am Puls Biologie 6, Schulbuch

35 Hormonsystem 2.1 Wirkungsweise von Hormonen Hormone sind wirkungsspezifische Botenstoffe Wie schafft es ein Radiosender, sein Programm in deine Wohnung zu bringen, obwohl dem Sender nicht bekannt ist, wo du wohnst? Der Sender strahlt sein Programm einfach in das ganze Gebiet, und du kannst es empfangen, wenn dein Radio exakt auf die Sendefrequenz eingestellt ist. Mit diesem groben Vergleich wird deutlich, wie das Hormonsystem funktioniert: Eine Hormondrüse setzt spezielle Moleküle, eben Hormone, ins Blut frei, und diese werden „blind“ durch den Körper transportiert. An bestimmten Stellen, den Zielorganen, sitzen Rezeptoren, welche die Hormone abfangen (kAbb. 1). Allgemein gilt, dass Hormone substratspezifisch wirken. Das heißt, dass sie sich nur an die passenden Rezeptoren binden können und nur dort die gewünschte Wirkung ausgelöst wird. Zumeist werden Hormone in speziellen Drüsen gebildet, die nur diese Aufgabe haben – den Hormondrüsen, wie zB der Schilddrüse. Manche Hormone werden in spezialisierten Nervenzellen hergestellt (Neurohormone), andere werden aber auch in Geweben anderer Organe hergestellt, etwa im Magen – diese Hormone werden auch Gewebshormone genannt. Hormone sind Moleküle, die durch das Blut transportiert werden, bis sie an Zielzellen andocken 1 autokrin: autos (griech.) = selbst, krinein (griech.) = abgeben 2 endokrin: endon (griech.) = innen 3 parakrin: para (griech.) = daneben Abb.1: Hormonwirkung auf Zielzellen. Nur Zielzellen (mit den passenden Rezeptoren) werden angesprochen. Manche Hormone wirken auf nahe gelegene Zielzellen (parakrine3 Hormonwirkung). Die Fernwirkung auf Zielzellen erfolgt meist über den Blutstrom (endokrine2 Hormonwirkung). Durch negative Rückkopplung wird der Hormonspiegel reguliert (autokrine1 Hormonwirkung). Zellen ohne spezifischen Hormonrezeptor bleiben gänzlich unbeeinflusst. keine Zielzelle (keine Rezeptoren) Zielzelle (besitzt Rezeptoren) Blutgefäß Zellkern Vesikel Hormonrezeptor Hormonmolekül Drüsenzelle Regulation der Hormonwirkung – Rückkopplung auf mehreren Ebenen Die Wirkung von Hormonen muss fein reguliert werden. Dies wird hier am Beispiel des Thyroxins gezeigt, einem Hormon der Schilddrüse. Es fördert die Bildung von Enzymen für den Energiestoffwechsel und regt so die Stoffwechselrate an. Ein Mangel im Kindesalter führt zu einer Verlangsamung des gesamten Stoffwechsels – es kommt zu Missbildungen des Skeletts und zu Minderwuchs (Kretinismus). Durch eine Überfunktion dagegen kann es zu einer sichtbaren Vergrößerung der Schilddrüse kommen („Kropf“). Es werden einige Körperfunktionen unnötig angekurbelt, was Symptome wie Gewichtsverlust oder Herzrasen bewirken kann. Entsprechend wichtig ist die Steuerung (kAbb. 2), ausgehend vom Hypothalamus, einem Gehirnteil, der die Schnittstelle zwischen Nerven- und Hormonsystem ist. Über Freisetzungshormone (hier das Thyreotropin-Freisetzungshormon) „befiehlt“ er der untergeordneten Hypophyse (genauer: der Adenohypophyse, Details siehe S. 39) die Freisetzung eines glandotropen Hormons (hier des Thyreotropins). Dieses aktiviert nun die Hormondrüse, in diesem Fall die Schilddrüse. Gleichzeitig wirkt es hemmend auf den Hypothalamus und die Adenohypophyse (in kAbb. 2 durch das Symbol dargestellt). Die Hormondrüse selbst produziert nun das gewünschte Hormon (in dem Fall Thyroxin). Neben der eigentlichen Wirkung – der Regulation des Stoffwechsels – wird gleichzeitig der Hypothalamus gehemmt. In diesem Fall gibt es also zwei Rückkopplungsschleifen, die dafür sorgen, dass nur so viel Hormon produziert wird, wie nötig. Durch negative Rückkopplung wird die Hormonabgabe kontrolliert Steuerung und Regelung Negative Rückkopplung ist ein universelles Regulationsprinzip. Hat man zB Hunger, isst man, bis einem das Sättigungsgefühl rückmeldet, dass man genug gegessen hat. Gleiches gilt für technische Anwendungen: Ein Thermostat aktiviert eine Heizung bis zu dem Punkt, wo die gewünschte Temperatur erreicht ist, um dann abzuschalten. Abb. 2: Rückkopplungsschleifen am Beispiel der Schilddrüsenhormone. Hypothalamus Adenohypophyse glandotropes Hormon Hormondrüse Hormon Freisetzungshormon äußere Bedingungen Hormonwirkung oder Allgemeines Schema Beispiel Schilddrüse lange negative Rückkopplungsschleife kurze negative Rückkopplungsschleife ThyreotropinFreisetzungshormon Tageslänge, Temperatur Thyreotropin Schilddrüse Thyroxin Stoffwechselbeschleunigung Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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