + E-Book Schulbuchnummer: 215568 am Puls Biologie OS SB 7 E-Book Solo Schulbuchnummer: 215569 Mit Bescheid des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom 20. März 2023, 2022-0.740.431, gemäß § 14 Absatz 2 und 5 des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 472/86, und gemäß den derzeit geltenden Lehrplänen als für den Unterrichtsgebrauch für die 7. Klasse an allgemein bildenden höheren Schulen, Oberstufe, im Unterrichtsgegenstand Biologie und Umweltkunde (Lehrplan 2018) geeignet erklärt. Dieses Werk wurde auf Grundlage eines zielorientierten Lehrplans verfasst. Konkretisierung, Gewichtung und Umsetzung der Inhalte erfolgen durch die Lehrerinnen und Lehrer. Liebe Schülerin, lieber Schüler, Sie bekommen dieses Schulbuch von der Republik Österreich für Ihre Ausbildung. Bücher helfen nicht nur beim Lernen, sondern sind auch Freunde fürs Leben. Kopierverbot Wir weisen darauf hin, dass das Kopieren zum Schulgebrauch aus diesem Buch verboten ist - §42 Abs. 6 Urheberrechtsgesetz: „Die Befugnis zur Vervielfältigung zum eigenen Schulgebrauch gilt nicht für Werke, die ihrer Beschaffenheit und Bezeichnung nach zum Schul- oder Unterrichtsgebrauch bestimmt sind.“ Bearbeitung auf der Grundlage von Markl Biologie Oberstufe, 1. Auflage, ISBN 978-3-12-150010-9, Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2010; Markl Biologie Oberstufe, 1. Auflage, ISBN 978-3-12-150050-5, Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2018; Markl Biologie 1, 1. Auflage, ISBN 978-3-12-150020-8, Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2014; Markl Biologie 2, 1. Auflage, ISBN 978-3-12-150030-7, Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2015; (Herausgeber: Jürgen Markl; Autoren: Maria Beier, Berthold Brose, Ika Friedrich, Sven Gemballa, Jürgen Heinze, Holger Knerich, Ralf Küttner, Inge Kronberg, Jürgen Markl, Nico K. Michiels, Matthias Nolte, Harald Paulsen, Benjamin Roser, Ulrich Schmid, Walter Stöcker, Roland Strauss) Umschlagbild: Dunkle Erdhummel – Getty Images / image BROKER RM Illustrationen: Christine Pleyl-Horzynek, Wien; vasp datatecture GmbH, Zürich; Nadja Stadelmann und Andrea Ulrich, DESCIENCE, Luzern Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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2 Inhalt So arbeitest du mit „am Puls Biologie“ 4 Basiskonzepte 6 5. Semester 8 1 Parasiten und Symbionten 10 1.1 Ökologische Beziehungen im Überblick 11 1.2 Parasitismus 13 1.3 Symbiosen 18 Methoden in der Praxis Biologische Schädlingsbekämpfung 20 Blick in die Forschung Die Symbionten in unserem Darm 21 Wissenschaftliches Arbeiten Fragestellung, Hypothese und Methode 22 Kompetenz-Check Parasiten und Symbionten 24 2 Krankheitserreger 26 2.1 Hygiene und Vorsorge 27 2.2 Krank durch Krankheitserreger 30 Methoden in der Praxis Weniger Bakterien durch Händewaschen? 46 Blick in die Forschung Hygiene – ein medizinischer Erfolg 47 Wissenschaftliches Arbeiten Recherche und Quellenkritik 48 Kompetenz-Check Krankheitserreger 50 3 Gesundheitsförderung und Krankheiten 52 3.1 Unser Lebensstil hat Einfluss auf unsere Gesundheit 53 3.2 Krebs – wenn normale Zellen entarten 59 3.3 Epilepsie – Gewitter im Kopf 63 Methoden in der Praxis Weniger Stress durch gutes Zeitmanagement 66 Blick in die Forschung Epilepsie – Therapie durch Hirnstromkontrolle? 67 Wissenschaftliches Arbeiten Zeit- und Ressourcenplanung 68 Kompetenz-Check Gesundheitsförderung und Krankheiten 70 Semestercheck (5. Semester) 72 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
3 6. Semester 74 4 Bewegung 76 4.1 Bewegung im Überblick 77 4.2 Bewegung bei Einzellern 78 4.3 Bewegung bei Pflanzen 80 4.4 Bewegung bei Tieren – die Muskeln 82 4.5 Der Bewegungsapparat 86 Methoden in der Praxis Myoelektrische Prothesen 88 Blick in die Forschung Bionische Bewegungen 89 Wissenschaftliches Arbeiten Formale Vorgaben wissenschaftlicher Arbeiten 90 Kompetenz-Check Bewegung 92 5 Biodiversität 94 5.1 Biodiversität 95 5.2 Systematik 100 Methoden in der Praxis Mit Hilfe von Diversitätsindizes kann man die Biodiversität abschätzen 108 Blick in die Forschung Die ABOL-Initiative 109 Wissenschaftliches Arbeiten Quellenangabe und Zitieren 110 Kompetenz-Check Biodiversität 112 6 Nachhaltige Entwicklung 114 6.1 Was ist „Nachhaltige Entwicklung“? 115 6.2 Nachhaltiger Verkehr: Rad, E-Auto, Öffis 119 6.3 Nachhaltiger Strom in Österreich? 121 6.4 Nachhaltige Entwicklung: Energieeffizienz 122 Methoden in der Praxis ÖKOLOG – das größte Netzwerk für Schule und Umwelt in Österreich 124 Blick in die Forschung Wie umweltfreundlich sind Elektroautos? 125 Wissenschaftliches Arbeiten Präsentation von wissenschaftlichen Ergebnissen 126 Kompetenz-Check Nachhaltige Entwicklung 128 Semestercheck (6. Semester) 130 Register 132 Bildnachweis 136 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
4 So arbeitest du mit „am Puls Biologie“ Kapiteleinstieg 10 Parasiten und Symbionten 1. Du lernst in diesem Kapitel … W Wissen organisieren … Du erfährst, was man unter Parasitismus und Symbiose versteht und wie sich diese Wechselbeziehungen voneinander und anderen Beziehungen abgrenzen. … Du lernst die verschiedenen Typen von Parasiten und Symbiosen kennen und wirst Beispiele dazu kennenlernen. E Erkenntnisse gewinnen … Du lernst, wie man Symbiosen experimentell nachweisen kann. … Du wirst sehen, wie man entscheiden kann, ob bzw. welche Art von Parasitismus oder Symbiose vorliegt, und anhand welcher Kriterien man zu dieser Erkenntnis kommen kann. S Schlüsse ziehen … Du wirst Aussagen über Bedeutungen von Parasiten beurteilen können. … Du lernst, Argumente über chemische und biologische Schädlingsbekämpfung fachlich korrekt einzuordnen und zu bewerten. … Du lernst, die Bedeutung von Mykorrhiza und Flechten zu beurteilen. Vielleicht wunderst du dich, wozu „Bandwurmtabletten“ angeboten oder verkauft werden. Bei diesen Produkten sind nicht Medikamente gegen Bandwurmbefall gemeint – vielmehr werden Tabletten gehandelt, die Bandwurmeier enthalten und als Diätprodukt angepriesen werden. Was steckt dahinter? Der Wunsch mancher Menschen nach immer neuen Methoden zur Gewichtsreduktion hat Menschen auf die Idee gebracht, dass ein Darmparasit nützlich sein könnte, um abzunehmen. So wird damit geworben, dass die Eier zu Bandwürmern (siehe Abbildung nebenan) heranwachsen, die dann „mitessen“ und uns so einen Teil der Nahrung entziehen. Diese fragwürdige Überlegung hat dazu geführt, dass man über diverse Internet-Foren tatsächlich Tabletten oder Kapseln mit Bandwurmeiern kaufen kann. Tatsächlich sollte man diese Form der Diät keinesfalls in Erwägung ziehen! Aus Bandwurmeiern wachsen nicht direkt Bandwürmer, sondern Bandwurmlarven. Diese siedeln sich nicht im Darm an, sondern in Leber oder anderen Organen, die sie dann zerstören – was zum Tod führen kann! Abb.: Schweinebandwürmer (Taenia solium, Computerillustration) werden bis zu 7 m lang und 15 mm breit. Hakenkränze und runde Saugnäpfe am Vorderende dienen der Verankerung im Verdauungstrakt des Wirtsorganismus. « Würdest du dir im Internet Tabletten mit Bandwurm-Eiern bestellen? » Bonusmaterial Ó wf8299 Lerninhalte Hier findest du eine Übersicht über die wichtigsten Lerninhalte des Kapitels. Kapiteleinstieg Ein neues Kapitel beginnt immer mit einer spannenden Einleitung. Mit aktuellen Fragestellungen und Themen des Alltags wirst du auf die kommenden Inhalte eingestimmt. Themenseiten Hier findest du auch Infos zu den Basiskonzepten . Sie stellen einen Zusammenhang mit den farbig hervorgehobenen Passagen im Text her. Aufgaben 17 Parasiten und Symbionten Sonderformen des Parasitismus: Brutparasiten, Raubparasiten und Pathogene Neben den echten Parasiten gibt es auch Organismen, die Sonderfälle bzw. Grenzfälle darstellen. Bekannt sind Brutparasiten (auch als Sozial- oder Kleptoparasiten1 bezeichnet). Du kennst sicher den heimischen Kuckuck (Cuculus canorus, kAbb. 10), der für seinen Brutparasitismus berühmt ist: Kuckucksweibchen legen ihre Eier in Nester anderer Vogelarten. Der junge Kuckuck bewegt sich im Nest so lange, bis die anderen Eier oder Jungvögel aus dem Nest entfernt sind. Die brutpflegenden Eltern ziehen dann den jungen Kuckuck statt ihres eigenen Nachwuchses auf. Neben dem heimischen Kuckuck gibt es andere Kuckuckarten. Jede davon ist auf wenige Wirtsvogelarten spezialisiert. Außer bei Vögeln gibt es Brutparasitismus auch bei Insekten. Außerdem ist er bei Fischen, den Kuckucks-Fiederbartwelsen, nachgewiesen. Eine weitere Sonderform stellen Raubparasiten oder Parasitoide dar. Dabei handelt es sich gewissermaßen um eine Grenzform zwischen Räubern und Parasiten. Bekannte Beispiele sind Grabwespen, Schlupfwespen und Schlupffliegen, die ihre Eier in lebende Insekten oder Larven legen (kAbb. 11, siehe dazu auch S. 20). Die heranwachsende Larve ernährt sich zunächst von den weniger wichtigen inneren Organen des Wirts, bis sie diesen schließlich von innen völlig auffrisst und damit tötet. Die Larve des Parasitoiden macht dann die Häutung zur freilebenden erwachsenen Form durch. Parasitoide sind insofern keine echten Parasiten, da sie ihre Wirte töten. Die Abgrenzung zu Räubern ist dadurch gegeben, da der Wirt zunächst parasitiert wird und erst dann getötet wird, wenn die Entwicklung des Parasitoiden abgeschlossen ist. Unter den Parasitoiden sind auch Fälle von Hyperparasitismus bekannt: Darunter versteht man Parasiten anderer Parasiten. So gibt es zB Gallwespen, die Blattläuse befallen, in denen bereits Parasitoidenlarven leben. Diese Gallwespen legen ihre Eier dann in die Larven, die ihrerseits in den Blattläusen leben. Krankheitserreger (Pathogene) haben eine ähnliche Wirkung auf den Wirt wie Parasiten. Man zählt krankmachende Viren, Bakterien, Einzeller, aber auch Pilze und Prionen (infektiöse Proteinmoleküle) dazu. Pathogene sind mikroskopisch klein und können – im Unterschied zu echten Parasiten – tödliche Auswirkungen auf den Wirt haben. Abb.10: Kuckuck. Der Kuckuck ist der bekannteste Brutparasit, viele andere Brutparasiten werden nach ihm benannt (zB Kuckucksbienen oder Kuckuckswespen). Abb.11: Schlupfwespen werden zur biologischen Schädlingsbekämpfung eingesetzt. 1 Kleptoparasitismus: kléptein (griech.) = stehlen Brutparasiten lassen ihre Jungtiere durch andere Arten aufziehen Parasitoide parasitieren ihre Wirte, bevor sie diese schließlich töten Variabilität, Verwandtschaft, Geschichte und Evolution Es ist wichtig zu bedenken, dass diese Lebensweisen nicht als „böse“ oder „schlecht“ zu bewerten sind, auch wenn die Verhaltensweisen nach unserer Moralvorstellung verwerflich scheinen: Der Kuckuck wirkt auf uns wie ein Sozialschmarotzer, ein Nahrungsdieb, ein Mörder. Dennoch handelt es sich um eine Lebensweise, die im Zuge der Evolution entstanden ist und die genauso wenig „gut“ oder „schlecht“ ist wie jede andere Lebensweise. Die Weibchen der Schlupfwespen legen ihre Eier in Blattläuse. Die Larven fressen die Blattläuse von innen auf … … und verpuppen sich in der toten Blattlaus. Nach dem Schlüpfen bleiben die leeren Hüllen der Blattläuse zurück. 1 W/S Diskutiere, inwieweit der Malaria-Erreger Plasmodium ein echter Parasit ist und welche Bedeutung diese Unterscheidung hat: Der Hauptwirt ist die Anopheles-Mücke, die selbst durch Plasmodium kaum beeinträchtigt wird. Der Mensch ist Zwischenwirt für eine Serie ungeschlechtlicher Vermehrungszyklen. Die Produkte dieser Massenvermehrung lösen beim Menschen Fieberschübe aus, die auch zum Tod führen können (siehe S. 43). 2 E/S Im Kapiteleinstieg (siehe S. 10) ist von der so genannten „Bandwurmdiät“ die Rede. Glücklicherweise sind derartige Präparate nur mehr schwierig erhältlich. Suche im Internet nach dem Begriff „Bandwurmdiät“ und lies dir einige Artikel bzw. Forumsdiskussionen durch. Stelle anhand dieser Beiträge deine Einschätzung dar, welche Meinung zur „Bandwurmdiät“ vorherrscht. Kernaussagen In der Randspalte findest du wichtige Kernaussagen zu einem Thema. Fußnoten Wichtige Fachbegriffe werden in den Fußnoten erklärt. Aufgaben Überprüfe dein Wissen! Die Symbole W, E und S weisen darauf hin, welche Handlungskompetenzen (siehe S. 5) bei dieser Aufgabe gefragt sind. Online-Codes Hier findest du ergänzendes Material. Einfach den Code in das Suchfenster auf www.oebv.at eingeben und du wirst direkt zum passenden Bonusmaterial weitergeleitet. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
5 Basiskonzepte Aufgaben 19 Parasiten und Symbionten Die Mykorrhiza – Grundlage unserer Wälder Hast du dich schon mal gefragt, warum man Champignons zu jeder Jahreszeit in beliebigen Mengen kaufen kann, Eierschwammerl oder Steinpilze aber nur im Sommer, und oft nur in begrenzten Mengen? Der Grund liegt in der Lebensweise: Während Champignons Saprophyten sind, also totes Material (Laub etc.) abbauen und entsprechend leicht kultiviert werden können, sind Steinpilze und Eierschwammerln Mykorrhizapilze. Als Mykorrhiza1 bezeichnet man eine Symbiose zwischen einem Pilz und einem Baum, genauer dessen Wurzeln. Der Pilz kann ohne den Baum nicht existieren, daher kann man Steinpilze und Eierschwammerln nur züchten, wenn man den Wald dazu züchtet – das „Schwammerlsuchen“ im Wald ist also nicht nur ein Hobby, sondern die einzige Möglichkeit, Mykorrhizapilze zu ernten. Genau genommen ist eine Waldgemeinschaft ohne Mykorrhiza gar nicht existenzfähig. Bei dieser Symbiose wachsen die Pilzfäden – die Hyphen – in enger Beziehung zur Wurzel (kAbb. 14 oben). Der Baum liefert dem Pilz Kohlenhydrate aus der Fotosynthese. Der Pilz ernährt sich davon und erhöht im Gegenzug die Versorgung des Baums mit Wasser und Mineralsalzen aus dem Boden (kAbb. 14 unten). Dies wird dadurch erreicht, dass die Pilzfäden eine viel größere Oberfläche ermöglichen, als die Wurzel alleine hat. Das resultiert in gefördertem Wachstum des Baumes. Zusätzlich ist eine erhöhte Abwehrkraft des Baumes gegen Schwermetallbelastung nachgewiesen. 1 Mykorrhiza: mykes (griech.) = Pilz, rhiza (griech.) = Wurzel Abb.14: Mykorrhiza. Die Zeichnung oben zeigt mögliche Wurzelquerschnitte: Ohne Mykorrhiza, mit ektotropher Mykorrhiza und mit endotropher Mykorrhiza. Die Mykorrhiza ist eine Symbiose zwischen Pilz und Pflanzen, bei denen der Pilz die Wurzeln umhüllt oder in diese eindringt Struktur und Funktion Auch Pflanzen ohne Mykorrhiza nehmen Wasser und Mineralstoffe mit den Wurzeln auf. Der Vorteil der Symbiose besteht darin, dass die Pilzfäden die Oberfläche stark vergrößern. Du hast das Prinzip der Oberflächenvergrößerung ja schon an anderen Stellen kennengelernt. Wurzelhaar Rhizodermis Rindengewebe Zentralzylinder Hyphen des Pilzes (rot) Kohlenhydrate Wasser und Mineralstoffe Fichte Mykorrhiza (weiß) um Fichtenwurzel Fichten-Steinpilz Bei der ektotrophen Mykorrhiza bilden Pilzfäden (Hyphen) einen geschlossenen Mantel und wachsen nur zwischen die äußeren Rindenzellen. Bei der endotrophen Mykorrhiza dringt ein lockeres Geflecht aus Pilzhyphen zwischen und in die inneren Rindenzellen. Der pflanzliche Partner liefert Kohlenhydrate, der Pilz Wasser und Mineralstoffe. Mischlebewesen aus Algen und Pilzen: Flechten Eine besonders enge Symbiose stellen die Flechten dar. Flechten wurden bis vor ca. 150 Jahren als eigene Lebewesen beschrieben, erst im 19. Jahrhundert erkannte man, dass es sich um „Doppellebewesen“ aus Pilzen und Algen handelt. Der Pilz bildet den Körper, der die Algen einschließt, die ihrerseits durch Fotosynthese die Ernährung sichern. Durch diese Symbiose können Flechten bestimmte Flechtensäuren und Farbstoffe produzieren, die die einzelnen Symbiosepartner alleine nicht herstellen können. Heute sind weltweit ca. 25 000 Flechtenarten bekannt. Viele davon sind Spezialisten extremer Lebensräume – so wachsen viele Krustenflechten auf nacktem Fels (kAbb. 15). Andere Arten, etwa bestimmte Bartflechten, reagieren sehr empfindlich auf Luftverschmutzung und sind daher wichtige Zeigerorganismen für die Bewertung der Luftqualität. Abb.15: Krustenflechten auf Felsen. Flechten bestehen aus Pilzen, die den Körper bilden, und Algen, die darin leben 1 E Gib an, wie du bei einem Speisepilz experimentell herausfinden kannst, ob es sich um einen Mykorrhizapilz handelt. 2 S Argumentiere, ob es sich beim System Mensch – Haushund um eine Symbiose handelt. Basiskonzepte sind wichtige Grundprinzipien und Eigenschaften lebendiger Systeme. Du wirst ihnen das ganze Jahr lang bei unterschiedlichen Themen wieder begegnen. Eine Übersicht über die sieben Basiskonzepte findest du auf den Seiten 6 und 7. So werden die Basiskonzepte im Buch gekennzeichnet: Farbige Markierung im Text Basiskonzept-Symbole und weitere Informationen zum Basiskonzept in der Randspalte Aufgaben 19 Parasiten und Symbionten sind Steinpilze und Eierschwammerln Mykorrhizapilze. Als Mykorrhiza1 bezeichnet man eine Symbiose zwischen einem Pilz und einem Baum, genauer dessen Wurzeln. Der Pilz kann ohne den Baum nicht existieren, daher kann man Steinpilze und Eierschwammerln nur züchten, wenn man den Wald dazu züchtet – das „Schwammerlsuchen“ im Wald ist also nicht nur ein Hobby, sondern die einzige Möglichkeit, Mykorrhizapilze zu ernten. Genau genommen ist eine Waldgemeinschaft ohne Mykorrhiza gar nicht existenzfähig. Bei dieser Symbiose wachsen die Pilzfäden – die Hyphen – in enger Beziehung zur Wurzel (kAbb. 14 oben). Der Baum liefert dem Pilz Kohlenhydrate aus der Fotosynthese. Der Pilz ernährt sich davon und erhöht im Gegenzug die Versorgung des Baums mit Wasser und Mineralsalzen aus dem Boden (kAbb. 14 unten). Dies wird dadurch erreicht, dass die Pilzfäden eine viel größere Oberfläche ermöglichen, als die Wurzel alleine hat. Das resultiert in gefördertem Wachstum des Baumes. Zusätzlich ist eine erhöhte Abwehrkraft des Baumes gegen Schwermetallbelastung nachgewiesen. 1 Mykorrhiza: mykes (griech.) = Pilz, rhiza (griech.) = Wurzel Abb.14: Mykorrhiza. Die Zeichnung oben zeigt mögliche Wurzelquerschnitte: Ohne Mykorrhiza, mit ektotropher Mykorrhiza und mit endotropher Mykorrhiza. Struktur und Funktion Auch Pflanzen ohne Mykorrhiza nehmen Wasser und Mineralstoffe mit den Wurzeln auf. Der Vorteil der Symbiose besteht darin, dass die Pilzfäden die Oberfläche stark vergrößern. Du hast das Prinzip der Oberflächenvergrößerung ja schon an anderen Stellen kennengelernt. Rhizodermis Rindengewebe Kohlenhydrate Wasser und Mineralstoffe Fichte Mykorrhiza (weiß) um Fichtenwurzel Fichten-Steinpilz Bei der endotrophen Mykorrhiza dringt ein lockeres Geflecht aus Pilzhyphen zwischen und in die inneren Rindenzellen. Der pflanzliche Partner liefert Kohlenhydrate, der Pilz Wasser und Mineralstoffe. Mischlebewesen aus Algen und Pilzen: Flechten Eine besonders enge Symbiose stellen die Flechten dar. Flechten wurden bis vor ca. 150 Jahren als eigene Lebewesen beschrieben, erst im 19. Jahrhundert erkannte man, dass es sich um „Doppellebewesen“ aus Pilzen und Algen handelt. Der Pilz bildet den Körper, der die Algen einschließt, die ihrerseits durch Fotosynthese die Ernährung sichern. Durch diese Symbiose können Flechten bestimmte Flechtensäuren und Farbstoffe produzieren, die die einzelnen Symbiosepartner alleine nicht herstellen können. Heute sind weltweit ca. 25 000 Flechtenarten bekannt. Viele davon sind Spezialisten extremer Lebensräume – so wachsen viele Krustenflechten auf nacktem Fels (kAbb. 15). Andere Arten, etwa bestimmte Bartflechten, reagieren sehr empfindlich auf Luftverschmutzung und sind daher wichtige Zeigerorganismen für die Bewertung der Luftqualität. Abb.15: Krustenflechten auf Felsen. Flechten bestehen aus Pilzen, die den Körper bilden, und Algen, die darin leben 1 E Gib an, wie du bei einem Speisepilz experimentell herausfinden kannst, ob es sich um einen Mykorrhizapilz handelt. 2 S Argumentiere, ob es sich beim System Mensch – Haushund um eine Symbiose handelt. Aufgaben 19 Parasiten und Symbionten Champignons zu jeder Jahreszeit in beliebigen Mengen kaufen kann, Eierschwammerl oder Steinpilze aber nur im Sommer, und oft nur in begrenzten Mengen? Der Grund liegt in der Lebensweise: Während Champignons Saprophyten sind, also totes Material (Laub etc.) abbauen und entsprechend leicht kultiviert werden können, sind Steinpilze und Eierschwammerln Mykorrhizapilze. Als Mykorrhiza1 bezeichnet man eine Symbiose zwischen einem Pilz und einem Baum, genauer dessen Wurzeln. Der Pilz kann ohne den Baum nicht existieren, daher kann man Steinpilze und Eierschwammerln nur züchten, wenn man den Wald dazu züchtet – das „Schwammerlsuchen“ im Wald ist also nicht nur ein Hobby, sondern die einzige Möglichkeit, Mykorrhizapilze zu ernten. Genau genommen ist eine Waldgemeinschaft ohne Mykorrhiza gar nicht existenzfähig. Bei dieser Symbiose wachsen die Pilzfäden – die Hyphen – in enger Beziehung zur Wurzel (kAbb. 14 oben). Der Baum liefert dem Pilz Kohlenhydrate aus der Fotosynthese. Der Pilz ernährt sich davon und erhöht im Gegenzug die Versorgung des Baums mit Wasser und Mineralsalzen aus dem Boden (kAbb. 14 unten). Dies wird dadurch erreicht, dass die Pilzfäden eine viel größere Oberfläche ermöglichen, als die Wurzel alleine hat. Das resultiert in gefördertem Wachstum des Baumes. Zusätzlich ist eine erhöhte Abwehrkraft des Baumes gegen Schwermetallbelastung nachgewiesen. 1 Mykorrhiza: mykes (griech.) = Pilz, rhiza (griech.) = Wurzel Abb.14: Mykorrhiza. Die Zeichnung oben zeigt mögliche Wurzelquerschnitte: Ohne Mykorrhiza, mit ektotropher Mykorrhiza und mit endotropher Mykorrhiza. eine Symbiose zwischen Pilz und Pflanzen, bei denen der Pilz die Wurzeln umhüllt oder in diese eindringt Struktur und Funktion Auch Pflanzen ohne Mykorrhiza nehmen Wasser und Mineralstoffe mit den Wurzeln auf. Der Vorteil der Symbiose besteht darin, dass die Pilzfäden die Oberfläche stark vergrößern. Du hast das Prinzip der Oberflächenvergrößerung ja schon an anderen Stellen kennengelernt. Wurzelhaar Rhizodermis Rindengewebe Zentralzylinder Hyphen des Pilzes (rot) Kohlenhydrate Wasser und Mineralstoffe Fichte Mykorrhiza (weiß) um Fichtenwurzel Fichten-Steinpilz sen nur zwischen die äußeren Rindenzellen. Bei der endotrophen Mykorrhiza dringt ein lockeres Geflecht aus Pilzhyphen zwischen und in die inneren Rindenzellen. Der pflanzliche Partner liefert Kohlenhydrate, der Pilz Wasser und Mineralstoffe. Mischlebewesen aus Algen und Pilzen: Flechten Eine besonders enge Symbiose stellen die Flechten dar. Flechten wurden bis vor ca. 150 Jahren als eigene Lebewesen beschrieben, erst im 19. Jahrhundert erkannte man, dass es sich um „Doppellebewesen“ aus Pilzen und Algen handelt. Der Pilz bildet den Körper, der die Algen einschließt, die ihrerseits durch Fotosynthese die Ernährung sichern. Durch diese Symbiose können Flechten bestimmte Flechtensäuren und Farbstoffe produzieren, die die einzelnen Symbiosepartner alleine nicht herstellen können. Heute sind weltweit ca. 25 000 Flechtenarten bekannt. Viele davon sind Spezialisten extremer Lebensräume – so wachsen viele Krustenflechten auf nacktem Fels (kAbb. 15). Andere Arten, etwa bestimmte Bartflechten, reagieren sehr empfindlich auf Luftverschmutzung und sind daher wichtige Zeigerorganismen für die Bewertung der Luftqualität. Abb.15: Krustenflechten auf Felsen. Flechten bestehen aus Pilzen, die den Körper bilden, und Algen, die darin leben 1 E Gib an, wie du bei einem Speisepilz experimentell herausfinden kannst, ob es sich um einen Mykorrhizapilz handelt. 2 S Argumentiere, ob es sich beim System Mensch – Haushund um eine Symbiose handelt. Sonderseiten „Blick in die Forschung“ Auf diesen Seiten werfen wir einen Blick in die aktuelle Forschung. Welche Fragen stellen sich Wissenschafterinnen und Wissenschafter? Wie versuchen sie Antworten zu finden? Blick in die Forschung Aufgaben 21 Parasiten und Symbionten Die Symbionten in unserem Darm Kannst du Symbionten für den Darm im Supermarkt kaufen? Wenn man den Versprechungen mancher Werbespots glaubt, können probiotische Jogurts die eigene Darmflora1 durch zusätzliche verdauungsfördernde Bakterien stärken, um gesund und glücklich zu werden. Ob das wirklich so ist, versuchte ein Team von Mikrobiologinnen und Mikrobiologen der Universität Wien rund um Alexander Loy und David Berry (kAbb. 17) herauszufinden. Über das Forschungsprojekt „Nutrition and the Intestinal Microbiota- Host Symbiosis“ (Deutsch: Ernährung und die Mikrobiota-Wirt Symbiose im Darm) liefen zwischen 2013 und 2017 Untersuchungen über die Symbionten in uns. Die Artenvielfalt der Mikrobiota2, die in unseren Därmen leben, ist bereits gut erforscht. Weit weniger ist aber bekannt, was die verschiedenen Lebewesen genau in uns bewirken. Es ist leicht zu mutmaßen, dass es sich um Symbionten handelt, die unsere Verdauung unterstützen. Doch was heißt das genau? Was macht welche Art denn wirklich? Die Lebensgemeinschaft im Darm ist bei jedem von uns anders und verändert sich auch – oft innerhalb von Stunden. Wenn du zB die Zusammensetzung deines Frühstücks veränderst, verändert sich auch die Gemeinschaft deiner Darmbakterien. Wie du auf Seite 12 erfahren hast, ist es nicht leicht, eine Symbiose als solche zu identifizieren. Sind die Bakterien in uns wirklich Symbionten? Oder handelt es sich um eine Parabiose, eventuell sogar um Parasiten? Wie lässt sich nun herausfinden, welche Bakterien welche Funktion erfüllen? Die Wissenschafterinnen und Wissenschafter rund um Loy und Berry arbeiteten mit Nahrungsbestandteilen, die mit stabilen Isotopen markiert waren. Das sind harmlose Isotope, wie 13C, die nicht radioaktiv sind, aber dennoch verfolgt werden können. Sie verfolgten dann also den Weg dieser Nährstoffmoleküle und beobachteten, welche Bakterienzellen diese aufnahmen. Daneben wurden Mikroorganismen mit bestimmten Methoden eingefärbt, in dem zB spezifische Farbstoffe verwendet wurden, die sich an unterschiedliche DNA-Abschnitte binden. Dadurch konnten sie identifiziert werden. Um dies zu beantworten, untersuchten die Forscherinnen und Forscher, wie sich die Ernährung auf den Stoff- und Energiefluss von den Mikroorganismen zu uns auswirkt. Mit Hilfe von Massenspektrometern3 kann der Stoffwechselweg der isotopenmarkierten Nahrung verfolgt werden. Die Abteilung an der Universität Wien ist für diese Methoden weltweit anerkannt (siehe Quellenangaben unten). Welchen Sinn hat diese Forschung? Wer schon öfter an Darmbeschwerden gelitten hat, kann sicher verstehen, dass detailliertes Wissen über die Mikroorganismen in uns wichtig ist, um bei Problemen gezielt und treffsicher eingreifen zu können. Das Forschungsteam rund um Loy und Berry trägt also wesentlich zum Fortschritt der so genannten personalisierten Medizin bei – einem Blickwinkel der modernen Medizin, dem gegenwärtig immer mehr Bedeutung zugeschrieben wird. 1 Darmflora: Unter dem Begriff versteht man die Gesamtheit der Mikroorganismen, die den Darm von Menschen (bzw. Tieren) besiedelt. Der Begriff „Flora“ stammt von der älteren Ansicht, dass Bakterien und Pilze zu den Pflanzen zu zählen sind. Heute werden diese Gruppen als eigene Reiche der Lebewesen – neben Pflanzen, Tieren und Einzellern – betrachtet. Das heißt der Begriff Darmflora ist zwar noch gebräuchlich, aber eigentlich nicht korrekt. 2 Mikrobiota: ökologische Gemeinschaft von Mikroorganismen 3 Massenspektrometer: Messgerät zum Messen der Masse von Atomen bzw. Molekülen Abb.17: Das Team um Alexander Loy und David Berry beim „langen Tag des Darms“ 2014 im Museumsquartier in Wien. Die Forscherinnen und Forscher befinden sich in einem begehbaren Darmmodell und tragen ihre „Lieblings-Mikroben“ als Plüschfiguren bei sich. 1 S Dir ist vielleicht bekannt, dass man bei einer Behandlung mit Antibiotika an Übelkeit bzw. Verdauungsbeschwerden leidet. Oft wird der Verzehr von Jogurt empfohlen. Suche dazu Studien im Internet. Vergleicht eure Ergebnisse in der Klasse und diskutiert, ob alle Studien glaubwürdig sind. Webtipp: www.medizin-transparent.at. Literatur: Butler, R. N.; Kosek, M.; Krebs, N. F.; Loechl, C. U.; Loy , A.; Owino, V. O.; Zimmermann, M. B.; Morrison, D. J.: Stable Isotope Techniques for the Assessment of Host and Microbiota Response During Gastrointestinal Dysfunction. In: Journal of Pediatric Gastroenterology and & Nutrition. 2017, Jg. 64, Nr. 1, S. 8–14. Stecher, B; Berry, D.; Loy, A.: Colonization resistance and microbial ecophysiology: using gnotobiotic mouse models and single- cell technology to explore the intestinal jungle. In: FEMS Microbiology Reviews. 2013, Jg. 37, Nr. 5, S. 793–829. „Methoden in der Praxis“ Auf diesen Seiten lernst du wichtige Methoden kennen, die in der Wissenschaft oder in der Medizin angewendet werden. Es werden spannende Beispiele vorgestellt, wie die eben gelernte Therorie in der Praxis angewendet werden kann. Methoden in der Praxis Aufgaben 20 Biologische Schädlingsbekämpfung Was ist das Problem mit Insektiziden? Wenn eine Zimmerpflanze an Blattlausbefall leidet, wird sie schlimmstenfalls eingehen. Getreidebäuerinnen und -bauern, die nichts gegen eine Vermehrung von Schädlingen unternehmen, werden schweren wirtschaftlichen Schaden erleiden. Gerade großflächige Monokulturen, also große Bestände nur einer Art (zB Weizen), bieten Pflanzenschädlingen ideale Vermehrungsbedingungen – Nahrung im Überfluss und natürliche Feinde fehlen (meist). Das Mittel der Wahl sind dann vielerorts Insektizide1, das heißt Chemikalien zur Abtötung der Schadinsekten. Aber der Einsatz von Insektiziden hat auch negative Folgen. So sind viele Insektizide wenig spezifisch und töten auch gleich die Nutzinsekten mit ab. Überleben Schadinsekten, die zufällig resistent gegen das Insektizid sind, können sie sich ungehindert vermehren. Ein Blick auf das Lotka-Volterra-Modell (siehe am Puls 6, S. 125) zeigt einen weiteren Schwachpunkt beim Einsatz von Breitband-Insektiziden: Nach dem Einsatz erhöht sich die Beutepopulation schneller als die Räuberpopulation. Die Landwirte werden also versucht sein, wieder zum Insektizid zu greifen. 1 Insektizide: Pestizide zur Bekämpfung von Insekten. Als Pestizid bezeichnet man allgemein chemische Substanzen, die Lebewesen, die als schädlich angesehen werden, töten; pestis (lat.) = Geißel, Seuche, caedere (lat.) = töten Wie kann Schädlingsbekämpfung sinnvoll erfolgen? Alternativ zur chemischen Bekämpfung haben sich Verfahren zur biologischen Schädlingsbekämpfung eingebürgert. Dabei werden Arten ausgebracht, die ganz gezielt die Schädlinge fressen oder parasitieren. Besonders entwickelt ist der Einsatz von Schlupfwespenarten, ein Verfahren, das du übrigens auch im Haushalt gegen Blattläuse oder Motten einsetzen kannst. In Abbildung 16 siehst du ein Beispiel für den Einsatz in einer Weizenkultur. Besonders wichtig ist die ständige Kontrolle der Schädlingspopulation, um den richtigen Zeitpunkt des Einsatzes nicht zu verpassen – nämlich vor der exponentiellen Zunahme der Schädlingszahl. Ein solches Schädlingsmonitoring2 in Kombination mit biologischer Schädlingsbekämpfung (und reduziertem Einsatz chemischer Mittel) kennzeichnet den integrierten Pflanzenschutz. Dabei werden biologische, toxikologische3 und landwirtschaftliche Maßnahmen (zB Fruchtfolge oder geeignete Kulturtechniken) aufeinander abgestimmt, um den Schädlingsbefall zu minimieren. In Österreich wird die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln durch die EU-Verordnung 1107/2009 bestimmt. Für das gesetzlich vorgeschriebene Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln ist in Österreich die BAES (Bundesamt für Ernährungssicherheit) zuständig. 2 Schädlingsmonitoring: Überwachung der Bestände von Schädlingen. 3 Toxikologie: Lehre von Giftstoffen; toxikon (griech.) = Gift 0. Tag: Die Schlupfwespe legt ein Ei in die Blattlaus. 2. Tag: Die Schlupfwespenlarve beginnt, im Innern der Blattlaus zu fressen. Diese lebt zunächst weiter. 6.–8. Tag: Die Schlupfwespenlarve verpuppt sich in der Blattlaus. Diese stirbt; ihre Chitinhülle wird braun. 10.–13. Tag: Nach der Puppenruhe verlässt die geschlechtsreife Schlupfwespe die leere Chitinhülle durch eine selbst geöffnete Stelle am Hinterleib. adulte Schlupfwespe Zeit Zunahme der Schädlinge ökonomische Schadensschwelle Bekämpfungsschwelle Zeit bis zum Wirken der Maßnahme Anzahl der Schädlinge Anzahl Blattläuse pro Weizentrieb 5 0 15 20 10 April Mai 26. 19. 12. 5. 28. 21. 13. bei Schädlingsbekämpfung mit Parasit ohne Parasit 0. Tag: Die Schlupfwespe legt ein Ei in die Blattlaus. 2. Tag: Die Schlupfwespenlarve beginnt, im Innern der Blattlaus zu fressen. Diese lebt zunächst weiter. 6.–8. Tag: Die Schlupfwespenlarve verpuppt sich in der Blattlaus. Diese stirbt; ihre Chitinhülle wird braun. 10.–13. Tag: Nach der Puppenruhe verlässt die geschlechtsreife Schlupfwespe die leere Chitinhülle durch eine selbst geöffnete Stelle am Hinterleib. adulte Schlupfwespe Zeit Zunahme der Schädlinge ökonomische Schadensschwelle Bekämpfungsschwelle Zeit bis zum Wirken der Maßnahme Anzahl der Schädlinge Anzahl Blattläuse pro Weizentrieb 5 0 15 20 10 April Mai 26. 19. 12. 5. 28. 21. 13. bei Schädlingsbekämpfung mit Parasit ohne Parasit Abb.16: Raubparasiten wie die Schlupfwespe Lyisphlebus testaceipes werden in der biologischen Schädlingsbekämpfung eingesetzt. Gezieltes Monitoring der Schädlingspopulation ist nötig, um den Einsatz der Schlupfwespen zum richtigen Zeitpunkt durchzuführen. 1 S Interpretiere Abbildung 16 b und 16 c und diskutiere, wieso die Schlupfwespen möglichst genau an der „Bekämpfungsschwelle“ freigesetzt werden müssen. Was passiert, wenn die Freisetzung zu früh oder zu spät erfolgt? 2 S Im Juni 2017 hat Greenpeace eine Presseaussendung veröffentlicht, in der der Einsatz des Herbizids Glyphosat scharf kritisiert wird. Recherchiere diese Aussendung und versuche die Argumentation von Greenpeace nachzuvollziehen. Wo liegt das Problem? Diskutiert die Ergebnisse in der Klasse. Kompetenzorientierung Im Biologieunterricht werden drei Kompetenzbereiche unterschieden. Der Erwerb von Kompetenzen hilft dir nicht nur dabei, biologisches Wissen anzueignen, sondern auch Zusammenhänge zu verstehen und dir eine eigene Meinung zu bilden. Mit jeder Aufgabe in diesem Buch werden Kompetenzen aus diesen Bereichen trainiert. Aus welchem, wird durch die Buchstaben hinter der Aufgabennummer angezeigt. W Fachwissen aneignen und kommunizieren Du trainierst, dir Fachwissen anzueignen. Du lernst biologische Vorgänge zu benennen, zu kommunizieren und in verschiedenen Formen (in Worten, bildlich) zu erklären und darzustellen. E Erkenntnisse gewinnen Du lernst, durch Beobachten selbst Erkenntnisse zu gewinnen und eigene Fragen und Hypothesen zu formulieren. Du übst Untersuchungen und Experimente zu planen, durchzuführen und auszuwerten. Du eignest dir das Analysieren und Interpretieren von Daten und Ergebnissen aus Untersuchungen an. S Standpunkte begründen und reflektiert handeln Du lernst, fachlich Standpunkte zu begründen und die Bedeutung, Chancen und Risiken der erlernten Inhalte für deinen Alltag und die Gesellschaft abzuschätzen. Du trainierst, Schlüsse zu ziehen, Entscheidungen zu treffen und dementsprechend zu handeln. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
6 Kompartimentierung Lebende Systeme bestehen aus abgegrenzten Reaktionsräumen, aus Kompartimenten. In den Kompartimenten können nebeneinander unterschiedliche Prozesse ablaufen, ohne einander zu beeinflussen. Die räumliche Trennung solcher Reaktionsräume wird auch als Bausteinprinzip bezeichnet. Wenn spezialisierte Kompartimente (Bausteine) zusammenwirken und dadurch Prozesse effizienter ablaufen können, spricht man von Arbeitsteilung. Ein Beispiel dafür sind die spezialisierten Körperteile von Insekten: Der Kopf ist auf Nahrungsaufnahme und Wahrnehmung spezialisiert, das Bruststück auf Fortbewegung und der Hinterleib auf vegetative Funktionen (Verdauung, Ausscheidung) und Fortpflanzung. Steuerung und Regelung Lebewesen können auf Veränderungen reagieren. Somit ist es möglich, die inneren Zustände in einer Zelle, in einem Organ oder in einem Organismus trotz wechselnder Umwelt- und Lebensbedingungen in etwa gleich zu halten. Wenn diese fein abgestimmten Regelmechanismen nicht funktionieren, kann es für einen Organismus schwerwiegende Folgen haben. Beispielsweise werden in einem gesunden Körper die Chromosomen bei jeder Zellteilung ein kleines Stück kürzer. Dadurch sterben normale Zellen nach durchschnittlich 60–70 Teilungen. Krebszellen umgehen dieses Schicksal, indem sie genau diesen Prozess verhindern, weil bei ihnen nach jeder Teilung das entfernte DNA-Stück wieder ersetzt wird. Es kommt zu unkontrolliertem Zellwachstum und infolge zu einer Krebserkrankung (siehe S. 59). Basiskonzepte Basiskonzepte sind themenverbindende Grundprinzipien bzw. Phänomene, die quer über verschiedene Bereiche der Biologie wiederkehren. Sie helfen, die Vielfalt biologischer Themen zu ordnen, erleichtern die Vernetzung unterschiedlicher Themen und helfen, Rückbezüge zu bereits erlernten Inhalten herzustellen. Du wirst im Laufe des Jahres verschiedenen unterschiedlichen biologischen Mechanismen und Prinzipien begegnen, die sich einem von sieben themenverbindenden Basiskonzepten zuweisen lassen. Nutze die Seiten 73 und 131, um einen Überblick zu gestalten. Struktur und Funktion Bei Lebewesen hängen Bau und Form von Merkmalen (Strukturen) mit deren Eigenschaften und Aufgaben (Funktion) zusammen. Diesen Zusammenhang findet man bei Zellen und ihren Bestandteilen sowie bei Geweben, Organen oder dem Körperbau ganzer Individuen. Ein bemerkenswertes Beispiel ist die Skelettmuskulatur. Skelettmuskeln bestehen aus einer Vielzahl von regelmäßig angeordneten Fasern, die alle parallel orientiert sind. Diese Struktur macht es möglich, dass durch die Summe vieler winziger molekularer Bewegungen ein Muskel als Ganzes genug Kraft aufwenden kann, um zB bei einem Klimmzug deinen Körper zu heben. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
7 Reproduktion Organismen haben eine begrenzte Lebensdauer. Um ein Aussterben der Art zu vermeiden, müssen sie sich reproduzieren. Das heißt, Lebewesen können sich selbst vervielfältigen. Das ist möglich, weil jede Zelle ihren gesamten Bauplan als DNA gespeichert hat. Bei der ungeschlechtlichen Vermehrung ist die DNA – abgesehen von Mutationen – identisch mit der des Vorfahrens. Bei der sexuellen Vermehrung wird die DNA hingegen in jeder Generation leicht verändert. Durch die Kombination von männlichen und weiblichen Geschlechtszellen entstehen neue, genetisch einzigartige Folgegenerationen. Nur bei erfolgreicher Reproduktion kann eine Art auf Dauer bestehen. Dies muss bei der Rettung bedrohter Tier- oder Pflanzenarten beachtet und bei Artenschutzprojekten gewährleistet werden (siehe Auswilderung von Wildpferden, S. 95). Variabilität, Verwandtschaft, Geschichte und Evolution Lebewesen sind an die Umweltbedingungen, in denen sie leben, angepasst. Diese Anpassungen sind das Ergebnis eines Entwicklungsprozesses über viele Generationen. Die sich ständig verändernden Umweltbedingungen bewirken, dass diese Anpassungsprozesse niemals zu Ende sind. Ändern sich die Umweltbedingungen besonders schnell, kann es sein, dass der natürliche Anpassungsprozess zu langsam ist – im schlimmsten Fall stirbt die Art aus. Im Laufe der Erdgeschichte gab es einige Ereignisse, die ein Massensterben von Arten zur Folge hatten. Am bekanntesten ist wohl das Aussterben der Dinosaurier vor etwa 66 Mio. Jahren, das wahrscheinlich auf eine rapide Veränderung der Erdatmosphäre zurückzuführen ist. Gleichzeitig war das Aussterben der Dinosaurier bedeutend für die Entwicklung der Landsäugetiere (siehe S. 96). Information und Kommunikation Lebewesen – und auch Zellen und Gewebe – haben die Fähigkeit, Informationen aufzunehmen, zu bearbeiten und an andere Organismen weiterzuleiten. Für eine funktionierende Kommunikation ist entscheidend, dass der Empfänger die Signale des Senders empfangen und entschlüsseln kann. Das gilt für die Kommunikation zwischen Menschen genauso wie für die Kommunikation zwischen Zellen. Zellen kommunizieren untereinander mittels Signalstoffen. Wenn Zellen falsche Signalstoffe produzieren oder diese falsch interpretieren, können die Folgen schwerwiegend sein. Wenn zB Zellen das Signal „Wachstum einstellen“ ihrer Nachbarzellen nicht erhalten oder verarbeiten können, wachsen und teilen sie sich krankhaft weiter. Derartige Kommunikationsstörungen spielen bei der Entstehung von Krebs eine Rolle. Stoff- und Energieumwandlung Lebewesen sind für alle Abläufe und Vorgänge (Bewegung, Zellstoffwechsel, Wachstum etc.) auf eine Energiezufuhr von außen angewiesen. Durch Stoffwechselprozesse setzt der Körper die in der Nahrung gespeicherte Energie frei und speichert diese in Form des energiereichen Moleküls ATP, das bei Bedarf zu ADP und einem Phosphatrest zerfällt. Bei diesem Zerfall wird die zuvor gespeicherte Energie frei. Beispielsweise können Muskelproteine nun diese Energie nutzen, mit der Folge, dass der Muskel kontrahiert (siehe S. 84). Bei der Zellatmung (oder der Gärung) werden die Teile wieder zu ATP „aufgeladen“. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
8 5. Semester Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
9 Kapitel 1 Parasiten und Symbionten Parasitismus und Symbiose 2 Krankheitserreger Krankheitserreger (Bakterien, Viren, Pilze, Einzeller, Vielzeller) Ausgewählte Beispiele für Infektionskrankheiten, Hygienemaßnahmen und Prophylaxe 3 Gesundheitsförderung und Krankheiten Maßnahmen zur Gesundheitsförderung, Rolle der Mikroorganismen für die Gesundheit des Menschen Zivilisationserkrankungen (zB Herz-Kreislauferkrankungen, Stresserkrankungen, Krebs) In diesem Semester befassen wir uns mit den folgenden Fragestellungen: Welche Parasiten bewohnen den menschlichen Körper? Schützt Händewaschen vor krankheitsverursachenden Bakterien? Wie entstehen Krebserkrankungen? Zudem gibt es in diesem Schuljahr neue Sonderseiten: Wissenschaftliches Arbeiten. Wie formuliert man eine Hypothese? Wo kann man wissenschaftliche Informationen recherchieren? Was musst du bei der Planung einer wissenschaftlichen Arbeit beachten? Das erste Kapitel beschäftigt sich mit Parasiten und Symbiosen. Diese Begriffe sind uns in früheren Schuljahren bereits begegnet, heuer werden diese Beziehungsformen zwischen verschiedenen Organismen genau untersucht. Das zweite Kapitel behandelt Organismen, die beim Menschen Krankheiten verursachen, und Möglichkeiten, sich davor zu schützen. Das Thema Krankheit begleitet uns auch in Kapitel 3: Hier geht es unter anderem um Zivilisationskrankheiten, also Krankheiten, die durch einen ungesunden Lebens- und Ernährungsstil entstehen können, sowie um gesundheitsfördernde Maßnahmen, die der Entstehung dieser Erkrankungen entgegenwirken. « Was erwartet dich in diesem Semester » Abb. : IIllustration von Grippeviren. Ein Viruspartikel (Durchmesser ca. 100 nm) bindet an eine Wirtszelle. Es ist umhüllt mit Antikörpern des Immunsystems (weiß), die das Virus für eine Makrophagenzelle (im Hintergrund) markieren. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
10 Parasiten und Symbionten 1. Du lernst in diesem Kapitel … W Wissen organisieren … Du erfährst, was man unter Parasitismus und Symbiose versteht und wie sich diese Wechselbeziehungen voneinander und anderen Beziehungen abgrenzen. … Du lernst die verschiedenen Typen von Parasiten und Symbiosen kennen und wirst Beispiele dazu kennenlernen. E Erkenntnisse gewinnen … Du lernst, wie man Symbiosen experimentell nachweisen kann. … Du wirst sehen, wie man entscheiden kann, ob bzw. welche Art von Parasitismus oder Symbiose vorliegt, und anhand welcher Kriterien man zu dieser Erkenntnis kommen kann. S Schlüsse ziehen … Du wirst Aussagen über Bedeutungen von Parasiten beurteilen können. … Du lernst, Argumente über chemische und biologische Schädlingsbekämpfung fachlich korrekt einzuordnen und zu bewerten. … Du lernst, die Bedeutung von Mykorrhiza und Flechten zu beurteilen. Vielleicht wunderst du dich, wozu „Bandwurmtabletten“ angeboten oder verkauft werden. Bei diesen Produkten sind nicht Medikamente gegen Bandwurmbefall gemeint – vielmehr werden Tabletten gehandelt, die Bandwurmeier enthalten und als Diätprodukt angepriesen werden. Was steckt dahinter? Der Wunsch mancher Menschen nach immer neuen Methoden zur Gewichtsreduktion hat Menschen auf die Idee gebracht, dass ein Darmparasit nützlich sein könnte, um abzunehmen. So wird damit geworben, dass die Eier zu Bandwürmern (siehe Abbildung nebenan) heranwachsen, die dann „mitessen“ und uns so einen Teil der Nahrung entziehen. Diese fragwürdige Überlegung hat dazu geführt, dass man über diverse Internet-Foren tatsächlich Tabletten oder Kapseln mit Bandwurmeiern kaufen kann. Tatsächlich sollte man diese Form der Diät keinesfalls in Erwägung ziehen! Aus Bandwurmeiern wachsen nicht direkt Bandwürmer, sondern Bandwurmlarven. Diese siedeln sich nicht im Darm an, sondern in Leber oder anderen Organen, die sie dann zerstören – was zum Tod führen kann! Abb.: Schweinebandwürmer (Taenia solium, Computerillustration) werden bis zu 7 m lang und 15 mm breit. Hakenkränze und runde Saugnäpfe am Vorderende dienen der Verankerung im Verdauungstrakt des Wirtsorganismus. « Würdest du dir im Internet Tabletten mit Bandwurm-Eiern bestellen? » Bonusmaterial Ó wf8299 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
Aufgaben 11 Parasiten und Symbionten 1.1 Ökologische Beziehungen im Überblick Wechselbeziehungen im Ökosystem 1 W Suche für jeweils eine dir bekannte heimische Tier- und Pflanzenart Wechselbeziehungen wie in Abbildung 1. Stelle diese ähnlich wie in Abbildung 1 dar (suche dazu Bilder aus dem Internet). Wie du bereits in der 6. Klasse gelernt hast, gibt es verschiedene Arten von Beziehungen zwischen zwei Arten innerhalb eines Ökosystems. Die Wechselbeziehung des im Kapiteleinstieg angesprochenen Bandwurms und uns Menschen ist dir als Parasitismus1 bekannt. Darunter versteht man eine Wechselbeziehung, von der die Vertreter der einen Art einen Vorteil haben (die Parasiten), während die Vertreter der anderen Art (die Wirte) geschädigt werden. Der Parasit ist normalerweise deutlich kleiner als der Wirt, der in der Regel vom Parasit geschädigt, aber nicht unbedingt getötet wird. Einen Grenzfall zwischen Parasiten und Räubern stellen Raubparasiten (Parasitoide) dar, da ihre Entwicklung den Wirt tötet oder erheblich schädigt. Dazu gehören etwa Schlupfwespen (siehe S. 20). Neben dem Parasitismus gibt es auch andere Wechselbeziehungen zwischen Arten (kAbb. 1). Auch bei der Nahrungsbeziehung bzw. der Räuber-Beute-Beziehung wird eine Art auf Kosten der anderen Art geschädigt, bei der letzteren im Regelfall auch getötet. Konkurrenz2 zwischen zwei Arten ist für beide negativ, während eine Symbiose3 beiden Arten Vorteile bietet. Die Parabiose stellt eine Wechselbeziehung dar, aus der eine Art Vorteile hat, während die andere Art weder gefördert noch geschädigt wird. Neben den in Abb. 1 dargestellten Formen wird gelegentlich auch der so genannte Neutralismus als Beziehung genannt. Dieser Begriff meint, dass es zwischen zwei Arten in einem Ökosystem gar keine Wechselwirkungen gibt, etwa zwischen Blattläusen und Füchsen. Der Neutralismus ist aber streng genommen keine Wechselbeziehung zwischen zwei Arten, da keine Beeinflussung stattfindet. 1 Parasitismus: para (griech.) = neben, siteisthai (griech.) = essen 2 Konkurrenz: concurrere (lat.) = zusammen laufen 3 Symbiose: sym (griech.) = zusammen, bios (griech.) = leben Je nachdem, wie zwei Arten einander beeinflussen, werden verschiedene Wechselbeziehungen unterschieden Symbiose (+/+): Die Ameisen ernähren sich vom Honigtau, den Blattläuse ausscheiden. Die Ameisen schützen die Blattläuse vor Feinden, manche lassen Blattlauseier im Ameisenbau überwintern. Parabiose (+/0): Bienen lecken Honigtau. Im Hochsommer, wenn Nektar knapp wird, sind sie auf diese Nahrung angewiesen. Räuber-Beute-Beziehung (+/–): Marienkäfer, Larven von Florfliegen und Gallmücken sind drei Beispiele für zahlreiche Arten, die Blattläuse fressen. Raubparasitismus (+/–): Schlupfwespenarten legen ihre Eier in Blattläuse. Die Larven ernähren sich von den Organen der Blattlaus. Nahrungsbeziehung (+/–): Blattläuse saugen an Pflanzenarten. Bei Massenbefall können diese Pflanzen eingehen. Konkurrenz (–/–): Andere pflanzensaugende Insektenarten (hier Schildläuse) machen der Blattlaus die Ressource Pflanzensaft streitig. Abb.1: Wechselbeziehungen zwischen Arten. Am Beispiel einer Blattlausart sind die diversen ökologischen Beziehungen dargestellt. (+) bezeichnet eine fördernde, (–) eine hemmende Beziehung. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
Aufgaben 12 Wechselbeziehungen können ineinander übergehen Marienkäfer fressen Blattläuse – diese Arten stehen damit in einer klaren Räuber-Beute-Beziehung: Für die Blattläuse ist diese Beziehung negativ, für die Marienkäfer positiv. Doch nicht in allen Fällen ist die Zuordnung so eindeutig: In den Därmen der meisten Tiere leben Bakterien, die von der Nahrung ihrer Wirte leben und damit als Parasiten anzusehen sind. In vielen Fällen erfolgte aber eine Anpassung der Wirte, so dass diese durch die Bakterien in ihrem Darm keinen Schaden nehmen – aus dem Parasitismus wurde eine Parabiose. In anderen Fällen erfüllen die bakteriellen Mitbewohner sogar nützliche Funktionen, indem sie Nährstoffe aufschließen, die sonst nicht verdaulich wären (etwa Zellulose). Hier handelt es sich also um eine Symbiose. Ein anderes bekanntes Beispiel sind Putzerfische (kAbb. 2), die kleine Parasiten aus den Kiemen oder von der Haut größerer Fische fressen – ein typisches Beispiel einer Symbiose. Trägt der größere Fisch jedoch nur wenige Parasiten, so leidet der Putzerfisch unter Nahrungsmangel. Diesen kann er unter Umständen so ausgleichen, dass er Stücke aus der Haut des Wirts frisst – der Symbiont wird zum Parasiten. Besonders außergewöhnlich ist folgender Fall: Die kalifornische Fischassel Cymothoa exigua lebt als Parasit auf dem Mundboden, gewissermaßen der Zunge, eines Fisches, des Roten Schnappers (Lutjanus guttatus). Die Assel frisst die Zunge langsam heraus, nach einiger Zeit fällt der Zungenrest ab. Die Fischassel verbleibt im Mund des Fisches, setzt sich am Mundboden fest und ersetzt funktionell die Zunge. Der Fisch kann normal fressen. Dies ist der einzige bekannte Fall, bei dem ein Tier einen Körperteil eines anderen Tiers ersetzt (sozusagen eine natürliche Prothese bildet). Sollte der Nachweis gelingen, dass der Fisch mit Assel erfolgreicher Nahrung frisst als ohne, dann bietet auch dieses Beispiel die ganze Bandbreite von Parasitismus zu Symbiose. Abb.2: Indopazifischer Ammenhai mit Putzerfisch. Putzerfische leben in Symbiose mit Haien, können aber auch parasitisch werden, wenn sie keine Nahrung finden. Zwischen Symbiose, Parabiose und Parasitismus gibt es Übergänge Die Evolution von Parasiten und Symbionten Manche Parasiten können sich von verschiedenen Wirten ernähren, zB Stechmücken oder Zecken. Andere hingegen sind auf eine bestimmte Wirtsart spezialisiert – so weit, dass sie ohne diese Art nicht überleben können. Man nennt dies Wirtsspezifität. Ein Beispiel ist die Zehrwespe, eine Schlupfwespe, die ausschließlich eine bestimmte Schildlausart, die San-JoséSchildlaus, befällt. Auch bei Symbiosen gibt es hochspezialisierte Arten, etwa bestimmte Arten von Mykorrhizapilzen, die an den Wurzeln von Pflanzenarten leben (zB Fichten-Steinpilze und Fichten, siehe S. 19). Wie bei den o.g. Parasiten können derart spezialisierte Symbionten nur gemeinsam mit ihrem Partner überleben. Wie kommt es dazu, dass manche Arten so sehr aufeinander angewiesen sind? Derart enge Beziehungen sind im Laufe einer lange andauernden Koevolution entstanden. Koevolution bedeutet eine evolutionäre Entwicklung zweier Arten in immer engerer Wechselbeziehung. Bekannt ist die Koevolution von Blüten und Bestäubern, so sind etwa längliche Blüten in Koevolution mit den langen Rüsseln der Schmetterlinge entstanden. Ein Mensch beispielsweise ist selbst auch Träger von Lebensräumen (Biotopen) mit unterschiedlichen Lebensbedingungen: Deine Haut, deine Haare, dein Blut, dein Darm etc. stellen Biotope dar, die von sehr vielen kleinen Lebewesen besiedelt werden. Diese Lebewesen leben oft in einer neutralen Beziehung, einer Parabiose. Besteht nun ein über viele Generationen andauernder Kontakt dieser Lebewesen, können sich daraus symbiotische wie parasitische Beziehungen entwickeln. Durch Koevolution entstanden teilweise sehr enge parasitische und symbiontische Beziehungen Variabilität, Verwandtschaft, Geschichte und Evolution Bei ursprünglich lockeren Beziehungen zwischen zwei Arten können durch zufällige Veränderungen (Evolution) Anpassungen erfolgen, die eine effizientere Nutzung des Partners bzw. Wirtes ermöglichen. Durch diese immer enger werdende Beziehung werden die Arten abhängig voneinander: Stirbt beispielsweise ein Wirt aus, führt dies auch zum Aussterben des wirtsspezifischen Parasiten. 1 W/E Sind Federmilben Parasiten, Symbionten oder Parabionten? Informiere dich im Internet über den Stand der Forschung in dieser Fragestellung und präsentiere deine Ergebnisse unter Angabe von Quellen. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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