am Puls Biologie 6, Schulbuch

Aufgaben 93 Sexualität beim Menschen Blick in die Forschung Hormone im Abwasser machen Amphibienmännchen weiblich Anti-Baby-Pillen werden von vielen Frauen genommen, um eine Schwangerschaft zu verhindern. Die Wirkung dieser Präparate beruht v. a. auf künstlich hergestellten Sexualhormonen: Progesteron und Östrogene verhindern die Reifung von Eizellen bzw. den Eisprung. Was vielen nicht bewusst ist: Mit dem Harn gelangen umweltwirksame Mengen dieser Stoffe in das Abwasser und von dort auch in natürliche Gewässer. Bereits vor mehr als zehn Jahren stellte die britische Umweltbehörde fest, dass ein Großteil der männlichen Fische in den untersuchten Flüssen Anlagen für weibliche Geschlechtsorgane aufwies und teilweise sogar Eizellen produzierte. Allerdings gelangen Östrogene und ähnliche Substanzen auch auf anderem Wege ins Abwasser, etwa mit dem Harn schwangerer Frauen oder mit dem Urin von Tieren. Eine neue Studie deutscher, polnischer und griechischer Wissenschafterinnen und Wissenschafter zeigte nun, dass bereits geringe Mengen des in Anti-Baby-Pillen vorkommenden künstlichen Östrogens 17-α-Ethinylestradiol das Geschlecht von männlichen Amphibien verändern. Dabei wählten sie drei sehr entfernt verwandte Arten, um artspezifische Effekte auszuschließen, nämlich den Krallenfrosch, den europäischen Laubfrosch und die Wechselkröte (kAbb. 27). Kaulquappen dieser Tiere wurden vier verschiedenen Konzentrationen dieses Hormons ausgesetzt: 0, 50, 500 und 5 000ng/L. Während in den Kontrollgruppen (ohne Hormongaben) keine Geschlechtsumkehr beobachtet wurde, fanden die Forscher und Forscherinnen für die Testgruppen heraus, dass die Anzahl verweiblichter Männchen mit zunehmender Östrogenkonzentration stieg. Allerdings reagierten die einzelnen Arten unterschiedlich sensibel. So bewirkte bereits eine Konzentration von 50 ng Östrogene/L, dass ein knappes Drittel der männlichen Krallenfrösche verweiblichten, während ein ähnlicher Prozentsatz bei den anderen beiden Arten erst bei zehnfach höheren Östrogenkonzentrationen erreicht wurde (Tamschick ua., 2016). Obgleich die in dieser Studie verwendeten Östrogenkonzentrationen nur vereinzelt in der Natur gefunden wurden, zeigen viele andere Publikationen, dass diese Hormone bereits in sehr kleinen Mengen einen drastischen Einfluss auf Wasserlebewesen haben. Die Hormone der Anti-Baby-Pille wirken sich offenbar nicht nur auf die Empfängnisverhütung beim Menschen aus, sondern beeinflussen auch Organismen anderer Ökosysteme. Abb. 27: Männliche Kaulquappen von Krallenfrosch (Xenopus laevis, links), Wechselkröte (Bufo viridis, Mitte) und europäischem Laubfrosch (Hyla arborea, rechts) können unter Einfluss des Anti-Baby-Pillen-Hormons 17-α-Ethinylestradiol verweiblichen. 1 W Benenne die Inhalte aus den Themenseiten, die hinter diesem Experiment stecken. 2 E Recherchiere im Internet, welche Östrogen-artigen Substanzen in welchen Gewässern und Mengen gefunden wurden. 3 S Erörtere die Bedeutung dieses Experiments für deinen Alltag/die Entwicklung der Gesellschaft. Finde eine weitere Studie und diskutiere ihre Ergebnisse. 4 W Identifiziere die Basiskonzepte, die auf die Inhalte dieser Seite zutreffen könnten. Literatur: Tamschick, S.; Rozenblut-Koscisty, B.; Ogielska, M.; Lehmann, A.; Lymberakis, P.; Hoffmann, F.; Lutz, I.; Kloas, W.; Stöck, M.: Sex reversal assessments reveal different vulnerability to endocrine disruption between deeply diverged anuran lineages. In: Scientific Reports. 2016, Vol. 6, I. 23825. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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